Leitsätze:
1. Ein „anderer zwingender Grund“ i.S.d. § 9 a Abs. 1 Satz 1 HeizkV liegt auch dann vor, wenn der anteilige Verbrauch eines Nutzers infolge eines Ablesefehlers nicht ordnungsgemäß erfasst werden kann.
2. Ist eine Vergleichsberechnung nach § 9 a Abs. 1 HeizkV nicht möglich, weil die hierfür erforderlichen Daten nicht zur Verfügung stehen, so kann der anteilige Verbrauch ausnahmsweise im Wege der Gradtagszahlmethode ermittelt werden.
3. Eine unter diesen Voraussetzungen erstellte Kostenabrechnung kann vom Nutzer nicht gemäß § 12 HeizkV um 15 % gekürzt werden.
BGH v. 16.11.2005 – VIII ZR 373/04 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 12 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der Ableser notierte bei den Ablesungen der Heizkosten im März 1999 und im Januar 2000 nicht den gespeicherten Wert für das Abrechnungsjahr, sondern den aktuell angezeigten Verbrauchswert. Damit war die Ablesung fehlerhaft. Da die in den Messgeräten gespeicherten Werte ein Jahr nach Ablauf des Abrechnungszeitraumes durch die nachfolgenden Verbrauchszahlen überschrieben wurden, konnten die Verbräuche auch nachträglich nicht mehr ermittelt werden. Die Heizkosten wurden deshalb nach der sogenannten Gradtagszahlen-Methode verteilt. Der Mieter kürzte daraufhin die Heizkosten um 15 %.
Zunächst entschied der BGH, dass die Grundlage für eine Schätzung der Heizkosten nach § 9 a HeizkV gegeben ist. Die fehlerhafte Ablesung stelle einen „anderen zwingenden Grund“ im Sinne dieser Vorschrift dar. Auf die Frage, wer den Fehler zu vertreten habe, komme es nicht an. Wie zu schätzen ist, bestimmt § 9 a HeizkV. Danach ist die Schätzung auf der Grundlage der betroffenen Räume in früheren Abrechnungszeiträumen oder aufgrund des Verbrauchs vergleichbarer Räume im jeweiligen Abrechnungszeitraum vorzunehmen. Dies war vorliegend jedoch nicht möglich. Der BGH hat es deshalb als zulässig angesehen, die Heizkosten nach Gradtagszahlen zu verteilen. Dieses Verfahren sei zwar an sich nur bei einem Nutzerwechsel anzuwenden. Da das Schätzverfahren aber vorliegend nicht nach § 9 a HeizkV durchgeführt werden konnte, war es ausnahmsweise zulässig, hierauf zurückzugreifen. Abschließend stellte der BGH klar, dass es sich um eine nach der Heizkostenverordnung zulässige Methode handelt und der Mieter deshalb nicht von dem Kürzungsrecht nach § 12 HeizkV Gebrauch machen durfte.
28.05.2018