Leitsatz:
Auch bei einem Mietverhältnis über Gewerberaum rechtfertigt allein die vorbehaltlose Erstattung eines sich aus der Betriebskostenabrechnung ergebenden Guthabens durch den Vermieter nicht die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses, das einer nachträglichen Korrektur der Betriebskostenabrechnung entgegensteht (im Anschluss an BGH Urteil vom 12. Januar 2011 VIII ZR 296/09 NJW 2011, 843).
BGH vom 10.7.2013 – XII ZR 62/12 –
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Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der Mieter eines Ladengeschäftes bekam die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2009, welche ein Guthaben in Höhe von 53,75 Euro auswies. Diesen Betrag überwies der Vermieter einige Tage später auf das Konto des Mieters. Auf Einwendungen des Mieters hin überprüfte der Vermieter seine Abrechnung, entdeckte einen Fehler und kam schließlich zu einem geänderten Abrechnungsergebnis. Tatsächlich wies die neue Abrechnung nun eine Nachzahlung von 375,76 Euro aus. Der Mieter weigerte sich, die Nachzahlung zu begleichen und das Guthaben zurückzuzahlen.
Zu Unrecht wie der BGH entschied: Die Abrechnungskorrektur des Vermieters sei zulässig, obwohl er dem Mieter das Guthaben ausgezahlt habe. Hierdurch sei kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zustande gekommen. Denn allein durch die vorbehaltlose Erstattung oder Zahlung des sich aus der Betriebskostenabrechnung ergebenden Saldos könne kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zwischen den Mietvertragsparteien zustande kommen. Es fehle der maßgebliche Rechtsbindungswille, denn eine Betriebskostenabrechnung sei eine reine Wissenserklärung ohne rechtsgeschäftlichen Bindungswillen und die Auszahlung sei eine reine Erfüllungshandlung.
Dies gelte im Übrigen auch für den umgekehrten Fall, dass ein Mieter den geforderten Nachzahlungsbetrag überweise. Auch hier sei der Mieter allein durch diese Überweisung mit Einwendungen nicht ausgeschlossen.
Nur ausnahmsweise und im Einzelfall könnten die Mietvertragsparteien durch Ausgleich des Saldos aus der Betriebskostenabrechnung ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis abgeben und damit den Saldo für beide Seiten als verbindlich erklären. Hierzu bedürfe es jedoch weiterer Umstände, aus denen auf einen entsprechenden Rechtsbindungswillen der Mietvertragsparteien geschlossen werden könne. Die Vereinbarung eines deklaratorischen Schuldverhältnisses käme danach in Betracht, wenn die Parteien zunächst über einzelne Positionen der Betriebskostenabrechnung gestritten hätten und dann der Saldo von einer der beiden Vertragsparteien ausgeglichen wurde oder wenn die Parteien eine Ratenzahlungs- beziehungsweise Stundungsvereinbarung getroffen hätten.
Anmerkung: Anders als im Gewerbemietrecht hat der Wohnungsmieter wegen der zwingenden Vorschriften in § 556 BGB nur ein Jahr lang Zeit, Einwendungen geltend zu machen, und hier ist der Vermieter mit einer Korrektur zu Lasten des Mieters nach Ablauf der einjährigen Abrechnungsfrist ausgeschlossen.
25.10.2017