Leitsatz:
Hat das Jobcenter das dem Wohnungsmieter zustehende Arbeitslosengeld II als Bedarf für Unterkunft und Heizung versehentlich auch noch nach der Beendigung des Mietverhältnisses im Wege der Direktzahlung nach § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II an den bisherigen Vermieter gezahlt, kann es von diesem – unter dem Gesichtspunkt einer fehlenden (widerrufenen) Anweisung – unmittelbar die Herausgabe der ohne rechtlichen Grund erfolgten Zuvielzahlung im Wege der Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB) verlangen.
BGH v. 31.1.2018 – VIII ZR 39/17 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 22 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Mietzahlungen erfolgten auf Antrag der Mieter nach § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II direkt durch das Job-Center an den Vermieter. Das Mietverhältnis endete zum 31. Juli 2014.
Bereits am 24. Juli hatten die Mieter beim Job-Center einen Mietvertrag über eine neue Wohnung eingereicht. Dennoch überwies das Job-Center am nächsten Tag versehentlich noch die Miete für August 2014 an den Vermieter. Dieser behielt den Betrag ein, weil er aus dem Mietverhältnis noch Forderungen gegen die Mieter zu haben glaubte. Nun klagte das Job-Center gegen den Vermieter auf Rückzahlung. Das Amtsgericht wies die Klage ab. Trotz der Direktüberweisung der Miete vom Job-Center an den Vermieter habe die Rückabwicklung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB innerhalb der bestehenden Leistungsbeziehungen, mithin einerseits zwischen den früheren Mietvertragsparteien und andererseits zwischen Mieter und Jobcenter, zu erfolgen.
Das Landgericht und letztlich der BGH beurteilten die Sachlage hingegen anders. Zwar habe der Vermieter bei objektiver Betrachtung die Zahlung der Miete nicht durch eine Leistung des klagenden Job-Centers, sondern vielmehr durch eine Leistung ihrer (ehemaligen) Mieter erhalten, denen gegenüber das Job-Center wiederum in seiner Eigenschaft als Sozialleistungsträger im Rahmen des bestehenden Bedarfs für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II Sozialleistungen zu erbringen hatte. Insoweit hätten die Mieter mit ihrem Antrag nach § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II dem Job-Center lediglich die Anweisung erteilt, die ihnen zustehenden Unterstützungsleistungen direkt an den Vermieter zu zahlen.
Dennoch stehe dem Job-Center ein direkter Rückzahlungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB (Nichtleistungskondiktion) gegen den Vermieter zu. Denn die Mieter hätten ihren Antrag nach § 22 Abs. 7 Satz SGB II bereits vor Ausführung der Zahlung gegenüber dem Job-Center (konkludent durch Vorlage des neuen Mietvertrags) widerrufen. Vor allem aber habe der Vermieter aufgrund der Beendigung des Mietverhältnisses bereits bei Erhalt des Geldes gewusst, dass ihm der für den Monat August 2014 überwiesene Betrag nicht zustand und es damit an einer Leistung der Mieter als ihrem (ehemaligen) Vertragspartner fehlte. Diesen Betrag habe der Vermieter vielmehr in sonstiger Weise auf Kosten des Job-Centers ohne rechtlichen Grund erlangt (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB).
14.05.2018