Leitsatz:
Hat der Mieter einer Eigentumswohnung die Mietkaution nicht an den Vermieter, sondern an den Verwalter des Wohnungseigentums entrichtet, ist der Zwangsverwalter der Wohnung, dem nach § 152 Abs. 1 ZVG die Aufgabe obliegt, das Objekt in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsgemäß zu verwalten, berechtigt, die Überlassung der Mietkaution direkt von dem Verwalter des Wohnungseigentums zu fordern (Fortführung und Fortentwicklung von BGH, Urteile vom 16. Juli 2003 – VIII ZR 11/03, NJW 2003, 3342; vom 9. März 2005 – VIII ZR 330/03, NZM 2005, 596).
BGH vom 23.9.2015 – VIII ZR 300/14 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 7 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Mieter einer Eigentumswohnung zahlten bei Abschluss des Mietvertrags die vereinbarte Kaution in Höhe von 750 Euro an den Verwalter der Wohnungseigentumsanlage. Zwei Jahre später geriet der Vermieter der Eigentumswohnung in finanzielle Schwierigkeiten, die Anfang April 2013 in der Anordnung der Zwangsverwaltung (Beschlagnahme) über die Wohnung mündeten. Nach Beendigung des Mietverhältnisses im Juli 2013 verlangte der Zwangsverwalter von dem Verwalter der Wohnungseigentumsanlage (WEG-Verwalter) Zahlung von 750 Euro nebst Verzugszinsen, um den Mietern die Kaution zurückerstatten zu können.
Der BGH folgte der Rechtsansicht des Zwangsverwalters. Das Recht, die Rückzahlung der Mietkaution von dem WEG-Verwalter zu verlangen, habe seine Grundlage in § 152 Abs. 1, 2 ZVG.
Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden habe, sei der Zwangsverwalter befugt, von dem Vermieter und Wohnungseigentümer die Überlassung einer vor der Beschlagnahme von einem Wohnungsmieter geleisteten Mietkaution zu verlangen. Eine ordnungsgemäße Verwaltung des Grundbesitzes (§ 152 Abs. 1 ZVG) erfordere, dass der Zwangsverwalter anstelle des Schuldners – also des Vermieters –, dem die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks durch die Beschlagnahme entzogen werde, in die Lage versetzt werde, erforderlichenfalls auf die Kaution zuzugreifen, um gegen den Wohnungsmieter gerichtete Ansprüche abzudecken. Der Zugriff auf die Kaution müsse dem Zwangsverwalter zudem auch deshalb ermöglicht werden, weil er dem Mieter gegenüber zur Herausgabe der Kaution nach Wegfall des Sicherungszwecks verpflichtet sei, selbst wenn der Vermieter dem Zwangsverwalter die Kaution nicht ausgehändigt habe.
Sei die Mietkaution – wie hier – vom Mieter vereinbarungsgemäß nicht dem Vermieter, sondern dem Verwalter der Wohnungseigentumsanlage entrichtet worden, sei der Zwangsverwalter gemäß § 152 Abs.1, 2 ZVG berechtigt, die Überlassung der Kaution direkt von diesem zu fordern.
Denn es mache keinen Unterschied, ob sich die vom Mieter entrichtete Kaution in den Händen des Vermieters oder bei einer Hausverwaltung befinde, die sie für den Vermieter eingezogen, aber noch nicht an diesen ausgekehrt habe. Um der Verpflichtung des Zwangsverwalters Rechnung zu tragen, den Gläubigern den möglichst ungeschmälerten Erhalt der Haftungsmasse zu gewährleisten, sei es vielmehr geboten, dass der Zwangsverwalter einer Eigentumswohnung die Mietkaution in diesen Fällen auch von dem Verwalter der Wohnungseigentumsanlage herausverlangen könne. Beachtliche Eigeninteressen des Verwalters der Wohnungseigentumsanlage seien dabei nicht berührt, weil dieser bei der Entgegennahme der Kaution für den Vermieter nur als dessen Zahlstelle fungiere. Ihm komme kein größeres Schutzbedürfnis zu als dem Vermieter selbst, für den er tätig geworden sei.
Obwohl es zutreffend sei, dass der Mieter zwar berechtigt sei, die Herausgabe der Kaution vom Vermieter zu verlangen, nicht aber vom Verwalter der Wohnungseigentumsanlage, rechtfertige dies keine andere Beurteilung. Denn der Zwangsverwalter werde in allen Fällen, in denen Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis berührt seien, wie ein Vermieter behandelt.
15.05.2017