Leitsätze:
Zur Haftung des Vermieters von Geschäftsräumen für Schäden des Mieters, die diesem aufgrund der Verletzung einer mietvertraglichen Fürsorgepflicht durch einen von dem Vermieter mit Bauarbeiten in dem Mietobjekt beauftragten Handwerker entstehen.
Lagert ein vom Vermieter beauftragter Handwerker verbotenerweise und leicht zugänglich brennbare Gegenstände in der Tiefgarage und kommt es durch Brandstiftung an diesen Gegenständen zu einem Feuer, haftet der Vermieter auf Schadensersatz.
BGH v. 12.12.2012 – XII ZR 6/12 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 12 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der Gewerbemieter, der in den gemieteten Räumen ein Fitness-Studio betrieb, erlitt durch ein in der Tiefgarage ausgebrochenes Feuer einen Schaden an seinen Geräten und Einrichtungsgegenständen in Höhe von 71.000 Euro. Ursache des Feuers war eine Brandstiftung an Styroporplatten, die ein Handwerker kurz zuvor dort gelagert hatte. Diese Platten sollten bei einer vom Vermieter beauftragten Dachsanierung verbaut werden.
Der BGH gab dem Mieter vollumfänglich einen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 535, 280, 278 BGB gegen den Vermieter und begründete dies wie folgt: Der Mieter habe gegen den Vermieter wegen Verletzung der mietvertraglichen Fürsorgepflicht einen Anspruch auf Ersatz des ihm durch den Brand verursachten Schadens. Den Vermieter treffe neben der Hauptpflicht, dem Mieter den ungestörten Gebrauch der Mietsache zu gewähren, die vertragliche Nebenpflicht, Störungen des Mieters und Beschädigungen der von diesem eingebrachten Sachen zu unterlassen. Aus dieser Fürsorgepflicht folge, dass der Vermieter keine zusätzliche Gefahrenquelle schaffen dürfe, die die Gefahr eines Feuers für die Mieträume erhöhe.
Für die Beurteilung, welche gefahrbegründenden Handlungen der Vermieter danach zu unterlassen habe, könnten öffentlich-rechtliche Betriebsvorschriften herangezogen werden, die dem Brandschutz dienen. Eine solche Vorschrift stelle § 14 Absatz 2 der Baden-Württembergischen Garagenverordnung dar, der die Aufbewahrung von brennbaren Stoffen in Garagen ab einer Größe von über 100 Quadratmeter grundsätzlich verbietet, es sei denn, die Stoffe zählen zum Fahrzeugzubehör oder dienen dessen Unterbringung.
Der vom Vermieter mit der Dachsanierung beauftragte Handwerker habe dadurch, dass er Styroporplatten vorübergehend in der Tiefgarage gelagert habe, die Brandlast und damit die Brandgefahr in der Garage und für die darüber gelegenen Mieträume erhöht. Er habe dadurch die dem Vermieter gegenüber ihrem Mieter obliegende mietvertragliche Fürsorgepflicht fahrlässig verletzt. Diese Pflichtverletzung müsse sich der Vermieter gemäß § 278 BGB zurechnen lassen.
Der adäquate Kausalzusammenhang zwischen der Lagerung der Styroporplatten und dem Schaden sei nicht durch die vorsätzliche Brandstiftung unterbrochen worden. Das Feuer sei gerade durch die Lagerung der Platten ermöglicht worden. Dass ein Dritter diese anzünden würde, läge angesichts der freien Zugänglichkeit der Garage nicht außerhalb der Wahrscheinlichkeit.
29.11.2013