Pressemitteilung Nr. 29/23
„Nach dieser Entscheidung muss der Senat den Abriss erst recht restriktiver reglementieren und die Ausnahmevorschriften auf neue Füße stellen“, folgert Sebastian Bartels, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins (BMV) aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (Az. OVG 5 B 29.19). Das am 23. Mai verkündete, aber erst vor einigen Tagen schriftlich begründete und veröffentlichte Urteil bestätigt, dass das Land Berlin im Fall eines Abrissantrags für Wohnraum erhebliche Anforderungen für Ersatzwohnraum stellen kann. Allerdings halten die Richter die in § 3 Absatz 2 der Zweckentfremdungs-Verbotsverordnung für Ersatzwohnraum festgelegte Mietobergrenze von derzeit 9,17 Euro für nichtig. Berlin habe für eine allgemeine Mietbegrenzung keine Gesetzgebungskompetenz, es greife damit in das soziale Mietrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ein. Dafür sei allein der Bund zuständig. Das Urteil bindet zwar die Verwaltungsgerichte nicht unmittelbar, weil es zu einem Sachverhalt erging, bei dem die Mietobergrenze keine entscheidende Rolle spielte. Die Ausführungen des Gerichts sind aber so ausführlich, dass der BMV damit rechnet, dass Bezirksämter die Mietobergrenze künftig nicht mehr anwenden werden.
„Immerhin stellt das OVG klar, dass Abriss in Gebieten mit angespannter Wohnraumversorgung ´sozial unerwünscht´ ist und die Behörden bei Ersatzwohnraum hochpreisige Einzugsmieten verhindern dürfen“, hebt der BMV-Geschäftsführer hervor. Der BMV fordert vor diesem Hintergrund eine Reform der Abrissvorschriften und verweist auf sein Konzept, dass er im Januar 2023 vorgestellt hat („Abriss als Ausnahme„):
- Abriss wird nur noch genehmigt, wenn Eigentümerinnen die weitere wirtschaftliche Verwertung des Wohnraums unter Berücksichtigung einer möglichen Instandsetzung in einem Zeitraum von mindestens 20 Jahren wirtschaftlich nicht mehr zumutbar ist.
Sollte ihnen demnach die weitere Verwertung finanziell nicht mehr zumutbar sein, müssten die Auflagen für Ersatzwohnraum sich nach Ansicht des BMV an den sozialen Gegebenheiten des Abrisshauses orientieren:
- Das Bezirksamt kann verlangen, dass als Ersatzwohnraum im Umfang von bis zu 50 vom Hundert der durch die Zweckentfremdung entfallenden Wohnfläche geförderte Wohnungen nach den im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung jeweils geltenden Wohnraumförderbestimmungen des Landes Berlin entstehen.
„Wir halten es trotz der Ausführungen des OVG für zulässig, dass Berlin Ersatzwohnraum nur akzeptiert, wenn bestimmte Mietobergrenzen nicht überschritten werden; die Grenzen könnten zum Beispiel anhand der bisherigen Bestandsmieten im abzureißenden Haus festgelegt werden“, erläutert Bartels. Der BMV schlägt hierzu vor:
- Angemessene Bedingungen für die Zurverfügungstellung von Ersatzwohnraum gemäß § 3 Abs. 4 S. 2 des Zweckentfremdungsverbot-Gesetzes liegen nur dann vor, wenn die Nettokaltmiete für den Ersatzwohnraum die durchschnittliche Nettokaltmiete des fortgefallenen Wohnraums um nicht mehr als 20 vom Hundert und die ortsübliche Vergleichsmiete gemäß § 558 Absatz 2 BGB um nicht mehr als 10 vom Hundert übersteigt.
23.08.2023