Leitsatz:
Die in einem von dem Vermieter verwendeten Formularmietvertrag enthaltene Bestimmung „Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache und Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen oder Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verjähren in zwölf Monaten nach Beendigung des Mietverhältnisses.“ ist mit wesentlichen Grundgedanken des § 548 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB unvereinbar und benachteiligt den Mieter deshalb entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen; sie ist daher nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
BGH vom 8.11.2017 – VIII ZR 13/17 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 17 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Das Mietverhältnis endete nach einer Kündigung am 28. Februar 2015. Bereits zwei Monate zuvor, am 29. Dezember 2014, hatte der Vermieter die Wohnung vom Mieter zurückerhalten.
Der Vermieter forderte den Mieter mit Schreiben vom 12. Januar 2015 unter anderem zu Instandsetzungsarbeiten an der in der Wohnung befindlichen Dusche auf, die infolge unsachgemäßer Nutzung notwendig seien. Der Mieter rührte sich nicht.
Mit der Klage nahm der Vermieter den Mieter auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch. Die am 25. Juni 2015 eingereichte Klage war dem Mieter, nachdem der am 6. Juli 2015 vom Gericht angeforderte Kostenvorschuss am 21. September 2015 eingegangen war, am 1. Oktober 2015 zugestellt worden. Der Mieter berief sich auf Verjährung. Der Vermieter verneinte die Verjährung unter Hinweis auf die – im Leitsatz wiedergegebene – formularvertragliche Klausel.
Der BGH gab dem Mieter Recht. Die Formularklausel verstoße wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters gegen § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB und sei deshalb unwirksam. Es gelte die gesetzliche Regelung des § 548 Abs. 1 BGB, wonach die Forderung des Vermieters verjährt sei.
Die im streitgegenständlichen Formularmietvertrag enthaltene Klausel erschwere den Eintritt der Verjährung der in § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB genannten Ansprüche des Vermieters gegenüber der gesetzlichen Regelung in zweifacher Hinsicht. Zum einen werde die Frist, nach deren Ablauf diese Ansprüche verjähren, von sechs auf zwölf Monate verdoppelt. Zum anderen verändere die Klausel zusätzlich den Beginn des Fristlaufs, indem sie nicht auf den Zeitpunkt des Rückerhalts der Sache, sondern auf das (rechtliche) Mietvertragsende abstelle. Beide Regelungsinhalte seien mit wesentlichen Grundgedanken des § 548 BGB nicht zu vereinbaren und stellten bereits aus diesem Grund eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten dar.
Denn die in § 548 Abs. 1 BGB geregelte kurze Verjährung der Ansprüche des Vermieters sei durch berechtigte Interessen des Mieters im Rahmen der Abwicklung des Mietverhältnisses begründet. Der Mieter habe nach der Rückgabe der Mietsache an den Vermieter auf diese keinen Zugriff mehr und könne somit ab diesem Zeitpunkt regelmäßig auch keine beweissichernden Feststellungen mehr treffen. Demgegenüber werde der Vermieter durch die Rückgabe der Mietsache, an die das Gesetz den Verjährungsbeginn für dessen Ansprüche anknüpft, in die Lage versetzt, sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob ihm gegen den Mieter Ansprüche wegen Verschlechterung oder Veränderung der Mietsache zustehen und er diese durchsetzen oder gegebenenfalls innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist erforderliche verjährungshemmende Maßnahmen ergreifen wolle. Es sei nicht ersichtlich, dass diese Prüfung nicht regelmäßig in der vom Gesetz vorgesehen Verjährungsfrist von sechs Monaten vorgenommen werden könnte. Vor diesem Hintergrund sei es – unter Berücksichtigung der Interessen sowohl des Mieters als auch des Vermieters – das ausdrücklich erklärte Ziel des Gesetzgebers gewesen, mit der kurzen Verjährungsregelung in § 548 BGB aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zeitnah zur Rückgabe der Mietsache eine „möglichst schnelle“ Klärung über bestehende Ansprüche im Zusammenhang mit dem Zustand der Mietsache zu erreichen.
25.01.2018