Stand 3/23
Auch normalverdienende Haushalte können Betriebskostennachforderungen vom Jobcenter erstattet bekommen
Im Folgenden wenden wir uns an Mieterinnen und Mieter, die noch keine Leistungen vom Jobcenter bezogen haben. Wegen der derzeitigen Energiekrise werden aber auch diese Haushalte mit extrem hohen Nachforderungen aus ihrer Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung konfrontiert werden.
Unter den nachfolgend aufgeführten Bedingungen können aber auch Haushalte mit „normalem“ Erwerbseinkommen die Nachforderung (zumindest teilweise) vom Jobcenter erstattet bekommen. Diese Rechtslage bestand zwar schon seit dem 1.3.2020 (vgl. § 67 Sozialgesetzbuch (SGB) II, bzw. § 141 SGB XII), spielte aber wegen der bis zum Herbst 2022 in der Regel eher moderaten Nachforderungen bei „normalem“ Einkommen praktisch keine Rolle. Das ändert sich nun künftig.
Mit Einführung des Bürgergeldes zum 1.1.2023 ergibt sich der Anspruch nunmehr aus § 22 Abs. 1 SGB II. Das Bürgergeld ersetzt das Arbeitslosengeld II (ALG II bzw. „Hartz 4“).
Folgende Fragen behandelt dieser Artikel:
- Bürgergeld, obwohl man erwerbstätig ist?
- Wie wird die Höhe des Anspruchs berechnet?
- Erstattung der Nachzahlung, obwohl man in den Monaten vorher, aber auch in den nachfolgenden Monaten keinen Anspruch auf das Bürgergeld hat?
- Erstattung der Nachzahlung, obwohl man die erhöhten Vorschüsse nicht erstattet bekommen hätte?
- Erstattung der Nachzahlung, obwohl man als Normalverdiener genug Vermögen hat, um die Nachzahlung auszugleichen?
- Erstattung der Nachzahlung, obwohl die Bruttowarmmiete weit über den Angemessenheitsgrenzen der AV-Wohnen liegt?
- Erstattung der Nachzahlung auch noch nachträglich möglich?
- Erstattung der Nachzahlung an den Energiedienstleister (Gas/Strom)?
- Wo und wie wird der Antrag gestellt?
- Maßgebliche Vorschriften
1. Bürgergeld, obwohl man erwerbstätig ist?
Grundsätzlich schließt eine volle Erwerbstätigkeit einen Anspruch auf Leistungen nach Maßgabe des Bürgergeldes nicht aus.
Neben den aus einer Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften können zusätzlich Leistungen gemäß SGB II gewährt werden (sogenannnte „Aufstocker“, auch „ergänzendes Bürgergeld“ genannt, vgl. § 11 b Abs. 2 SGB II und § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der ab 1.7.2023 geltenden Fassung), unter der Voraussetzung, dass die Höhe dieser Einkünfte nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt sicherzustellen, wenn also das Einkommen der Bedarfsgemeinschaft unter der Bedarfsgrenze für das Bürgergeld liegt.
Im Prinzip kann also jeder, der ein eigenes Einkommen hat, Bürgergeld beantragen. Also nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Selbständige, Studenten. Rentner können in einem solchen Fall temporär Grundsicherung im Alter nach SGB XII beantragen.
Beachte aber: Solange durch einen Wohngeldbezug die Hilfsbedürftigkeit nach SGB II beseitigt werden kann, ist der Wohngeldbezug vorrangig (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 WoGG).
2. Wie wird die Höhe des Anspruchs berechnet?
Grundlage der Berechnung für die „Aufstockung“ ist einerseits die Bedarfs- und andererseits die Einkommensberechnung.
Der Bedarf wird genauso berechnet wie bei Personen ohne eigene Einnahmen und richtet sich nach den §§ 20 bis 22 SGB II: Regelsatz plus Bruttowarmmiete plus Betriebskosten-/Heizkostennachzahlung.
Regelsätze ab 1.1.2023:
Alleinstehende Person: 502,00 €
Eheliche oder nichteheliche Partner einer Lebensgemeinschaft: 451,00 €
Kinder ab 18 Jahren: 402,00 €
Kinder im Alter von 14 bis 17 Jahren: 420,00 €
Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren: 348,00 €
Kinder bis einschließlich 5 Jahren: 318,00 €
Vom Bruttoeinkommen sind prinzipiell und ausschließlich nur die Beiträge für die Sozialversicherungen (wie Renten-, Kranken- oder Pflegeversicherung) sowie die Steuern auf das Einkommen (wie Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag oder Kirchensteuer) abzuziehen – nur so ergibt sich das für die Berechnung relevante Nettoeinkommen.
