Leitsatz:
Zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete durch den Tatrichter.
BGH vom 29.2.2012 – VIII ZR 346/10 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 14 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Entscheidung hat in Berlin nur Bedeutung für die relativ seltenen Fälle, wo der Mietspiegel – beispielsweise wegen Einschlägigkeit eines Leerfeldes – keine Anwendung findet und im Prozess ein Sachverständigengutachten zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete eingeholt werden muss.
Der Bundesgerichtshof versucht in dieser Entscheidung vier frühere Entscheidungen nochmals zu „erklären“ und zu systematisieren (BGH vom 20.4.2005 – VIII ZR 110/04; BGH vom 6.7.2005 – VIII ZR 322/ 04 -; BGH vom 21.10.2009 – VIII ZR 30/09 – und BGH vom 4.5.2011 – VIII ZR 227/10). Er kommt zu folgenden Aussagen:
Bei der ortsüblichen Vergleichsmiete handelt es sich nicht um einen punktgenauen Wert, sondern sie bewegt sich innerhalb einer gewissen Spanne.
Das Gericht hat im Prozess eine konkrete Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete im Sinne einer Einzelvergleichsmiete vorzunehmen.
Die Einzelvergleichsmiete kann ein Punktwert innerhalb der Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete sein, sie kann sich aber auch innerhalb einer gewissen Bandbreite bewegen, die ihrerseits innerhalb der umfassenderen, etwa durch einen Mietspiegel abgebildeten Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt.
Stellt sich die Einzelvergleichsmiete nicht als Punkt, sondern als Bandbreite dar, kann der Vermieter die Miete bis zum oberen Wert der Bandbreite anheben.
Das volle Spektrum der berücksichtigungsfähigen Vergleichsmieten darf nicht mit der ortsüblichen Vergleichsmiete gleichgesetzt werden. Vielmehr sind hieraus die „üblichen Entgelte“ (§ 558 Absatz 2 Satz 1 BGB) zu ermitteln.
Die üblichen Entgelte werden ermittelt, indem die sogenannten „Ausreißermieten“ ausgesondert werden. Die Eliminierung extrem abweichender Mieten, die unter § 5 Wirtschaftsstrafgesetz (WiStG) fallen, reicht aber nicht aus, um die Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete und – in deren Rahmen – die Einzelvergleichsmiete zu bestimmen. Nicht jede Miete, die nicht gegen § 5 WiStG verstößt, ist als übliches Entgelt im Sinne des § 558 Absatz 2 Satz 1 BGB zu bezeichnen.
28.05.2018