Leitsatz:
In der Insolvenz des Vermieters steht dem Mieter gegen vor Insolvenzeröffnung fällig gewordene Mieten ein Zurückbehaltungsrecht wegen der vertragswidrig nicht insolvenzfest angelegten Barkaution nicht zu.
BGH v. 13.12.2012 – IX ZR 9/12 –
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Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der Vermieter hatte die vereinnahmte Kaution nicht auf ein Sonderkonto eingezahlt. Nachdem über das Vermögen des Vermieters Insolvenz eröffnet worden war, verlangte der Mieter vom Insolvenzverwalter die Anlage der Kaution auf einem insolvenzsicheren Sonderkonto. Zu diesem Zwecke machte der Mieter ein Zurückbehaltungsrecht an der Miete in Höhe der Kautionssumme geltend, bis die Kaution auf ein auf seinen Namen lautendes Sonderkonto eingezahlt sei. Der Insolvenzverwalter hielt sich nicht für verpflichtet und unternahm nichts. Er bekam vom BGH Recht.
Der BGH tritt ausdrücklich der gegenteiligen Meinung von Streyl (GuT 09, 368 (371)) und Derleder (NZM 2004, 568, 577 f; NJW 08, 1153) entgegen. Diese vertraten die Auffassung, dass die Pflicht zur insolvenzfesten Anlage den Insolvenzverwalter bei bestehendem Mietverhältnis auch dann trifft, wenn der Vermieter die Kaution zwar erhalten, aber nicht insolvenzfest angelegt hat; der Insolvenzverwalter müsse dies (aus der Insolvenzmasse) nachholen. Diese Ansicht hält der BGH wegen der Zäsurwirkung des § 108 Absatz 3 InsO für falsch.
Die Ansprüche des Mieters wegen der vertragswidrigen Nichtanlage der Mietsicherheit seien vor Insolvenzeröffnung entstanden und fällig. Es handele sich deshalb um einfache Insolvenzforderungen, selbst wenn der Mietvertrag durch den Insolvenzverwalter fortgesetzt werde (vgl. § 108 Absatz 3, § 38 InsO). Das Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB sei ein Zwangsmittel zur Durchsetzung einer rein persönlichen Gegenforderung, das im Insolvenzverfahren über die Regelung von § 51 Nummer 2, 3 InsO hinaus nicht zugelassen werden könne.
Mithin gilt: Der Zwangsverwalter muss wegen § 152 Absatz 2 ZVG eine nicht erhaltene Kaution insolvenzsicher anlegen (BGH vom 23.9.2009 – VIII ZR 336/08), der Insolvenzverwalter wegen § 108 Absatz 1 und 3 InsO nicht.
Konsequenz für die Praxis: Mieter dürfen nicht abwarten, bis Insolvenz über das Vermögen des Vermieters eröffnet wurde. Sie müssen sich schon vorab von ihrem Vermieter – oder aber vom zwischenzeitlich eingesetzten Zwangsverwalter – die insolvenzsichere Anlage der Kaution nachweisen lassen und dies gegebenenfalls über das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB erzwingen.
11.06.2018