Vom Einkommen sind weiterhin noch die Freibeträge nach § 11 b Abs. 2 und 3 SGB II abzuziehen, die 300 € bzw. 330 € bei minderjährigem Kind in der Bedarfsgemeinschaft betragen (Ab 1.7.2023 werden die Freibeträge noch etwas aufgestockt; zu weiteren Einzelheiten: Lies den gesamten § 11 b SGB II).
Berechnungsbeispiel
M. (30 Jahre alt, Single) hat ein Einkommen in Höhe von 2.500,00 €/brutto (= 1.736 €/netto) und eine Bruttowarmmiete von 750,00 €. M. erhält eine Betriebs- und Heizkostenabrechnung über eine Nachzahlung in Höhe von 2.000 €, die er im Monat Mai 2023 bezahlen soll. M. erhält kein Wohngeld.
502,00 € Regelsatz für Alleinstehende
750,00 € Bruttowarmmiete
2.000,00 € Nachzahlung
3.252,00 € Ergebnis Existenzminimum im Monat der Fälligkeit der Betriebs- und Heizkostenabrechnung
– 1.436,00 € Anrechnung bereinigte Einkünfte nach § 11 b SGB II
Daraus folgt: 1.816,00 € Anspruch auf Sozialleistungen im Monat der Fälligkeit der Betriebs- und Heizkostenabrechnung
Ohne die Nachforderung aus der Betriebs- und Heizkostenabrechnung hätte M. keinen Anspruch auf Bürgergeld.
3. Erstattung der Nachzahlung, obwohl man in den Monaten vorher, aber auch in den nachfolgenden Monaten keinen Anspruch auf das Bürgergeld hat?
Nachforderungen auf Nebenkosten gehören grundsätzlich im Fälligkeitsmonat zum aktuellen Bedarf einer weiterhin bewohnten Wohnung. Nach dem Monatsprinzip ist der Leistungsanspruch auf eine kalendermonatsweise Betrachtung angelegt und sind die Bedarfe eines Monats den Bedarfsdeckungsmöglichkeiten dieses Monats gegenüberzustellen; eine Unterdeckung in diesem Zeitraum begründet den Leistungsanspruch für diesen Monat (Bundesozialgericht (BSG) v. 8.5.2019 – B 14 AS 20/18 R -).
Verpflichtungen aus einem bestehenden Mietverhältnis, die bereits vor Eintritt der Bedürftigkeit begründet worden sind, aber erst nach Eintritt der Bedürftigkeit fällig werden, gehören zu den übernahmefähigen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im laufenden Bewilligungszeitraum (BSG v. 24.11.2011 – B 14 AS 121/10 R -).
Das Monatsprinzip kann allerdings auch dazu führen, dass eine Übernahme der Nachzahlung ausscheidet, weil in dem Monat der Fälligkeit der Nachzahlung der Mieter – beispielsweise wegen der Weihnachtsgeldzahlung oder der Auszahlung von Überstunden – ein wesentlich höheres Einkommen hatte als in den anderen Monaten des Jahres.
4. Erstattung der Nachzahlung, obwohl man die erhöhten Vorschüsse nicht erstattet bekommen hätte?
Wurde beispielsweise statt der Nachforderung von 2.000 € von Anfang an eine Erhöhung der Vorauszahlungen von monatlich 166,67 vereinbart, ist aufgrund des für § 22 SGB II geltende Monatsprinzip das zu deckende Existenzminimum im Antragsmonat um 1.833,33 € niedriger, was natürlich zu einer niedrigeren – in der Regel aber zu gar keiner – Erstattung durch das Jobcenter führt.
Dies ist ein weiterer Grund, warum die Erhöhung von Vorschüssen für Mieter nachteilig ist.
Aber Achtung: Hat der Vermieter eine Anhebung der Vorauszahlungen nach § 560 Abs. 4 BGB in wirksamer Weise verlangt und ist der Mieter dem nicht durch Zahlung nachgekommen, ist für den dadurch entstehenden Teil der Nachforderung eine Übernahme nach § 22 Abs. 1 SGB II ausgeschlossen.
