Leitsatz:
Zum Vorkaufsrecht beim „En-bloc-Verkauf“.
BGH vom 27.4.2016 – VIII ZR 61/15 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 33 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Voraussetzungen zur Ausübung des Vorkaufsrechts liegen auch beim sogenannten „En-bloc-Verkauf“ vor, wenn die vom vorkaufsberechtigten Mieter bewohnte Wohnung als Teilobjekt des Veräußerungsvertrages so hinreichend bestimmt ist, dass sie in Verbindung mit einem Miteigentumsanteil an dem Grundstück der rechtlich selbstständige Gegenstand eines rechtsgültigen Kaufvertrages sein könnte (Kammergericht vom 31.3.1993 – 11 U 3255/92 –).
Die Vereinbarung eines Gesamtpreises für die Wohnungseigentumsanlage schließt daher nicht das Vorkaufsrecht des Mieters an der von ihm bewohnten Wohnung aus (vgl. § 467 BGB). Enthält der ursprüngliche Kaufvertrag Preisvergünstigungen, weil mehrere Wohnungen verkauft werden sollten, profitiert davon auch der Mieter, der das Vorkaufsrecht nur für seine Wohnung ausübt (OLG Düsseldorf vom 29.6.1998 – 9 U 267/97 –). Bei einem derartigen Fall ist die Ausübung des Teilvorkaufsrechts auch dann wirksam erklärt, wenn es in der Erklärung heißt, sie erfolge unter der „Bedingung“, dass die Ermittlung des anteiligen Preises sich nach § 467 BGB richte und der Vorkaufsberechtigte nicht an die im Kaufvertrag enthaltene Bewertung der Teilfläche gebunden sei (OLG Karlsruhe vom 17.5.1995 – 13 U 125/93 –).
Wie der BGH in der Entscheidung vom 27.4.2016 feststellt, gibt § 467 Satz 1 BGB dem Mieter einen gesetzlichen Anspruch, nur einen entsprechenden Preis (anteiliger Verkehrswert) für die seinem Vorkaufsrecht unterliegenden Räume zahlen zu müssen. § 467 Satz 1 BGB sichere das Interesse des Vorkaufsberechtigten an der Ausübung seines Rechts beim Verkauf mehrerer Gegenstände, die nur zum Teil dem Vorkaufsrecht unterlägen, und schränke damit den in § 464 Abs. 2 BGB enthaltenen Grundsatz der Vertragsidentität ein. Damit bestimme das Vorkaufsrecht und nicht der den Vorkaufsfall auslösende Kaufvertrag, welche Gegenstände der Vorkaufsberechtigte in Ausübung seines Rechts erwerben könne.
Eine Einigung über den Einzelpreis geht allerdings der gesetzlichen Regelung des § 467 BGB vor (OLG Celle vom 1.11.2007 – 2 U 139/07 –, WuM 08, 292).
Beim Verkauf mehrerer Wohnungen im Paket ist die Vereinbarung eines besonders hohen Einzelpreises für eine bestimmte Wohnung dem Mieter gegenüber unwirksam (§§ 138, 139 BGB). Dieser kann die Wohnung nach dem nach § 467 BGB zu bemessenden (am Verkehrswert orientierten) anteiligen Kaufpreis erwerben (BGH vom 15.6.2005 – VIII ZR 271/04).
Der Vorkaufsverpflichtete, also der Vermieter, könne jedoch – darauf weist der BGH abschließend hin – gemäß § 467 Satz 2 BGB verlangen, dass der Vorkauf auf alle Gegenstände beziehungsweise auf das gesamte Grundstück erstreckt werde, wenn nach Abtrennung der vorkaufsbelasteten Gegenstände lediglich ein isoliert nicht sinnvoll nutzbarer Gegenstand verbliebe, für den sich kein adäquater Preis erzielen ließe (so auch schon BGH vom 23.6.2006 – V ZR 17/06 –). Dass der Verkauf im „Paket“ für den Verkäufer vorteilhaft ist, reicht für dieses Verlangen allerdings nicht aus (BGH vom 27.1.2012 – V ZR 272/10 –).
15.05.2017