Die Bundesnetzagentur darf einen Energielieferanten verpflichten, eine wegen Verstoßes gegen § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG unwirksame Preiserhöhung rückabzuwickeln.
BGH vom 10.9.2024 – EnVR 75/23 –
Langfassung im Internet: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 25 Seiten]
§ 41 Abs. 5 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) regelt die Anforderungen und Vorgaben zur Transparenz und Mitteilung von Preisänderungen bei Energielieferverträgen. Insbesondere müssen Energieversorger ihre Kunden rechtzeitig und klar über bevorstehende Preiserhöhungen informieren, um den Verbrauchern die Möglichkeit zu geben, auf die Änderungen zu reagieren, beispielsweise durch einen Anbieterwechsel. Wenn diese Vorgaben nicht eingehalten werden, können die Preiserhöhungen unwirksam sein, und die Bundesnetzagentur kann Maßnahmen zur Rückabwicklung ergreifen.
Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 und 2 EnWG kann die Regulierungsbehörde Unternehmen verpflichten, ein Verhalten abzustellen, das den Bestimmungen des Energiewirtschaftsgesetzes entgegensteht. Sie kann hierzu alle erforderlichen Abhilfemaßnahmen verhaltensorientierter oder struktureller Art vorschreiben, die gegenüber der festgestellten Zuwiderhandlung verhältnismäßig und für eine wirksame Abstellung der Zuwiderhandlung erforderlich sind. Die Befugnis der Regulierungsbehörde, ein Verhalten „abzustellen“, berechtigt die Bundesnetzagentur nicht nur zur Untersagung eines beanstandeten Verhaltens für die Zukunft. Ihr steht bei Verstößen gegen das Energiewirtschaftsgesetz vielmehr ein weites Ermessen zu. Dies betrifft sowohl die Frage, ob die Behörde ein Aufsichtsverfahren einleitet, als auch die Frage, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen sie ergreift. Dazu gehört auch die Anordnung Preiserhöhungen, die zur Vereinnahmung unberechtigter Vorteile geführt haben, rückabzuwickeln.
Vorliegend hatte sich folgendes ereignet:
Mit Schreiben vom 28. Dezember 2021 informierte die Energielieferantin ihre Haushaltskunden über die Anhebung des Gas- und Strompreises zum 1. Januar 2022. Zur Begründung verwies sie auf erhebliche Steigerungen der Einkaufspreise und des Börsenstrompreises. Das Schreiben enthielt den Hinweis, dass der Vertrag zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Preisänderung gekündigt werden kann. Nach zahlreichen Beschwerden von Haushaltskunden leitete die Bundesnetzagentur im Mai 2022 ein Aufsichtsverfahren gegen die Betroffene ein.
Mit Beschluss vom 31. August 2022 hat sie festgestellt, dass die Energielieferantin gegen die Verpflichtung aus § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG verstoßen hat, indem sie gegenüber Haushaltskunden Preiserhöhungen vorgenommen hat, ohne diese spätestens einen Monat vor Eintritt der beabsichtigten Änderung hierüber zu unterrichten. Ferner hat sie die Energielieferantin verpflichtet, die auf Grundlage des Schreibens vom 28. Dezember 2021 gegenüber betroffenen Haushaltskunden vorgenommenen Preismaßnahmen bis zum 1. Oktober 2022 zurückzunehmen und rückabzuwickeln. Für den Fall, dass die Energielieferantin dieser Verpflichtung nicht nachkommt, hat sie ein Zwangsgeld in Höhe von 100 000 Euro angedroht.
Die Rechtsbeschwerde der Energielieferantin gegen diese Verfügungen der Bundesnetzagentur hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Anmerkung: Verbraucher, die der Ansicht sind, dass ihr Energielieferant gegen die Vorgaben des § 41 Abs. 5 EnWG verstoßen hat, können sich direkt bei der Bundesnetzagentur beschweren. Hierzu sollten sie alle relevanten Informationen und Unterlagen bereithalten, wie zum Beispiel die Vertragsbedingungen, die Mitteilung der Preiserhöhung und gegebenenfalls den Schriftverkehr mit dem Energieversorger.
Die Beschwerde kann schriftlich per Post, per Fax oder online über das Beschwerdeformular auf der Website der Bundesnetzagentur eingereicht werden. Auf der Website der Bundesnetzagentur finden Verbraucher zudem detaillierte Anleitungen und Kontaktdaten, um ihnen bei der Einreichung ihrer Beschwerde zu helfen:
- Postadresse
Bundesnetzagentur
Postfach 8001, 53145 Bonn, Fax 030-22480-323 - Online
Beschwerdeformular auf der Website
der Bundesnetzagentur
Nach Eingang der Beschwerde prüft die Bundesnetzagentur den Sachverhalt und entscheidet, ob Maßnahmen gegen den Energielieferanten eingeleitet werden müssen. Verbraucher werden über den Fortschritt und das Ergebnis ihrer Beschwerde informiert.
28.02.2025