Leitsatz:
Darf der Vermieter nach den Bestimmungen eines ihn bindenden Fördervertrages von Mietern mit Wohnberechtigungsschein keine höhere Miete als die Durchschnittsmiete im Sozialen Wohnungsbau verlangen, ist eine Regelung im Mietvertrag, nach der der Mieter bei Vorlage eines Wohnberechtigungsscheines die Verminderung der vereinbarten Miete auf die (niedrigere) Durchschnittsmiete verlangen kann und sich bei einer Erhöhung der Durchschnittsmiete der von ihm zu tragende Anteil an der vereinbarten Miete erhöht, wirksam.
BGH v. 13.7.2011 – VIII ZR 261/10 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 7 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Wohnung war mit öffentlichen Mitteln modernisiert worden. Gemäß Mietvertrag beträgt die Miete 399,73 Euro. Nach den Bedingungen des Fördervertrages darf der Vermieter von Mietern, die über einen Wohnberechtigungsschein (WBS) verfügen, keine höhere Miete als die Durchschnittsmiete im Sozialen Wohnungsbau verlangen. Dem Fördervertrag entsprechend enthielt der Mietvertrag folgenden Passus: „Weil ein WBS vorgelegt wurde, beträgt die Miete 383,06 Euro“. Für den Fall, dass ein Wohnberechtigungsschein vorgelegt wurde, ist eine „Erhöhung der Miete nach § 2 und 3 MHG [jetzt §§ 558 ff. BGB] ausgeschlossen“. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses lag die Durchschnittsmiete bei 4,25 Euro pro Quadratmeter. Mit Wirkung zum 1.4.2008 wurde im Amtsblatt für Berlin eine Erhöhung der Durchschnittsmiete auf 4,40 Euro pro Quadratmeter veröffentlicht.
Der Vermieter verlangte mit Schreiben vom 16.10. 2008 rückwirkend ab 1.4.2008 die um 0,15 Euro pro Quadratmeter erhöhte Miete. Der Mieter erkannte hierin keine wirksame Mieterhöhung und zahlte nicht.
Zu Unrecht, wie der BGH nun entschied: Im Amtsblatt veröffentlichte Erhöhungen der Durchschnittsmiete können an den Mieter ohne Berücksichtigung des Verfahrens nach §§ 558 ff. BGB an den Mieter weitergegeben werden. Auch rückwirkend. Jedenfalls dann, wenn – wie hier – im Mietvertrag eine höhere Miete als die jeweilige Durchschnittsmiete vereinbart ist.
Zur Begründung weist der BGH darauf hin, dass mit der hier getroffenen vertraglichen Regelung nicht die Miete erhöht werde, die der Vermieter für die Wohnung erhält, sondern es werde lediglich berücksichtigt, dass der für diese Wohnung gezahlte öffentliche Zuschuss absinken oder – sofern der Mieter nicht mehr über einen gültigen Wohnberechtigungsschein verfüge – auch ganz entfallen kann. Wirtschaftlich betrachtet stelle sich der von der Investitionsbank an den Vermieter jeweils monatlich gezahlte Betrag (Differenz zwischen der im Mietvertrag vereinbarten Miete und der Durchschnittsmiete im Sozialen Wohnungsbau) somit als Mietzuschuss zugunsten des Mieters dar, der lediglich nicht an den Mieter ausgezahlt, sondern direkt dem Vermieter zur Verfügung gestellt werde.
Aus der Entscheidung des BGH ergibt sich aber auch, dass es zur Mietanpassung einer „normalen“ Mieterhöhung nach §§ 558 ff. BGB bedarf, wenn die Durchschnittsmiete die mietvertragliche Vereinbarung übersteigt.
13.01.2013