Wenn der Hilfebedürftige seinen fälligen Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis in Zeiträumen nicht nachkommt, in denen er keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezogen hat, sind solche Belastungen als Schulden anzusehen und in der Regel nicht übernahmefähig (vgl. BSG v. 24.11.2011 – B 14 AS 121/10 R -).
5. Erstattung der Nachzahlung, obwohl man als Normalverdiener genug Vermögen hat, um die Nachzahlung auszugleichen?
Ab 1.1.2023 gilt nach § 12 Abs. 3 SGB II, dass innerhalb des ersten Jahres nach Leistungsbezug unerhebliches Vermögen nicht eingesetzt zu werden braucht.
Als unerheblich gelten gemäß § 12 Abs. 4 SGB II grundsätzlich 40.000 € für den Antragsteller sowie für jedes weitere Haushaltsmitglied 15.000 €.
Die Bundesagentur für Arbeit geht allerdings in ihrer fachlichen Weisung zu § 12 SGB II in RN 12.42 davon aus, dass bei der Inanspruchnahme des Bürgergeld für nur einen Monat lediglich das allgemeine Schonvermögen gemäß § 12 Abs. 2 SGB II von 15.000 € pro Person anzusetzen ist. Diese Rechtsfolge soll sich aus § 12 Abs. 6 SGB II ergeben
Nur wenn das Vermögen über dieser Erheblichkeitsgrenze liegt, besteht insoweit kein Anspruch auf Sozialleistungen.
6. Erstattung der Nachzahlung, obwohl die Bruttowarmmiete weit über den Angemessenheitsgrenzen der AV-Wohnen liegt?
An einer hohen Miete scheitert die Übernahme der Nachzahlung grundsätzlich nicht:
In § 22 Absatz 1 Sätze 2 und 3 SGB II ist bestimmt, dass die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft für die Dauer von einem Jahr nach erstmaligem Leistungsbezug als angemessen gelten. Selbst wenn die Unterkunftskosten nach Auffassung der Behörde viel zu hoch sind, darf die Kostensenkungsaufforderung erst nach Ablauf der Karenzzeit ergehen und zwar mit einer Frist von sechs Monaten.
Im Ergebnis sollte die neue Karenzzeit bei den Wohnkosten viele Menschen im Leistungsbezug zumindest 18 Monate vor Kürzungen bei den Unterkunftskosten schützen. Achtung: Für die Heizkosten gilt keine Karenzzeit! Hier richtet sich in Berlin die Angemessenheit der Heizkosten im Regelfall nach den Werten der AV-Wohnen (siehe unser Info Nr. 136). Für die Bruttokaltmiete hingegen sind die sog. Mietobergrenzen nach den AV-Wohnen für ein Jahr nicht anzuwenden.
7. Erstattung der Nachzahlung auch noch nachträglich möglich?
Nein. Der Bürgergeld-Antrag muss im Fälligkeitsmonat der Nachforderung gestellt werden. Der Antrag muss also beim Jobcenter auch zwingend in diesem Monat eingehen. Geht der Antrag zu spät ein, entfällt der Anspruch.
Allerdings reicht es für Anträge auf Übernahme der Nachforderung aus Jahresabrechnungen von Heizenergiekosten, die bis zum 31.12.2023 gestellt werden, aus, dass sie bis zum Ablauf des dritten Monats nach dem Fälligkeitsmonat gestellt werden (§ 37 Abs. 2 SGB II). Die Drei-Monatsfrist gilt nicht für kalte Betriebskostenabrechnungen.
Nach Punkt 3.3.2 Abs. 1 AV-Wohnen richtet sich die Fälligkeit der Nachforderung in der Regel nach der dem Nachforderungsschreiben zu entnehmenden Frist.
Da Betriebskostennachforderungen mit Zugang beim Mieter fällig werden, wenn der Vermieter keine Frist einräumt (BGH v. 8.3.2006 – VIII ZR 78/05 -), stellt sich die Frage, wie praktisch vorzugehen ist, wenn beispielsweise die Nachzahlung am 31. des Monats beim Mieter eingeht und deshalb eine rechtzeige Antragstellung beim Jobcenter in diesem Monat äußert schwierig werden dürfte.
