Leitsatz:
Die Frist für die Erklärung des Widerspruchs gegen die stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses (§ 545 Abs. 1 BGB) wird durch eine vor Fristablauf eingereichte und gemäß § 167 ZPO „demnächst“ zugestellte Räumungsklage gewahrt.
BGH v. 25.6.2014 – VIII ZR 10/14 –
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Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Am 5.1.2012 kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis über eine Einliegerwohnung gemäß § 573 a BGB „zum nächstmöglichen Termin“. Der Mieter zog nicht aus. Am 7.8.2012 reichte die Vermieterin Räumungsklage ein. Diese wurde dem Mieter am 22.9. 2012 zugestellt. Vor dem BGH ging es darum, ob das Mietverhältnis gemäß § 545 BGB mangels Widerspruchs gegen die weitere Nutzung der Mieträume verlängert worden ist.
Nach § 545 Satz 1 BGB verlängert sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit, wenn der Mieter den Gebrauch der Mietsache nach Ablauf der Mietsache fortsetzt und keine Vertragspartei ihren entgegenstehenden Willen der anderen Partei binnen zwei Wochen mitteilt. Das Mietverhältnis endete hier mit Rücksicht darauf, dass das Mietverhältnis erst seit August 2011 bestand und deshalb gemäß § 573 c Abs. 1 Satz 1, § 573 a Abs. 1 Satz 2 BGB eine Kündigungsfrist von sechs Monaten einzuhalten war, mit Ablauf des 31.7.2012. Deshalb kommt es entscheidend darauf an, ob die Vermieterin der Fortsetzung des Mietverhältnisses binnen zwei Wochen ab diesem Zeitpunkt widersprochen hat.
Nach Auffassung des BGH liegt ein solcher Widerspruch in der am 7.8.2012 eingereichten und am 22.9.2012 dem beklagten Mieter zugestellten Räumungsklage. Denn die in § 167 ZPO angeordnete Rückwirkung der Zustellung auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage gelte auch für die Widerspruchsfrist des § 545 BGB.
§ 167 ZPO sei regelmäßig auch auf Fristen anzuwenden, die auch durch außergerichtliche Geltendmachung gewahrt werden können. Dies beruhe auf Gesichtspunkten der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Der Wortlaut des § 167 ZPO biete keine Anhaltspunkte dafür, dass die Zustellung davon abhänge, ob mit der Zustellung eine nur gerichtlich oder auch eine außergerichtlich geltend zu machende Frist gewahrt werden solle und ob die Zustellung durch Vermittlung des Gerichts oder eines Gerichtsvollziehers (§ 132 BGB) erfolge. Wer mit der Klage die stärkste Form der Geltendmachung von Ansprüchen wähle, müsse sich darauf verlassen können, dass die Einreichung der Klageschrift die Frist wahre.
Eindeutiger als durch die Einreichung einer Räumungsklage könne der Vermieter seinen Widerspruch gegen die Verlängerung des Mietverhältnisses nach § 545 BGB aber nicht zum Ausdruck bringen.
Dass die Klage erst so spät nach ihrer Einreichung bei Gericht dem Mieter zugestellt worden war, beruhte nicht auf Versäumnissen der klagenden Vermieterin, sondern auf gerichtsinternen Umständen, so dass die Zustellung noch „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO erfolgte.
05.01.2018