Leitsatz:
Eine in einem Mietvertrag mit fester Laufzeit als Einmalzahlung vereinbarte und vor der Beschlagnahme vollständig gezahlte Miete ist den Hypothekengläubigern gegenüber gemäß § 1124 Abs. 2 BGB insoweit unwirksam, als sie sich auf die (fiktive) anteilige Miete für eine spätere Zeit als den zur Zeit der Beschlagnahme laufenden Kalendermonat (beziehungsweise bei Beschlagnahme nach dem fünfzehnten Tage des Monats für eine spätere Zeit als den ersten Monat nach der Beschlagnahme) bezieht.
BGH v. 30.4.2014 – VIII ZR 103/13 –
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Anmerkungen des Berliner Mietervereins
M., über dessen Vermögen 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, war ursprünglich Eigentümer eines von ihm und seiner Ehefrau bewohnten Hausgrundstücks. Am 28.8.2009 wurde das Hausgrundstück zwangsversteigert. Da der Ersteher auf sein Gebot nur einen geringen Geldbetrag zahlte, wurde ein Zwangsverwaltungsverfahren eingeleitet, in dem Z. durch Beschluss vom 26.11.2009 zum Zwangsverwalter über das Grundstück bestellt wurde. Z. fordert von M. Miete, die dieser nicht zahlen will.
Er (M.) habe mit dem Ersteher am 28.8.2009 einen Festmietvertrag für den Zeitraum vom 1.9.2009 bis zum 31.8.2015 abgeschlossen und die vereinbarte Miete von 35 000 Euro am selben Tag an den Ersteher gezahlt.
M. meint, dass die an den Ersteher geleistete Einmalzahlung dem Z. gegenüber wirksam und er deshalb nicht zur Zahlung von Miete an den Z. verpflichtet sei; demgemäß erbrachte er auch in der Folgezeit keine Zahlungen an Z.. Mit Schreiben vom 26.5.2010 erklärte Z. gegenüber M. die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs. Der BGH gab dem Z. Recht.
Nach § 1124 Abs. 2 BGB sei eine Verfügung dem Grundpfandgläubiger beziehungsweise dem Zwangsverwalter gegenüber insoweit unwirksam, als sie sich auf die Miete für eine spätere Zeit als den Monat der Beschlagnahme beziehe. Eine Vorausverfügung im Sinne von § 1124 Abs. 2 BGB setze die Existenz einer nach periodischen Zeitabschnitten bemessenen Miete gegen den Schuldner voraus, auf die durch ein Rechtsgeschäft eingewirkt wird. An dieser Voraussetzung fehle es jedoch, wenn der Mietvertrag auf die Lebenszeit des Mieters abgeschlossen und als Gegenleistung bei Abschluss des Mietvertrags eine Einmalzahlung als Miete vereinbart sei. Denn in diesen Fällen könne nicht bestimmt werden, welcher Teil der Einmalzahlung auf die Zeit nach der Beschlagnahme beziehungsweise Anordnung der Zwangsverwaltung entfalle. Hier sei es aber anders. Der Mietvertrag über den streitigen Grundbesitz wurde nicht auf die Lebenszeit des Mieters, sondern auf eine feste Mietzeit von sechs Jahren abgeschlossen, so dass ohne Weiteres eine Umrechnung des geschuldeten Einmalbetrags auf periodische – üblicherweise monatliche – Zeitabschnitte erfolgen könne. Dies genüge für die Anwendbarkeit des § 1124 Abs. 2 BGB. Insbesondere komme es nicht darauf an, ob die Parteien von einer Bemessung nach periodischen Zeitabschnitten ausgegangen seien. Einer Feststellung eines dahin gehenden Parteiwillens bedürfe es somit nicht.
27.02.2015