Leitsatz:
Den Anforderungen an die Auskunftspflicht des Vermieters nach § 556 g Abs. 1a Satz 1 Nr. 4, Abs. 4, § 556 f Satz 2 BGB ist Genüge getan, wenn er dem Mieter vor der Abgabe von dessen Vertragserklärung unaufgefordert die Auskunft erteilt, bei dem Abschluss des Mietvertrags handele es sich um die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung der Wohnung. Der Vermieter ist nach Maßgabe der Vorschrift des § 556 g Abs. 1a Satz 1 Nr. 4 BGB nicht gehalten, über Umfang und Details der Modernisierung Auskunft zu erteilen. Es obliegt vielmehr dem Mieter, gegebenenfalls mittels eines Auskunftsverlangens nach § 556 g Abs. 3 BGB weitere Einzelheiten und Nachweise zu erfragen.
BGH vom 18.5.2022 – VIII ZR 9/22 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 26 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Dem im April 2019 über eine Berliner Wohnung abgeschlossenen Mietvertrag war eine Anlage beigefügt, in der der Vermieter erklärte: „Bei dem Abschluss dieses Mietvertrages handelt es sich um die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung der Mietsache.“
Der BGH hatte hier unter anderem zu entscheiden, ob dieser Hinweis ausreichte, die Anwendung der sogenannten Mietpreisbremse auszuschließen. Denn umfassend modernisierte Wohnungen unterliegen nach § 556 f Satz 2 BGB nicht der Mietpreisbremse, sofern der Vermieter vorab Auskunft über die Modernisierung gibt. Dem BGH zufolge ist dem mit dem Hinweis auf die Modernisierung Genüge getan.
Nach § 556 g Abs. 1 a Satz 1 Nr. 4 BGB sei der Vermieter, soweit die Zulässigkeit der Miete auf § 556 f Satz 2 BGB beruhe, verpflichtet, dem Mieter vor der Abgabe von dessen Vertragserklärung unaufgefordert in Textform Auskunft darüber zu erteilen, dass es sich um die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung handele. Die Gesetzesmaterialien zum Mietrechtsanpassungsgesetz sähen ausdrücklich vor, dass der Vermieter nach der Bestimmung des § 556 g Abs. 1a Satz 1 Nr. 4 BGB (ebenso wie nach § 556 g Abs. 1 a Satz 1 Nr. 2 BGB) nicht gehalten sei, bereits vor Abgabe der Vertragserklärung des Mieters über Umfang und Details der Modernisierung Auskunft zu erteilen, sondern zunächst nur über das „Ob“ einer solchen umfassenden Modernisierung.
Es obliege vielmehr anschließend dem Mieter, gegebenenfalls mittels eines Auskunftsverlangens nach § 556 g Abs. 3 BGB weitere Einzelheiten und Nachweise zu erfragen, wenn er an der Richtigkeit der Auskunft zweifele (so BT-Drucks. 19/4672, S. 28). Vor Abgabe der Vertragserklärung des Mieters sei es daher ausreichend, wenn der Vermieter – wie hier – mitteile, es handele sich um die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung.
Daneben wartet der BGH noch mit folgender „Überraschung“ auf: Habe der Vermieter vor Abgabe der Vertragserklärung der Mieter hinreichend Auskunft erteilt, dass es sich um die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung handele (§ 556 g Abs. 1 a Satz 1 Nr. 4 BGB), umfasse dies auch den Fall der einfachen Modernisierung im Sinne von § 556 g Abs. 1 a Satz 1 Nr. 2 BGB, so dass der Vermieter sich gegebenenfalls auf eine einfache Modernisierung berufen dürfe, sofern sich herausstellen sollte, dass eine umfassende Modernisierung nicht durchgeführt worden sei.
24.10.2022