Leitsatz:
Hat der Vermieter eine Wohngebäudeversicherung abgeschlossen, deren Kosten vom Mieter getragen werden, und verursacht der Mieter leicht fahrlässig einen von dieser Versicherung umfassten Wohnungsbrand, so trifft den Vermieter in der Regel die mietvertragliche Pflicht, wegen des Brandschadens nicht den Mieter, sondern die Versicherung in Anspruch zu nehmen. Zudem hat der Vermieter in einem solchen Fall aufgrund seiner Pflicht zur Erhaltung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) den Brandschaden grundsätzlich auch dann zu beseitigen, wenn er von einer Inanspruchnahme der Wohngebäudeversicherung absieht (Bestätigung und Fortführung von BGH, Urteile vom 3.11.2004 – VIII ZR 28/04, NJW-RR 2005, 381 unter II 3; vom 10.11.2006 – V ZR 62/06, NJW 2007, 292 Rn. 7; BGH, Beschluss vom 21.1.2014 – VIII ZR 48/13, GE 2014, 661 Rn. 5).
BGH-Leitentscheid v. 19.11.2014 – VIII ZR 191/13 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 23 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die 12-jährige Tochter des Mieters hatte Öl in einem Kochtopf auf dem Herd erhitzt und die Küche bei eingeschalteter Herdplatte zeitweise verlassen. Das Öl entzündete sich, und es kam zu einem Wohnungsbrand. Der Vermieter weigerte sich, den Brandschaden zu beseitigen und schaltete auch seine Gebäudeversicherung nicht ein, weil dies angeblich dazu führe, dass die Versicherungskosten für den Gesamtbestand seiner Mietwohnungen stiegen. Eine Mietminderung lehnte er ebenfalls ab.
Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Vermieter grundsätzlich verpflichtet sei, die Mietsache während der Mietzeit in einem ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten. Dazu gehöre auch, dass er nach einem Wohnungsbrand die Brandschäden beseitige. Ein finanzieller Schaden drohe dem Vermieter nicht, da er seine Gebäudeversicherung mit der Schadensregulierung beauftragen könnte. Der Vermieter habe im Regelfall kein vernünftiges Interesse daran, anstelle der Versicherung den Mieter in Anspruch zu nehmen. Vielmehr sei er aufgrund dieser Interessenlage regelmäßig verpflichtet, auf die Versicherung zurückzugreifen oder gegenüber dem Mieter auf Schadensersatz zu verzichten.
Außerdem habe der Mieter das Recht, die Miete angemessen zu mindern, bis der Schaden behoben ist.
Wenn der Mieter den Schaden selbst schuldhaft verursacht hat, entfalle dieses Recht zwar grundsätzlich. Das gelte aber nicht, wenn – wie hier – eine für den Schaden eintrittspflichtige Wohngebäudeversicherung bestehe, deren Kosten auf den Mieter umgelegt worden seien und das Verschulden des Mieters oder seiner Angehörigen lediglich leicht fahrlässig gewesen sei. Denn auch im Hinblick auf die Minderung könne der Mieter erwarten, dass ihm seine Aufwendungen für die Wohngebäudeversicherung im Schadensfall zugutekommen.
Die Gebäudeversicherung habe ihrerseits keine Regressansprüche gegenüber dem leicht fahrlässig handelnden Mieter, wenn der über die Betriebskostenabrechnung die Versicherungsbeiträge gezahlt habe. Ein Rückgriff des Versicherers auf den Mieter sei durch einen stillschweigenden Regressverzicht ausgeschlossen, wenn der Vermieter die Wohngebäudeversicherung in Anspruch nehme, so dass der Mieter im Ergebnis so stehe, als hätte er die Versicherung selbst abgeschlossen.
Offen ließ der BGH, ob der Vermieter ausnahmsweise dann ablehnen kann, die Versicherung in Anspruch zu nehmen, wenn sich hierdurch die Versicherungsprämien in erheblichem Maße erhöhen würden. Für Letzteres ist der Vermieter darlegungs- und beweisbelastet.
25.10.2017