Leitsätze:
a) Auf die Prüfung, ob ein Mietspiegel die Anforderungen des § 558 d Abs. 1 BGB erfüllt, kann im Bestreitensfall nicht schon deswegen verzichtet werden, weil der Mietspiegel von seinem Ersteller als qualifizierter Mietspiegel bezeichnet oder von der Gemeinde und/oder von den Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter als solcher anerkannt und veröffentlicht worden ist.
b) Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels trägt diejenige Partei, die sich die Vermutung des § 558 d Abs. 3 BGB zu Nutze machen will.
BGH v. 21.11.2012 – VIII ZR 46/12 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 15 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der Vermieter verlangte unter Benennung von vier Vergleichswohnungen die Zustimmung zur Erhöhung der Nettokaltmiete ab dem 1.3.2010 um 58,28 Euro auf 349,71 Euro. Dies entsprach einer Erhöhung der Miete von 4,19 Euro je qm auf 5,02 Euro je qm. Das Mieterhöhungsverlangen enthielt auch Angaben für die Wohnung nach dem Berliner Mietspiegel 2009. Der Mieter stimmte der Mieterhöhung nicht zu. Das Landgericht hielt nur eine Mieterhöhung um 7,15 Euro (auf 4,29 Euro je qm) monatlich für begründet. Dies ergebe sich aus der Anwendung des Berliner Mietspiegels 2009, bei dem es sich um einen qualifizierten Mietspiegel handle. Der Vermieter ging in Revision. Er hatte im Einzelnen – nach Ansicht des BGH substanziiert – bestritten, dass der Berliner Mietspiegel nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt wurde. Der BGH entschied wie aus den Leitsätzen ersichtlich und verwies den Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an das Landgericht zurück.
Problematisch an der Entscheidung ist, dass schon substanziiertes Bestreiten des Vermieters, dass der Mietspiegel ein qualifizierter sei, genügt, damit das Gericht Beweis erheben muss, ob die in § 558 d Absatz 1 BGB genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Dies könne – so der BGH – etwa durch die Einholung amtlicher Auskünfte, Sachverständigengutachten oder sachverständige Zeugen geschehen. Denkbar sei auch, ein in einem anderen Verfahren eingeholtes Sachverständigengutachten zu dieser Frage als Sachverständigenbeweis oder als Urkundenbeweis zu verwerten.
Zum zweiten ist problematisch, dass nach der Entscheidung des BGH das Gericht frei ist bei der Entscheidung, ob es den qualifizierten Mietspiegel überhaupt zur Würdigung der Ortsüblichkeit heranzieht, solange nicht der Mieter bewiesen hat, dass der Mietspiegel qualifiziert ist. Wie dieser Beweis zu erfolgen hat, bleibt offen. Es ist davon auszugehen, dass hier ebenfalls nicht in jedem Falle ein teures – unbezahlbares – Gutachten eines wissenschaftlichen Instituts eingeholt werden muss, sondern dies auch durch sachverständige Zeugen („Mietspiegelväter“ und „-mütter“) erfolgen kann.
29.11.2013