Leitsätze:
a) Dem Ersteher einer Wohnungseigentumseinheit steht das Sonderkündigungsrecht des § 57 a ZVG gegenüber dem Mieter auch dann zu, wenn das versteigerte Wohnungseigentum Teil eines aus mehreren Wohnungseinheiten bestehenden und insgesamt für einen einheitlichen Zweck (hier: betreutes Wohnen) vermieteten Objekts ist.
b) Der Ersteher kann von einem Mieter, der die Eigentumswohnung im Rahmen einer gewerblichen Weitervermietung an einen Endmieter zu Wohnzwecken vermietet hat, trotz Wirksamkeit der auf § 57 a ZVG beruhenden Kündigung nicht Räumung und Herausgabe verlangen, weil der Endmieter wegen § 565 BGB unbeschadet dieser Kündigung zu Besitz und Nutzung berechtigt bleibt.
BGH v. 30.10.2013 – XII ZR 113/12 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 13 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
A. mietete vom Bauträger ein Gebäude mit 13 Wohnungen an, um die Wohnungen im Rahmen des „Betreuten Wohnens“ an Endmieter weiterzuvermieten. Das Gebäude war in Wohnungseigentum aufgeteilt.
B. erwarb später eine von A. an Endmieter vermietete Wohnung. Als B. in Zahlungsschwierigkeiten geriet, wurde die Wohnung zwangsversteigert. E. erhielt den Zuschlag und kündigte den Mietvertrag über die zwangsversteigerte Wohnung gegenüber A. gemäß § 57 a ZVG und forderte Räumung und Herausgabe der Wohnung. Zu Recht?
Es geht hier um die Frage, ob das Sonderkündigungsrecht des § 57 a ZVG auch dann Anwendung findet, wenn (nur) eine von mehreren zu einem einheitlich vermieteten Objekt gehörenden Wohnungseinheiten versteigert worden ist. Dies bejaht der BGH unter Hinweis auf den Zweck des § 57 a ZVG: Insbesondere das dem jeweiligen Wohnungseigentümer zustehende Recht der gesonderten Beleihbarkeit würde dann, wenn § 57 a ZVG auf den Fall einer sich auf mehrere Wohneinheiten beziehenden Gesamtvermietung keine Anwendung fände, in nicht gerechtfertigter Weise beeinträchtigt, weil dies den Beleihungswert regelmäßig spürbar reduzieren würde.
Obwohl die Kündigung nach § 57 a ZVG demnach wirksam war, konnte E. im konkreten Fall die Räumung der Wohnung jedoch nicht durchsetzen. Denn die Räumung war „unmöglich“ im Sinne des § 275 Abs. 1 BGB, weil E. gemäß § 565 BGB nach Ablauf der Kündigungsfrist als Vermieter in das Mietverhältnis mit den Endmietern eingetreten ist und diese daher nach wie vor zum Besitz und zur Nutzung berechtigt sind. Zweifelsohne – so der BGH – lägen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 565 BGB hier vor. Die Vertragsparteien hätten ein Mietverhältnis mit dem Zweck abgeschlossen, dass A. die Wohneinheiten als Wohnraum weitervermieten sollte. Dass diese Weitervermietung im Rahmen des „betreuten Wohnens“ erfolgen sollte und erfolgte, stehe dem nicht entgegen, denn der A. sei im Rahmen einer gewerblichen Weitervermietung tätig geworden.
29.12.2017