Leitsatz:
Ansprüche auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß §§ 280, 281 BGB dürfen auch im Mietrecht anhand den für die Instandsetzung oder Instandhaltung oder für den Rückbau erforderlichen, aber noch nicht aufgewendeten („fiktiven“) Kosten bemessen werden; dies gilt auch, wenn der Vermieter die Mietsache im beschädigten Zustand veräußert, ohne dass die Mängel zuvor beseitigt wurden.
BGH vom 26.4.2022 – VIII ZR 364/20 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 12 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Vermietet war ein Einfamilienhaus. Nach den mietvertraglichen Vereinbarungen war der Mieter auch zur Pflege des Gartens verpflichtet.
Obwohl dem Mieter lediglich gestattet war, zwei Hunde in dem Mietobjekt zu halten, hielt er während der Mietzeit mindestens neunzehn Hunde. Nach Ende des Mietverhältnisses wurden in dem von Mieter und Vermieter unterzeichneten „Wohnungsabnahmeprotokoll“ zahlreiche „Mängel“ vermerkt.
Mit anwaltlichem Schreiben forderte der Vermieter den Mieter unter Fristsetzung auf, die aus dem Protokoll ersichtlichen „Mängel“ zu beseitigen. Er ließ sodann eine Ozonbehandlung wegen Uringeruchs in dem Haus zum Preis von 1166,20 Euro brutto durchführen. Ferner holte er zwei Kostenvoranschläge ein, wonach sich die Kosten für die „Instandsetzung der Gartenanlage“ auf 7225 Euro netto und für „Sanierungsarbeiten im Haus“ auf 25489,54 Euro netto belaufen sollten. Ein Jahr später veräußerte er das Hausgrundstück, ohne das Haus und den Garten instandsetzen zu lassen.
Im Schadensersatzprozess ging es unter anderem um die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Geltendmachung von fiktivem Schadensersatz im Mietrecht auf der Grundlage der §§ 280, 281 BGB möglich ist.
Der BGH wies darauf hin, dass die von dem Berufungsgericht aufgeworfene Frage bereits geklärt sei. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könnten Ansprüche auf Schadensersatz statt der Leistung im Mietrecht auch mit den für die Instandsetzung oder -haltung oder für den Rückbau der Mietsache erforderlichen, aber (noch) nicht aufgewendeten („fiktiven“) Kosten auf Grundlage von Kostenvoranschlägen bemessen werden.
Soweit der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in dem Urteil vom 22.2.2018 (– VII ZR 46/17 –) einer Bemessung des Schadens anhand von fiktiven Mängelbeseitigungskosten im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung eine Absage erteilt habe, habe er klargestellt, dass die Ablehnung einer solchen Bemessung allein auf den Besonderheiten des Werkvertragsrechts, insbesondere dem Vorschussanspruch des Bestellers gemäß § 637 Abs. 3 BGB beruhe (vgl. BGH vom 8.10.2020 – VII ARZ 1/20 –). Auf andere Vertragstypen seien diese Erwägungen nicht übertragbar.
Auch der Umstand, dass der Vermieter das Grundstück veräußere, schließe eine solche Bemessung des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung nicht aus.
24.01.2023