Leitsatz:
Eine Nebenpflicht des Mieters, dem Vermieter – nach entsprechender Vorankündigung – den Zutritt zu seiner Wohnung zu gewähren, besteht nur dann, wenn es hierfür einen konkreten sachlichen Grund gibt, der sich zum Beispiel aus der Bewirtschaftung des Objektes ergeben kann. Eine Formularbestimmung, die dem Vermieter von Wohnraum ein Recht zum Betreten der Mietsache ganz allgemein „zur Überprüfung des Wohnungszustandes“ einräumt, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) unwirksam.
BGH vom 4.6.2014 – VIII ZR 289/13 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 10 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
In dieser Entscheidung räumt der BGH hier mit weit verbreiteten Ansichten zum Besichtigungsrecht des Vermieters auf: Einem Vermieter stehe weder ein periodisches, etwa alle ein bis zwei Jahre zu gewährendes Recht, ohne besonderen Anlass den Zustand der Wohnung zu kontrollieren, zu noch ergebe sich ein solches Recht aus der Formularklausel im Mietvertrag, wonach der Vermieter berechtigt sei, das vom Mieter gemietete Haus nach vorheriger Ankündigung zur „Überprüfung des Wohnungszustands“ zu besichtigen. Diese ein anlassloses Betretungsrecht regelnde Klausel benachteilige den Mieter unangemessen und sei daher unwirksam (§ 307 Abs. 1 BGB).
Während der Dauer des Mietvertrags sei das alleinige und uneingeschränkte Gebrauchsrecht an der Wohnung dem Mieter zugewiesen. Zudem stehe die Wohnung des Mieters als die räumliche Sphäre, in der sich das Privatleben entfaltet, unter dem Schutz des Artikels 13 Abs. 1 Grundgesetz, der das Recht gewährleiste, in diesen Räumen „in Ruhe gelassen zu werden“.
Vor diesem Hintergrund könne dem Vermieter von Wohnraum nicht das Recht zugebilligt werden, die Mietsache auch ohne besonderen Anlass in einem regelmäßigen zeitlichen Abstand von ein bis zwei Jahren zu besichtigen.
Vielmehr bestehe eine vertragliche, aus § 242 BGB herzuleitende Nebenpflicht des Mieters, dem Vermieter – nach entsprechender Vorankündigung – den Zutritt zu seiner Wohnung zu gewähren, nur dann, wenn es hierfür einen konkreten sachlichen Grund gebe, der sich zum Beispiel aus der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Objektes ergeben könne.
So schön sich diese Entscheidung auch liest: Mieter sollten ein Besichtigungsbegehren des Vermieters nicht leichtfertig ablehnen. Denn eine unberechtigte Verweigerung der Besichtigung gibt dem Vermieter das Recht zur fristlosen Kündigung des Mietvertrags. Auch dies hat der BGH schon entschieden (BGH vom 5.10.2010 – VIII ZR 221/09 -).
10.10.2017