Lösung: Durch mieterseitige Anforderung der Belegeinsicht wird ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht, welches den Anspruch auf Nachzahlung bis zur Belegeinsicht „aufschiebt“. Hierbei ist als Höchstdauer für die Zurückbehaltung eine Frist von 30 Tagen (analog zu § 286 Abs. 3 BGB) nach Zugang der Betriebskostenabrechnung anzusetzen.
Auch aus sozialrechtlichen Gründen ist dem Mieter eine Frist zur Überprüfung der Betriebskostenabrechnung einzuräumen, da unbegründete Nachforderungen selbstverständlich nicht vom Jobcenter übernommen werden (siehe Punkt 3.3.2 Abs. 4 AV-Wohnen). Erst nach Überprüfung der Abrechnung wird der Antrag beim Jobcenter gestellt, wobei maßgeblicher Zeitpunkt für die Bürgergeld-Berechnung der zurückliegende Monat der Fälligkeit bleibt.
8. Erstattung der Nachzahlung an den Energiedienstleister (Gas/Strom)?
Soweit sich die Nachzahlung – beispielsweise der GASAG – auf die Heizung bezieht, gilt nichts Abweichendes im Vergleich zur Übernahme vermieterseitiger Nachforderungen.
Wird mit der dezentralen Warmwasserbereitungsanlage ausschließlich Warmwasser erzeugt, gibt es dafür einen (geringen) Mehrbedarf zum Regelbedarf gemäß § 21 Absatz 7 SGB II bzw. § 30 Absatz 7 SGB XII
Für die Nachzahlung an den Stromversorger gilt:
Auf der Grundlage des § 22 Abs. 1 SGB II kommt die Übernahme von Stromkosten dann in Betracht, wenn es sich um Heizstrom handelt (BSG v. 19.2.2009 – B 4 AS 48/08 R-). Auch der Betriebsstrom des Heizgerätes wird dann übernommen (BSG v. 9.6.2011 – B 4 AS 56/11 B -).
Existiert – wie meistens – kein Zwischenzähler, womit der Heizstrom getrennt vom übrigen Haushaltsstrom ermittelt werden kann, muss gemäß § 202 SGG i.V.m. § 287 Abs. 2 ZPO geschätzt werden (BSG v. 20.8.2009 – B 14 AS 41/08 R -). Ist eine zuverlässige Schätzung nicht möglich, sind die Leistungen nach § 22 Abs. 1 SGB II nicht etwa um einen aus der Regelleistung ermittelten Anteil für Haushaltsenergie zu kürzen (BSG v. 24.11.2011 – B 14 AS 151/10 R -).
Im Hinblick auf Heizstrom besteht daher kein Unterschied zur Übernahme vermieterseitiger Nachforderungen
Wird aber mit der dezentralen Warmwasserbereitungsanlage (z.B. Boiler) ausschließlich Warmwasser erzeugt, gibt es dafür nur einen (geringen) Mehrbedarf zum Regelbedarf gemäß § 21 Absatz 7 SGB II bzw. § 30 Absatz 7 SGB XII.
9. Wo und wie wird der Antrag gestellt?
Um die Bürgergeld-Aufstockung zu erhalten, ist ein Antrag vonnöten. Dieser wird an das zuständige Jobcenter gerichtet.
In Berlin gibt es insgesamt 12 Jobcenter, welche für alle Bürgerinnen und Bürger der einzelnen Bezirke Leistungen erbringen. Zuständig ist das bezirkliche Jobcenter, das im Bezirk des Wohnsitzes (nicht der Arbeitsstelle) des Antragstellers liegt.
Über die Jobcenter Suche https://web.arbeitsagentur.de/portal/metasuche
finden Sie mit Ihrer Postleitzahl das richtige Jobcenter.
Der Antrag kann zunächst formlos an das Jobcenter gerichtet werden (… „Hiermit beantrage ich die in diesem Monat fällig werdende Betriebskostennachzahlung im Rahmen des ergänzenden Bürgergeldes übernommen zu bekommen.“ …). Zusätzlich sollte die Betriebskostenabrechnung mit der Nachforderung in Kopie beigelegt werden.
Damit der rechtzeitige Eingang des Antrags (siehe Punkt 7) bewiesen werden kann, ist das Schriftstück mittels Einschreiben mit Rückschein zu versenden oder aber in den Briefkasten des Jobcenters einzuwerfen, wobei ein Zeuge, der nicht Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ist, den Einwurf bestätigen können sollte. Nach Eingang des Antrags wird das Jobcenter die nötigen Antragformulare zusenden.
