Leitsatz:
Unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 HeizkostenVO kann der Mieter einer Wohnung verlangen, dass die anteilig auf ihn entfallenden Kosten des Betriebs der zentralen Heizungsanlage zu 70 vom Hundert nach dem erfassten Wärmeverbrauch der Nutzer verteilt werden. Der Mieter ist nicht darauf beschränkt, stattdessen von dem Kürzungsrecht des § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenVO Gebrauch zu machen.
BGH v. 16.1.2019 – VIII ZR 113/17 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 9 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Heizkosten wurden jeweils zu 50 % nach der Wohnfläche und nach dem erfassten Wärmeverbrauch abgerechnet.
Der Mieter verlangte im Hinblick auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Heizkostenverordnung (HeizkostenVO) vom Vermieter, die Heizkosten zu 30 % nach der Wohnfläche und zu 70 % nach dem erfassten Verbrauch abzurechnen, beginnend mit der Heizperiode ab dem 1.10.2016. Der Vermieter weigerte sich, so dass der Mieter im September 2016 eine darauf gerichtete Klage erhob.
Der BGH gab dem Mieter Recht. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenVO seien von den Kosten des Betriebs der zentralen Heizungsanlage mindestens 50 % und höchstens 70 % nach dem erfassten Wärmeverbrauch der Nutzer zu verteilen. Die danach bestehende Wahlmöglichkeit des Gebäudeeigentümers, einen Verteilungsmaßstab zwischen mindestens 50 % und höchstens 70 % der Kosten nach Verbrauch bestimmen zu können, werde aber gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 HeizkostenVO für bestimmte Gebäude eingeschränkt. Nach dieser Bestimmung seien in Gebäuden, die das Anforderungsniveau der Wärmeschutzverordnung vom 16.8.1994 (BGBl. I S. 2121) nicht erfüllen, die mit einer Öl- oder Gasheizung versorgt werden und in denen die freiliegenden Leitungen der Wärmeverteilung überwiegend gedämmt sind, von den Kosten des Betriebs der zentralen Heizungsanlage 70 % nach dem erfassten Wärmeverbrauch der Nutzer zu verteilen. Im vorliegenden Fall lagen zur Überzeugung der Gerichte die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 HeizkostenVO vor (Mietrechtspraktiker wissen allerdings, dass dieser Sachverhalt „überwiegend gedämmt“ äußerst selten vorkommt).
Als Rechtsfolge – so der BGH – habe der Vermieter 70 % der Kosten des Betriebs der zentralen Heizungsanlage nach dem erfassten Wärmeverbrauch der Nutzer zu verteilen. Sofern der Vermieter, wie hier, gleichwohl an einem davon abweichenden Verteilungsmaßstab festhalte, gewähre § 556 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 2 HeizkostenVO dem Mieter einen Anspruch auf eine dahingehende Änderung des Verteilungsschlüssels.
Der Mieter müsse sich stattdessen nicht auf das Kürzungsrecht des § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenVO verweisen lassen. Zwar habe der Nutzer nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenVO das Recht, bei der nicht verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kosten den auf ihn entfallenden Anteil um 15 % zu kürzen. Diese Vorschrift sei aber im Streitfall weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenVO biete keine Grundlage für die Auffassung, wonach der Mieter verpflichtet sei, die Erteilung weiterer fehlerhafter Heizkostenabrechnungen abzuwarten und diese gegebenenfalls zu kürzen. Die Anwendbarkeit des Kürzungsrechts in diesem Falle sei insbesondere mit dem Zweck der Heizkostenverordnung, das Verbrauchsverhalten der Nutzer nachhaltig zu beeinflussen und damit Energieeinspareffekte zu erzielen, nicht zu vereinbaren.
Schließlich könne der Mieter die 70%ige verbrauchsabhängige Kostenverteilung sofort verlangen. Er müsse nicht auf den Beginn des nächsten vertraglich geregelten Abrechnungszeitraums warten.
18.03.2019