Leitsätze:
a) Ist dem Vermieter in einem Wohnraummietverhältnis eine Mietsicherheit gewährt worden, hat sich der Vermieter nach dem Ende des Mietverhältnisses innerhalb angemessener, nicht allgemein bestimmbarer Frist gegenüber dem Mieter zu erklären, ob und (gegebenenfalls) welche aus dem beendeten Mietverhältnis stammenden Ansprüche er gegen diesen erhebt. Mit einer solchen Erklärung wird die Mietsicherheit abgerechnet, da der Vermieter damit deutlich macht, ob und (gegebenenfalls) in Bezug auf welche Forderungen er ein Verwertungsinteresse an der gewährten Mietsicherheit hat.
b) Eine als Mietsicherheit gewährte Barkaution kann auch durch schlüssiges Verhalten, etwa durch eine vom Vermieter erklärte Aufrechnung oder durch Klageerhebung abgerechnet werden. Hiermit bringt der Vermieter, der einen Vorbehalt, weitere Ansprüche geltend zu machen, nicht erklärt hat – gleichermaßen wie bei einer den Vorgaben des § 259 BGB genügenden Abrechnung – für den Mieter erkennbar zum Ausdruck, dass sich sein Verwertungsinteresse auf die in der Forderungsaufstellung bezeichneten beziehungsweise aufgerechneten oder klageweise geltend gemachten Forderungen beschränkt.
c) Eine gewährte Barkaution wird mit dem Zugang der Abrechnung beim Mieter zur Rückzahlung fällig. Denn nach erfolgter Abrechnung kann sich der Vermieter – ohne weitere Schritte ergreifen zu müssen – wegen seiner nunmehr bestimmten und bezifferten Ansprüche aus der Barkaution befriedigen. Dies gilt auch für streitige Forderungen des Vermieters.
d) Macht der Vermieter nach Abrechnung von seiner Verwertungsbefugnis keinen Gebrauch, kann der Mieter seinerseits mit dem fälligen Kautionsrückzahlungsanspruch gegen vom Vermieter erhobene Forderungen aufrechnen.
BGH vom 24.7.2019 – VIII ZR 141/17 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 12 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der Mieter leistete zu Beginn des Mietverhältnisses eine Mietkaution von 1680 Euro in bar.
Nach dem Ende des Mietverhältnisses erhob der Vermieter unter anderem Klage auf Nachzahlung aus zwei Betriebskostenabrechnungen in Höhe von insgesamt 1086 Euro. Eine der Betriebskostenforderungen war unstrittig, während der Mieter die Berechtigung der anderen Nachforderung bestritt.
Eine ausdrückliche Abrechnung über die Mietkaution hatte der Vermieter nicht vorgelegt; auch hatte er die Kaution nicht mit den geltend gemachten Ansprüchen verrechnet.
Im Berufungsrechtszug erklärte der Mieter die Aufrechnung mit dem Kautionsrückzahlungsanspruch in Höhe von 1680 Euro.
Zu Recht, wie der BGH entschied: Damit die Aufrechnung des Mieters erfolgen konnte, musste ihm bei Ausspruch der Aufrechnungserklärung ein fälliger Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution zugestanden haben. Die Fälligkeit dieses Anspruchs trete durch Abrechnung der Kaution ein. Da das Bürgerliche Gesetzbuch in den mietrechtlichen Bestimmungen die Art und Weise der Abrechnung nicht vorgebe, könne die Abrechnung des Vermieters ausdrücklich oder konkludent erfolgen.
Zwar hätte hier der Vermieter nicht ausdrücklich über die Kaution abgerechnet. Allerdings läge in der Erhebung der Klage, in der der Vermieter die ihm seiner Meinung nach zustehenden Ansprüche aus dem Mietverhältnis geltend machte, eine konkludente Abrechnung über die Mietkaution, jedenfalls dann, wenn – wie hier – durch keinen Vorbehalt kenntlich gemacht werde, dass noch mit der Geltendmachung weiterer Forderungen zu rechnen sei. Denn hiermit bringe der Vermieter – für den Mieter erkennbar – zum Ausdruck, dass sich sein Verwertungsinteresse auf die in der Forderungsaufstellung bezeichneten beziehungsweise auf die aufgerechneten oder klageweise geltend gemachten Forderungen beschränkt.
An diesem Ergebnis ändere sich auch nichts dadurch, dass der Vermieter hier eine strittige Forderung geltend gemacht hätte. Denn auch wegen streitiger Forderungen könne der Vermieter – anders als während des laufenden Mietverhältnisses (BGH vom 7. Mai 2014 – VIII ZR 234/13) – nach Ende des Mietverhältnisses auf die Kaution zugreifen. Schützenswerte Interessen des Mieters würden hierdurch nicht berührt. Denn bestreite der Mieter die zur Aufrechnung gestellten Vermieterforderungen, könne er auf Rückzahlung der Kaution klagen. In diesem Rechtsstreit werde geklärt, ob die Forderungen des Vermieters bestünden. Entsprechendes gelte, wenn der Vermieter – wie hier – die Abrechnung durch Klageerhebung vornehme. In beiden Fällen trage der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen der von ihm beanspruchten Forderungen.
Da der Vermieter vorliegend von seiner Verwertungsbefugnis der Kaution keinen Gebrauch gemacht hatte, so dass der Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters nicht durch eine Aufrechnung des Vermieters erloschen war, konnte der Mieter seinerseits mit dem (fälligen) Kautionsrückzahlungsanspruch gegen die vom Vermieter erhobenen Forderungen aufrechnen. Denn das Sicherungsbedürfnis des Vermieters – so der BGH – gebiete es nicht, die Fälligkeit der Forderung auf Rückzahlung einer Barkaution noch über die Erteilung der Abrechnung hinauszuschieben. Denn mit der Abrechnung habe der Vermieter gegenüber dem Mieter sein Verwertungsinteresse auf die abgerechneten Forderungen beschränkt. Im Übrigen habe er die Möglichkeit, eine Aufrechnung bereits mit der Abrechnung zu erklären und auf diese Weise zu entscheiden, für welche von gegebenenfalls mehreren Forderungen die Kaution vorrangig verwertet werden solle. Erteile er hingegen eine Abrechnung, ohne auf die Barkaution zuzugreifen, rechtfertige sein Sicherungsbedürfnis deren weiteren Einbehalt nicht, so dass nunmehr auch der Mieter aufrechnen dürfe.
21.10.2019