Bei der Betriebskostenabrechnung für ein teils gewerblich und teils zu Wohnzwecken genutztes Grundstück bedarf es bezüglich der Umlage der Grundsteuer keines Vorwegabzugs für die gewerblich genutzten Einheiten.
BGH v. 10.5.2017 – VIII ZR 79/16 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 10 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Wohn- und Nutzfläche des Gebäudes betrug 1100 Quadratmeter. Rund 56 Prozent der Fläche wurden gewerblich genutzt, 44 Prozent als Wohnung. Nach der Berechnung der Grundsteuer – ausgehend von der Jahresrohmiete 1935 – entfielen rund 70 Prozent der Mieterträge auf die gewerbliche Nutzung. Aus diesem Grund hatte der ehemalige Eigentümer einen entsprechenden Vorwegabzug vorgenommen. Er hatte 70 Prozent des Grundsteuerbetrages auf die Gewerbemieter und 30 Prozent auf die Wohnraummieter verteilt. Der neue Eigentümer nahm keinen Vorwegabzug vor, sondern verteilte die Grundsteuer gleichmäßig auf Gewerbe und Wohnungen nach der Wohn- beziehungsweise Nutzfläche, also nach Quadratmetern. Dem klagenden Wohnraummieter entstanden hierdurch Nachteile in Höhe von rund 200 Euro.
Der Bundesgerichtshof verneinte eine Verpflichtung des Vermieters zu einem Vorwegabzug der auf die gewerblichen Mieter entfallenden Grundsteuer. Der sei vertraglich nicht vereinbart gewesen und auch aus Billigkeitsgründen müsse kein Vorwegabzug durchgeführt werden.
Die Notwendigkeit eines Vorwegabzugs lasse sich auch nicht aus § 556 a Abs. 1 Satz 2 BGB herleiten. Danach seien Betriebskosten, die von einem erfassten Verbrauch oder von einer erfassten Verursachung durch die Mieter abhängen, nach einem Maßstab umzulegen, der dem unterschiedlichen Verbrauch oder der unterschiedlichen Verursachung Rechnung trage. Eine erfasste unterschiedliche Verursachung im Sinne dieser Vorschrift scheide jedoch von vornherein aus, weil die Grundsteuer auf einer einheitlichen Festsetzung durch die Gemeinde beruhe und nicht von einem Verhalten der Mieter abhänge.
Zwar komme ein Vorwegabzug aus Billigkeitsgründen in Betracht, wenn durch die gewerbliche Nutzung erhebliche Mehrkosten pro Quadratmeter entstünden. Für das Vorliegen solcher Mehrkosten sei der Mieter beweispflichtig. Mehrkosten entstünden in dem vorliegenden Fall aber nicht, weil es sich bei der Grundsteuer um eine ertragsunabhängige Objektsteuer handele. Die in einem Abrechnungsjahr erhobene Steuer hänge grundsätzlich nicht von den in diesem Jahr erzielten Erträgen und ihrer Verteilung auf die Nutzung zu gewerblichen Zwecken einerseits und zu Wohnzwecken andererseits ab.
Zwar finde bei der Festsetzung des Einheitswertes für ein gemischt genutztes Grundstück das Ertragswertverfahren Anwendung. Der Einheitswert werde allerdings auf die Wertverhältnisse zu einem weit zurückliegenden Zeitpunkt – hier 1.1.1935 – festgesetzt. Es bestehe daher kein Zusammenhang zwischen der im Abrechnungsjahr anfallenden Grundsteuer und der konkreten Nutzungsaufteilung und Ertragssituation in diesem Zeitraum. Damit fehlt es aber an der maßgeblichen Voraussetzung eines Vorwegabzugs, dass die gewerbliche Nutzung erhebliche Mehrkosten verursacht, die es unbillig erscheinen lassen, die Kosten (ohne Vorwegabzug) einheitlich nach dem Flächenmaßstab zu verteilen.
Mit anderen Worten: Es könne bei dem gegenwärtigen System der Grundsteuererhebung gerade nicht festgestellt werden, dass die gewerbliche Nutzung im jeweiligen Abrechnungsjahr deutlich höhere Kosten je Quadratmeter verursache.
25.10.2017