Leitsätze:
a. Eine Staffelmietvereinbarung, in der die jeweilige Miete oder die jeweilige Erhöhung für die ersten zehn Jahre in einem Geldbetrag und erst für die nachfolgenden Jahre in einem Prozentsatz ausgewiesen ist, ist gemäß § 139 BGB nicht insgesamt unwirksam, sondern für die ersten zehn Jahre wirksam.
b. Zur Wirksamkeit einer Betriebskostenabrechnung, in der keine Vorauszahlungen des Mieters in Ansatz gebracht worden sind.
BGH v. 15.2.2012 – VIII ZR 197/11 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 11 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
zu a.)
Im Mietvertrag war zur Staffelmiete folgendes vereinbart:
„Die Miete staffelt sich wie folgt:
Ab 1.9.2003 863,14
ab 1.9.2004 889,04
ab 1.9.2005 915,72
ab 1.9.2006 943,20
ab 1.9.2007 971,50
ab 1.9.2008 1.000,65
ab 1.9.2009 1.030,67
ab 1.9.2010 1.061,59
ab 1.9.2011 1.093,44
ab 1.9.2012 1.126,25
Bei Weiterbestehen des Mietverhältnisses nach dem 31.8. 2013 staffelt sich die Miete weiterhin jährlich um 3 %.“
Der Mieter hielt die Staffelmietvereinbarung für unwirksam, weil für die Zeit ab September 2013 keine konkreten Geldbeträge genannt waren, sondern nur ein Prozentsatz aufgeführt war.
Der BGH hingegen differenzierte: Die Staffelmietvereinbarung sei für die ersten zehn Jahre wirksam. Sie sei zwar, soweit sie über zehn Jahre hinausgehe, unwirksam, weil die jeweilige Erhöhung für diesen Zeitraum in einem Prozentsatz ausgewiesen sei. Diese Teilnichtigkeit der Staffelmietvereinbarung führe aber nicht zu deren Gesamtnichtigkeit, weil hier offensichtlich sei, dass die Mietvertragsparteien die Vereinbarung, soweit sie die ersten zehn Jahre betreffe, auch ohne den nichtigen Teil abgeschlossen hätten. Die Staffelmietvereinbarung sei deshalb gemäß § 139 BGB für die ersten zehn Jahre, in denen sie den Anforderungen des § 557a BGB genüge, wirksam und nur für die nachfolgende Zeit unwirksam.
zu b.)
Der Vermieter hatte fälschlicherweise die vom Mieter tatsächlich gezahlten Vorauszahlungen in der Heizkostenabrechnung nicht in Ansatz gebracht. Unter Berufung auf die ständige Rechtsprechung des BGH hielt der Mieter die Abrechnung deshalb für formal unwirksam.
Nicht so der BGH: Eine Betriebskostenabrechnung sei nach der Rechtsprechung des Senats dann formell ordnungsgemäß und damit wirksam, wenn sie den allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB entspreche, also eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthalte. Soweit keine besonderen Abreden getroffen seien, seien in die Abrechnung bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten regelmäßig folgende Mindestangaben in eine Betriebskostenabrechnung aufzunehmen: eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und – soweit erforderlich – die Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug der geleisteten Vorauszahlungen.
Dabei seien an die Abrechnungen in formeller Hinsicht keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Die Anforderungen an die Wirksamkeit einer Abrechnung hätten sich am Zweck der Abrechnung zu orientieren. Die Abrechnung solle den Mieter in die Lage versetzen, den Anspruch des Vermieters nachzuprüfen, also gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen. Erforderlich sei dafür, dass der Mieter erkennen könne, in welchen Rechenschritten die Umlage der Betriebskosten erfolgt sei. Etwaige Fehler – zu hoch oder zu niedrig angesetzte Vorauszahlungen, Ansatz der Soll- statt der Ist-Vorauszahlungen – stellten (nur) materielle Fehler der Abrechnung dar, die nicht zur Unwirksamkeit der Abrechnung aus formellen Gründen führten, weil der Mieter anhand seiner Unterlagen ohne Weiteres nachprüfen könne, ob der Vermieter die geleisteten Zahlungen korrekt berücksichtigt habe.
Das gelte ebenso, wenn der Vermieter – wie hier – überhaupt keine Vorauszahlungen in Ansatz gebracht habe. Auch in diesem Fall könne der Mieter anhand seiner Unterlagen ohne Weiteres feststellen, ob dies zu Recht nicht geschehen sei. Die Nachvollziehbarkeit der Abrechnung werde dadurch nicht in Frage gestellt. In einem solchen Fall wäre es eine sinnlose Förmelei, wenn der Vermieter in der Abrechnung Vorauszahlungen des Mieters ausdrücklich mit „Null“ zu beziffern hätte.
Fazit: Für eine formell wirksame Abrechnung bedarf es nach dieser neuen BGH-Rechtsprechung nicht mehr des seit 1981 in ständiger Rechtsprechung vom BGH geforderten „Abzuges der geleisteten Vorauszahlungen“. Der Mieter muss innerhalb der einjährigen Einwendungsausschlussfrist des § 556 Absatz 3 BGB die Nichtberücksichtigung der Vorauszahlungen rügen und eine entsprechende Gegenrechnung aufmachen.
26.10.2017