Leitsätze:
a) Mit dem Tatbestandsmerkmal „Miete, die der vorherige Mieter zuletzt schuldete (Vormiete)“ nimmt § 556 e Abs. 1 Satz 1 BGB auf eine Miete Bezug, die in einem Wohnraummietverhältnis gezahlt wurde.
b) Der Vermieter kann sich nicht mit Erfolg auf die Maßgeblichkeit der in einem (früheren) Wohnraummietverhältnis gezahlten „Vormiete“ im Sinne des § 556 e Abs. 1 Satz 1 BGB berufen, wenn er die Räume vor dem nach den §§ 556 d ff. BGB zu beurteilenden Mietverhältnis zuletzt gewerblich vermietet hat.
BGH vom 19.8.2020 – VIII ZR 374/18 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 12 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Parteien vereinbarten für die in Berlin gelegene Wohnung ab 1. Mai 2016 eine monatliche Nettokaltmiete von 950 Euro. Von Dezember 2012 bis Ende April 2016 war die Wohnung aufgrund eines Gewerberaummietvertrags für eine Gesamtmiete von monatlich 900 Euro zur Büronutzung vermietet. Zuvor – von September 2011 bis September 2012 – waren die Räume zu einer Nettokaltmiete von 950 Euro zu Wohnzwecken vermietet.
Im Jahr 2017 rügte die Mieterin, die Nettokaltmiete von 950 Euro übersteige nach dem Berliner Mietspiegel 2015 die ortsübliche Vergleichsmiete von 8,27 Euro/qm um mehr als 10 Prozent; die Mietpreisvereinbarung sei daher insoweit unwirksam. Sie forderte die Rückzahlung von 1527,24 Euro überzahlter Miete für die Monate Mai bis Oktober 2017 (je 254,54 Euro pro Monat) nebst Zinsen und begehrt die Feststellung, dass die zwischen den Parteien getroffene Abrede über die geschuldete Nettomiete unwirksam sei, soweit die Miete die zulässige Höchstmiete von 695,46 Euro (ca. 9,10 Euro/qm x 76,45 qm) übersteige. Das Landgericht wies die Klage ab.
Der BGH folgte der Rechtsansicht des Landgerichts nicht und hob dessen Urteil auf.
Entgegen der Ansicht des Landgerichts stehe den Ansprüchen der Mieterin aus der sogenannten „Mietpreisbremse“ nicht entgegen, dass der Vermieter die mit der Mieterin vereinbarte Nettokaltmiete von 950 Euro in gleicher Höhe bereits im „vorletzten“ Mietverhältnis vereinbart hatte. Insbesondere führe der Umstand, dass die Wohnung zuletzt als Gewerberaum vermietet war, nicht dazu, dass nunmehr die bis September 2012 von der damaligen Mieterin geschuldete Miete als die „Vormiete“ im Sinne des § 556 e Abs. 1 Satz 1 BGB anzusehen wäre. Vielmehr sei die Ausnahmevorschrift des § 556 e Abs. 1 Satz 1 BGB dahin auszulegen, dass als „vorheriger Mieter“ ausschließlich der (direkte) Mietvorgänger in Betracht komme und diesem die Wohnung ebenfalls zu Wohnzwecken vermietet war.
Bereits der Wortlaut des § 556 e Abs. 1 Satz 1 BGB lege es nahe, dass es sich bei der darin bezeichneten „Vormiete“ um eine solche aus einem unmittelbar vorangegangenen Mietverhältnis handeln müsse. Denn der Begriff der „Vormiete“ werde dort definiert als „die Miete, die der vorherige Mieter zuletzt schuldete“. Nach allgemeinem Sprachgebrauch sei mit „der vorherige Mieter“ regelmäßig der (zeitlich) letzte Vormieter gemeint und nicht irgendein Mieter, der die Räume in der Vergangenheit einmal innehatte. Ein „Vorvormieter“ lasse sich unter diesen Begriff daher schwerlich fassen.
Fazit: Die Ausnahmevorschrift der Vormiete findet nur dann Anwendung, wenn die Miete des unmittelbaren Mietvorgängers über der gedeckelten Miete lag und diesem die Wohnung ebenfalls zu Wohnzwecken vermietet wurde. Hat der Vermieter die Wohnung zuvor als Büro vermietet, kann er sich nicht auf eine noch davorliegende Wohnraumvermietung berufen.
25.11.2020