Wer sich vorab über die Formulare informieren möchte, kann alle wichtigen Anträge von folgender Homepage herunterladen:
https://www.energie-hilfe.org
Die Antragsformulare müssen dann innerhalb der vom Jobcenter angegebenen Frist ausgefüllt und dem Jobcenter wieder zugesandt werden. Sollte diese Frist nicht eingehalten werden können, z.B. weil noch Unterlagen fehlen, ist beim Jobcenter eine Fristverlängerung zu beantragen, das Jobcenter sonst den Antrag wegen fehlender Mitwirkung ablehnen kann. Das Ausfüllen der Antragsformulare stellt sozusagen die Antragsbegründung dar.
Es müssen also viele persönliche Nachweise erbracht werden, was vielen unangenehm sein dürfte, möglicherweise auch als unangemessen erachtet wird, weil der Aufwand ja nur für die einmalige (teilweise) Erstattung der Nachforderung getrieben werden muss.
Das Abwägungsergebnis, ob sich der Antrag „lohnt“ hängt also nicht nur von der Höhe des Erstattungsbetrages ab, sondern auch von der subjektiven Zumutbarkeit des Aufwandes der Antragstellung.
Sozialrechtsberatung des Berliner Mietervereins
Wer seine Chancen auf einen „positiven“ Bescheid vorab prüfen lassen will oder wer bei der Ausfüllung der Antragsformulare Schwierigkeiten hat, kann bei der Sozialrechtsberatung des Berliner Mietervereins unter der Telefon 030-226 26 0 einen Termin buchen. Achten Sie darauf, dass Sie nicht durch eine zu späte Terminierung der Sozialrechtsberatung etwaige Fristen versäumen.
Und noch etwas: Kommen Sie zum Termin der Sozialrechtsberatung bitte nicht mit völlig leeren, unausgefüllten Antragsformularen, sondern füllen Sie die Formulare bitte so weit wie möglich schon vorher aus. Die meisten Fragen werden Sie beantworten können.
Haben Sie schließlich die vollständig ausgefüllten Formulare an das Jobcenter gesandt, kann es einige Zeit dauern, bis Sie einen Bescheid bekommen.
Hierfür hat das Jobcenter bis zu sechs Monaten nach der Antragstellung Zeit. Werden diese sechs Monate vom Jobcenter nicht eingehalten, kann – bis auf wenige Ausnahmen – beim zuständigen Sozialgericht eine sogenannte Untätigkeitsklage erhoben werden, mit der das Jobcenter gerichtlich verpflichtet wird, über den Übernahmeantrag zu entscheiden (§ 88 SGG). In begründeten Einzelfällen kann das Jobcenter schon vorher durch einen einstweiligen Rechtschutzantrag beim Sozialgericht vorläufig zu einer darlehensweisen Bewilligung verpflichtet werden. Nehmen Sie hierzu die Rechtsberatung in Anspruch, damit nicht unnötige Klagen erhoben werden.
Ist der Bescheid abschlägig oder scheint er inhaltlich fehlerhaft zu sein, können Sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen (lesen Sie die Rechtbehelfsbelehrung auf der Rückseite des Bescheides).
Wird auch Ihrem Widerspruch nicht stattgegeben, können Sie dagegen innerhalb eines Monats vor dem Sozialgericht klagen.
Das Verfahren vor dem Sozialgericht ist u.a. für Leistungsempfänger nach § 183 SGG kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind.
Es versteht sich, dass Sie in beiden Fällen vorab eine Rechtberatung in Anspruch nehmen sollten.
10. Maßgebliche Vorschriften
§ 12 SGB II – Berücksichtigung von Vermögen
… (3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.
(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.
…
§ 14 SGB II – Grundsatz des Förderns [Fassung ab 1.7.2023]
(1) Die Träger der Leistungen nach diesem Buch unterstützen erwerbsfähige Leistungsberechtigte umfassend und nachhaltig mit dem Ziel der Eingliederung in Arbeit und Überwindung der Hilfebedürftigkeit. Dies gilt sowohl für arbeitslose als auch für nicht arbeitslose erwerbsfähige Leistungsberechtigte. …
§ 22 SGB II – Bedarfe für Unterkunft und Heizung
(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt …
17.03.2023