Leitsatz:
Eine in einem formularmäßigen Wohnraummietvertrag gesondert ausgewiesene Verwaltungskostenpauschale stellt eine zum Nachteil des Mieters von § 556 Abs. 1 BGB abweichende und damit gemäß § 556 Abs. 4 BGB unwirksame Vereinbarung dar, sofern aus dem Mietvertrag nicht eindeutig hervorgeht, dass es sich bei dieser Pauschale um einen Teil der Grundmiete (Nettomiete) handelt.
BGH vom 19.12.2018 – VIII ZR 254/17 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 11 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Hier hatten Mieter und Vermieter eine Grundmiete (nettokalt) in Höhe von 1499,99 Euro vereinbart. Hinzu kamen Betriebskostenvorauszahlungen von 158,12 Euro, Heizkostenvorauszahlungen von 123,75 Euro und eine Verwaltungskostenpauschale in Höhe von 34,38 Euro. Von Juli 2015 bis Januar 2017 zahlte der Mieter auch die Verwaltungskostenpauschale, insgesamt 601,65 Euro. Diesen Betrag verlangte er von der Vermieterin zurück, weil er die Vereinbarung im Mietvertrag für unwirksam hielt. Die Vermieterin meinte, die Verwaltungskostenpauschale sei Bestandteil der Nettomiete, auch wenn sie gesondert genannt sei.
Der BGH gab dem Mieter Recht. Denn die im Mietvertrag vereinbarte Verwaltungskostenpauschale sei wegen Verstoßes gegen § 556 Abs. 4 BGB unwirksam. Der Mieter habe deshalb aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung der hierauf ohne Rechtsgrund erbrachten Zahlungen.
Zum Schutz des Mieters von Wohnraum sehe § 556 Abs. 4 BGB vor, dass Vereinbarungen, die zum Nachteil des Mieters von den Bestimmungen des § 556 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 BGB abweichen, unwirksam sind. Dies gelte sowohl für Individualvereinbarungen, als auch für Allgemeine Geschäftsbedingungen. Deshalb könnten in der Wohnraummiete nur die enumerativ in der Betriebskostenverordnung aufgezählten Bewirtschaftungskosten als Nebenkosten (Betriebskosten) vereinbart werden, nicht aber (allgemeine) Verwaltungskosten, die nach der ausdrücklichen Regelung in § 1 Abs. 2 Nr. 1 der Betriebskostenverordnung in der Wohnraummiete nicht als Betriebskosten umgelegt werden können.
Allerdings treffe es zu, dass es dem Vermieter freistehe, im Mietvertrag eine Aufschlüsselung der vereinbarten (Grund-)Miete beziehungsweise (Netto-)Miete vorzunehmen und dadurch einen – aus Sicht des Mieters allerdings regelmäßig belanglosen – Hinweis auf seine interne Kalkulation zu geben. Dies gelte auch für Verwaltungskosten, die der Vermieter ebenso wie sonstige nicht gesondert umlegbare Kosten in die Grundmiete „einpreisen“ oder auch separat als weiteren Bestandteil der Grundmiete angeben könne, mit der Folge, dass der Gesamtbetrag die Ausgangsmiete bilde, die im Falle späterer Mieterhöhungen der ortsüblichen Vergleichsmiete gegenüberzustellen sei (§ 558 Abs. 1 BGB).
Bei dem hier zu beurteilenden Mietvertrag könne die vereinbarte Verwaltungskostenpauschale nach der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung aber nicht als Bestandteil der Grundmiete angesehen werden.
Mit der vereinbarten Pauschale sei offensichtlich nicht die Offenlegung der internen Mietkalkulation beabsichtigt gewesen. Der Vermieter wollte vielmehr zusätzlich zur Miete eine Verwaltungskostenpauschale kassieren.
Denn schon die Bezeichnung als „Verwaltungskostenpauschale“ zeige die Nähe zu den Betriebskosten, da der (Grund-)Miete Bezeichnungen als „Pauschale“ oder als „Vorschuss“ fremd seien. Hinzu komme, dass Verwaltungskosten ihrer Natur nach ebenfalls (allerdings nicht umlegbare) Betriebskosten sind und in § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKVO definiert seien. Des Weiteren spreche die Berechnung der Mietkaution (exakt der dreifache Betrag des unter „Miete netto kalt“ genannten Betrages ohne Verwaltungskosten) dafür, dass die Verwaltungskosten nicht Bestandteil der Grundmiete sein sollten. Gegen eine Zuordnung der Verwaltungskostenpauschale zur Grundmiete spreche schließlich, dass sich die Vermieterin im Mietvertrag eine Erhöhung von Betriebskostenpauschalen vorbehalten habe.
18.02.2019