Leitsätze:
Der Anspruch des Mieters auf Rückgabe einer Mietsicherheit wird erst fällig, wenn eine angemessene Überlegungsfrist abgelaufen ist und dem Vermieter keine Forderungen aus dem Mietverhältnis mehr zustehen, wegen derer er sich aus der Sicherheit befriedigen darf (Bestätigung und Fortführung von BGH, Urteile vom 24.3.1999 – XII ZR 124/97, BGHZ 141, 160, 162, sowie vom 18.1.2006 – VIII ZR 71/05, NJW 2006, 1422 Rn. 9).
Betriebskostennachforderungen aus Jahresabrechnungen des Vermieters sind wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 216 Abs. 3 BGB.
Dem Vermieter ist es deshalb nach § 216 Abs. 3 BGB verwehrt, sich wegen bereits verjährter Betriebskostennachforderungen aus der Mietsicherheit zu befriedigen.
BGH vom 20.7.2016 – VIII ZR 263/14 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 13 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der Mieter hatte ein Kautionssparbuch über 700 Euro eingerichtet, eine Verpfändungserklärung abgegeben und der Vermieterin das Sparbuch als Mietsicherheit übergeben. Die Vermieterin erteilte jeweils fristgerecht die Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2006 bis 2008. Diese endeten jeweils mit Nachforderungen, die sich insgesamt auf 960 Euro beliefen. Der Mieter zahlte die Nachforderungen nicht.
Im Dezember 2012 reichte der Mieter Klage auf Pfandfreigabe und Rückgabe des Kautionssparbuchs ein. Die Klage wurde am 21. Februar 2013 zugestellt. Die Vermieterin weigert sich, das Sparbuch herauszugeben, weil ihr noch die Betriebskostennachforderungen zustünden. Der Mieter wandte ein, die Nachforderungen seien verjährt.
Der BGH gab dem Mieter Recht. Die Abrechnungsnachforderungen der Jahre 2006 bis 2008 waren spätestens am 31.12.2012 verjährt. Zwar könne sich ein Gläubiger wegen einer Forderung, zu deren Sicherung ein Pfandrecht bestehe, grundsätzlich auch dann aus der Sicherheit befriedigen, wenn die Forderung verjährt sei. Dies ergebe sich aus § 216 Abs. 1 BGB. Somit könne sich ein Vermieter grundsätzlich auch wegen verjährter Forderungen aus dem verpfändeten Sparbuch befriedigen.
Dies gelte aber nicht bei Ansprüchen auf Zinsen und andere wiederkehrende Leistungen, wie sich aus § 216 Abs. 3 BGB ergebe. Nicht nur bei den – regelmäßig monatlichen – Mietzahlungen und Betriebskostenvorauszahlungen handele es sich um solche wiederkehrenden Leistungen im Sinne von § 216 Abs. 3 BGB, sondern auch bei Nachforderungen aus Betriebskostenabrechnungen. Betriebskostenzahlungen seien „regelmäßig wiederkehrende Leistungen“, daran ändere sich auch nichts, wenn über die monatlichen Vorauszahlungen einmal im Jahr abgerechnet würde.
Sinn des Gesetzes sei es, dass hinsichtlich wiederkehrender Leistungen für die Befriedigung des Vermieters aus einer Sicherheit nur ein begrenzter Zeitraum zur Verfügung stehen soll, so dass der Mieter nach Ablauf dieses Zeitraums und Eintritt der Verjährung der gesicherten Forderung die Verwertung der Sicherheit wegen derartiger Ansprüche verhindern und somit die Sicherheit zurückerhalten könne.
Dieser Zweck würde vereitelt, wenn der Vermieter in einem solchen Fall die Rückgabe des verpfändeten Sparbuches unter Verweis auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen verjährter wiederkehrender Leistungen verweigern könnte.
Offen bleibt nach dieser Entscheidung, ob § 216 BGB auch auf die Mietbürgschaft Anwendung findet. Dies hatte der Zwölfte Senat des BGH vor Jahren verneint (BGH vom 28.1.1998 – XII ZR 63/96 –). Zweifelhaft ist ebenfalls, ob § 216 Abs. 1 BGB entgegen seines eindeutigen Wortlautes analog auch auf die Barkaution anzuwenden ist (dafür – soweit ersichtlich – bisher einzig AG Hannover vom 10.5.2016 – 501 C 12374/15 –).
25.10.2017