Zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen der (ordentlichen) Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses gehört die Angabe der Kündigungsfrist beziehungsweise des Kündigungstermins in der Kündigungserklärung nicht. Ergibt die Auslegung der Kündigungserklärung nach dem objektiven Empfängerhorizont gemäß §§ 133, 157 BGB, dass der Vermieter ordentlich und unter Einhaltung einer Frist kündigen will, wird es regelmäßig seinem erkennbaren (hypothetischen) Willen entsprechen, dass die Kündigung das Mietverhältnis mit Ablauf der (gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten) Kündigungsfrist zum nächsten zulässigen Termin beendet. Das gilt auch, wenn der Vermieter in der Kündigungserklärung einen zu frühen Kündigungstermin angibt, sofern sein (unbedingter) Wille erkennbar ist, das Mietverhältnis auf jeden Fall zu beenden.
BGH vom 10.4.2024 – VIII ZR 286/22 –
Langfassung im Internet: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 21 Seiten]
Die Mieter schlossen im September 1982 einen schriftlichen Mietvertrag, nach dem das Mietverhältnis am 1. Juli 1982 beginnen sollte. § 2 Ziffer 2 des Mietvertrags sah eine Kündigungsfrist von zwölf Monaten vor, wenn seit der Überlassung des Wohnraums zehn Jahre vergangen sind.
Mit Schreiben vom 24. Januar 2021 erklärte der Vermieter unter Berufung auf § 573 Abs. 1 BGB die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses mit den Mietern zum 31. Oktober 2021.
Mit Klageschrift vom 23. August 2021 kündigte er vorsorglich erneut das Mietverhältnisses unter Berufung auf § 573 Abs. 1 BGB wegen „Betriebsbedarfs“, ohne einen Kündigungstermin zu nennen.
Die Mieter hielten die Kündigung unter anderem schon deshalb für unwirksam, weil der Vermieter entgegen der mietvertraglichen Vereinbarung mit einer zu kurzen Frist gekündigt hatte.
Dem folgte der BGH nicht:
Der Wirksamkeit der ordentlichen Kündigungen stehe es nicht entgegen, dass in der Kündigungserklärung vom 24. Januar 2021 ein vor dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist liegender Kündigungstermin genannt beziehungsweise in der Kündigungserklärung vom 23. August 2021 der Zeitpunkt der gewollten Beendigung des Mietverhältnisses nicht angegeben sei.
Bei der Kündigung handele es sich um ein einseitiges Gestaltungsrecht des Vermieters, das seine Gestaltungswirkung mit dem Zugang bei dem Mieter entfalte (§ 130 BGB) und – sofern der geltend gemachte Kündigungsgrund vorliege und auch die formellen und materiellen Anforderungen an eine Kündigungserklärung (Angabe von Kündigungsgrund; Geschäftsfähigkeit) erfüllt seien – das Mietverhältnis entweder sofort oder nach Ablauf der vorgesehenen Kündigungsfrist enden lasse.
Zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen der (ordentlichen) Kündigung gehöre die Angabe der Kündigungsfrist beziehungsweise des Kündigungstermins in der Kündigungserklärung nicht. Sie sei in der Vorschrift über Form und Inhalt der Kündigung (§ 568 BGB) nicht aufgeführt und auch vom Begründungserfordernis des § 573 Abs. 3 BGB nicht umfasst.
Ergebe die Auslegung der Kündigungserklärung gemäß §§ 133, 157 BGB, dass der Vermieter ordentlich und unter Einhaltung einer Frist kündigen wolle (§§ 573, 573 c BGB), werde es mangels entgegenstehender Anhaltspunkte regelmäßig seinem erkennbaren (hypothetischen) Willen entsprechen, dass die Kündigung das Mietverhältnis mit Ablauf der (gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten) Kündigungsfrist zum nächsten zulässigen Termin beende. Das gelte nicht nur dann, wenn in der Kündigungserklärung kein Kündigungstermin angegeben sei, sondern in gleicher Weise, wenn der Vermieter in der Kündigungserklärung einen zu frühen Kündigungstermin angebe, sofern der (unbedingte) Wille des Vermieters erkennbar sei, das Mietverhältnis auf jeden Fall zu beenden.
Im Streitfall bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der Vermieter eine ordentliche Kündigung allein für den Fall hätte aussprechen wollen, dass diese auch zu dem im Kündigungsschreiben vom 24. Januar 2021 angegebenen Termin (31. Oktober 2021) zur Beendigung des Mietverhältnisses mit den Mietern führte, die Beendigung zu einem späteren Zeitpunkt hingegen für ihn ohne Interesse wäre. Vielmehr habe der Vermieter mit der Angabe des Kündigungstermins in dem Kündigungsschreiben erkennbar (lediglich) zum Ausdruck gebracht, dass er das Mietverhältnis zu dem von ihm – wohl unter Heranziehung der (hier nicht einschlägigen) neunmonatigen Kündigungsfrist des § 573c Abs. 1 Satz 2 BGB – errechneten Zeitpunkt aufgrund der Kündigung als beendet ansehe.
Fazit: Nennt der Vermieter einen zu frühen Kündigungstermin, kann die Kündigung gleichwohl zum nächstmöglichen Termin wirksam sein.
24.03.2025