Leitsatz:
Im Verfahren der Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete (§ 558 Abs. 1 BGB) bestimmt sich die der Berechnung der Kappungsgrenze (§ 558 Abs. 3 BGB) zugrunde zu legende Ausgangsmiete auch im Falle einer Mietminderung wegen eines nicht behebbaren Mangels in Form nicht unerheblicher Wohnflächenabweichung (§ 536 Abs. 1 BGB) nach der vertraglich vereinbarten Miete.
BGH vom 17.4.2019 – VIII ZR 33/18 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 18 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der Vermieter verlangte vom Mieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung nach § 558 BGB. Im Mietvertrag war die Wohnfläche mit 94,5 Quadratmetern angegeben. Tatsächlich war die Wohnung nur 84 Quadratmeter groß. Es ging vor Gericht darum, wie sich die Wohnflächenabweichung auf die Mieterhöhung auswirkt. Geklärt ist mittlerweile nach nunmehr eindeutiger Rechtsprechung des BGH, dass es für die ortsübliche Miete auf die tatsächliche Wohnfläche und nicht auf die vereinbarte ankommt, die ortsübliche Quadratmetermiete aus dem Mietspiegel hier also „nur“ mit 84 zu multiplizieren war.
Ungeklärt war bislang hingegen, ob eine Mietminderung wegen Wohnflächenabweichung sich auf die Berechnung der 15-prozentigen Kappungsgrenze auswirkt. Anders als bei der Mieterhöhung – wo es wie gesagt immer auf die genaue tatsächliche Wohnfläche ankommt – gibt es für die Annahme eines Wohnflächenmangels eine 10-prozentige Kulanz: Erst ab einer Differenz von 10 Prozent oder mehr kann gemindert werden.
Der Mieter argumentierte: Da die Wohnfläche tatsächlich 11 Prozent geringer sei als im Mietvertrag vereinbart, sei bei der Berechnung der Kappungsgrenze eine entsprechend geminderte Ausgangsmiete anzusetzen. Es war also unter zwei Berechnungsmöglichkeiten zu entscheiden: 15 Prozent berechnet von der vereinbarten Miete vor drei Jahren oder 15 Prozent berechnet von der geminderten Miete vor drei Jahren.
Der BGH teilte die Auffassung des Mieters nicht.
Der Berechnung der Kappungsgrenze sei die vertraglich vereinbarte und nicht eine nach § 536 Abs. 1 BGB infolge erheblicher Wohnflächenabweichung geminderte Miete zugrunde zu legen. Mietminderungen blieben bei der für die Berechnung der Kappungsgrenze maßgebenden Ausgangsmiete unberücksichtigt. Das gelte auch bei nicht unerheblichen Wohnflächenabweichungen. Auf den Umstand, dass derartige Mängel unbehebbar seien, komme es nicht an.
Die Kappungsgrenze des § 558 BGB solle verhindern, dass die Mietsteigerung in Einzelfällen ein zu starkes Ausmaß annehme. Sie diene mithin dazu, einen zu raschen Anstieg solcher Mieten, die bislang erheblich unter der ortsüblichen Vergleichsmiete lagen, zum Schutz der betroffenen Mieter zu vermeiden. Gerade in diesen Fällen gewähre allein die Begrenzung einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete (§ 558 Abs. 1 Satz 1 BGB) keinen hinreichenden Schutz zugunsten des Mieters. Die Kappungsgrenze sei daher eine zweite, selbstständig einzuhaltende Obergrenze für Mieterhöhungen nach § 558 BGB und diene dem Schutz des Mieters in wirtschaftlicher Hinsicht.
Dieser Schutz vor einem zu raschen Anstieg seiner Zahlungspflichten orientiere sich jedoch an der Miete, zu deren Begleichung sich der Mieter vertraglich verpflichtet habe. Diese anfängliche oder während des laufenden Mietverhältnisses vereinbarte Miete habe der Mieter durch eigene Entscheidung übernommen und für sich als wirtschaftlich tragfähig angesehen. Hieran bemesse sich sein Schutz vor einer finanziellen Überforderung im Rahmen der jeweiligen Mietsteigerung.
Ohnehin werde die Wohnflächenabweichung bei der weiteren Grenze der Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete berücksichtigt. Die Größe der Wohnung (§ 558 Abs. 2 Satz 1 BGB) sei nach der tatsächlichen und nicht nach der vertraglich vereinbarten Wohnfläche zu berechnen. Somit werde an dieser Stelle den schutzwürdigen Belangen des Mieters hinreichend Rechnung getragen und im Ergebnis vermieden, dass er eine im Verhältnis zur Wohnfläche überhöhte Miete zahle.
17.06.2019