Stand: 1/24
Anlässlich des Wechsels von Vermietern oder deren Hausverwaltungen treten bei Mietern immer wieder Fragen auf. Auch der Tod eines Vermieters kann Fragen auslösen, wie sich der Mieter verhalten kann, so dass ihm keine Probleme bei der Fortführung des Mietverhältnisses entstehen.
Ungute Praxis ist es beispielsweise, dass sich eine Hausverwaltung bei den Mietern verabschiedet, eine neue aber auf sich warten lässt, oder sich überraschend eine neue Hausverwaltung oder ein neuer Vermieter meldet, ohne sich ausreichend zu legitimieren. Und zugleich ist von der alten Hausverwaltung nichts oder nur Unklares zu erfahren. Mieter hören auch mitunter, dass ein Eigentumswechsel am Haus vorläge, nur die Grundbuchämter allzu lange mit der Eintragung benötigen würden oder das die Vermieterrechte bereits allein durch den Kaufvertrag auch ohne grundbuchrechtliche Eintragung auf den Erwerber übergegangen seien. Im Todesfall des Vermieters melden sich in kurzer Zeitfolge verschiedene Personen, die sich als Erben ausgeben und die Miete verlangen oder beispielsweise Modernisierungen ankündigen.
In solchen und vergleichbaren Fällen weiß der Mieter oft nicht, wer denn nun das Recht, Miete entgegenzunehmen tatsächlich für sich beanspruchen darf. Muss oder darf die Miete in all diesen unsicher erscheinenden Fällen sicherheitshalber bei Gericht hinterlegt werden, damit dem Mieter nichts passieren kann?
Aus der Vielzahl der denkbaren Fälle wollen wir hier einige typische herausgreifen und Lösungsmöglichkeiten aufzeigen:
1. Im Falle des Wechsels der Hausverwaltung, wobei der Eigentümer des Hauses – in der Regel der Vermieter – identisch bleibt, ändert sich mietrechtlich für den Mieter gar nichts. Lediglich einige praktische Belange, wie die neue Kontonummer für Mieteinzahlungen oder neue Partner für Mängelanzeigen sind von Bedeutung. Der Mieter sollte die neue Hausverwaltung allerdings erst akzeptieren, wenn Sie sich unter Vorlage einer Originalvollmacht des Vermieters und nach Benennung des Zeitpunktes der Aufnahme ihrer Tätigkeit ausreichend legitimiert hat. Guter Stil wäre es zudem, wenn der Vermieter oder die alte Hausverwaltung den Wechsel ausreichend vorher unter Hinweis auf die Nachfolgerin ankündigen würden.
2. Wechselt der Vermieter, so tritt der Erwerber nach § 566 BGB entsprechend dem Grundsatz: „Kauf bricht nicht Miete“ in alle Rechte und Verpflichtungen des Mietverhältnisses ein (siehe Info Nr. 27). Der Erwerber hat sich dabei durch einen aktuellen beglaubigten Grundbuchauszug auszuweisen. Sollte der Erwerber schon zuvor gegenüber dem Mieter auftreten wollen, benötigt er dazu die schriftliche Bevollmächtigung des bisherigen noch im Grundbuch eingetragenen Eigentümers. Ist nach einem Grundstücksverkauf der Eigentümerwechsel dem Mieter nicht vom Veräußerer angezeigt worden, muss der Erwerber, der Anspruch auf den Mietzins geltend macht, seinen Anspruch urkundlich, zum Beispiel durch Vorlage eines Grundbuchauszuges, nachweisen; die Mitteilung durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt, er habe Grundbucheinsicht genommen, reicht nicht zum Nachweis aus (LG Kaiserslautern WuM 85, 229).
Bei voreiligen Mietzahlungen an den künftigen Eigentümer ist äußerste Vorsicht geboten, wenn die erwähnte Berechtigung nicht nachgewiesen ist. Möglicherweise wird an den falschen gezahlt, ohne dass damit die mietvertragliche Zahlungsverpflichtung erfüllt ist, so dass der aktuelle Eigentümer/Vermieter die Zahlungen vom Mieter nochmals an sich verlangen kann.
3. Stirbt der Vermieter, so stellt sich die Frage nach den Erben. Wie ein Erwerber setzen auch die Erben das Mietverhältnis unverändert fort. Meldet sich eine neue Hausverwaltung unter Vorlage einer Vollmacht eines angeblichen Erben, genügt dies zur Legitimierung nicht. Immerhin könnten noch weitere Erben existieren, die diese Rechte auch für sich in Anspruch nehmen. Deshalb schafft hier nur die Vorlage des Erbscheins Klarheit. Ergeben sich daraus mehrere Personen, so sind diese entweder nur gemeinsam handlungsfähig (alle müssen zum Beispiel eine Mieterhöhungserklärung gemeinsam unterzeichnen) oder sie bevollmächtigen einen Erben aus ihrer Mitte oder eine Hausverwaltung zu ihrer Vertretung. Der so Bevollmächtigte muss dem Mieter die entsprechenden Vollmachten im Original vorlegen. Herrscht über die Erbschaft noch Unklarheit und liegt ein Erbschein nicht vor, begehren aber dessen ungeachtet bereits Personen die Mietzahlungen, so sollte der Mieter nie zahlen, sondern die Miete entweder abrufbereit ansparen oder bei Gericht hinterlegen.
§ 372 BGB
Geld, Wertpapiere und sonstige Urkunden sowie Kostbarkeiten kann der Schuldner bei einer dazu bestimmten öffentlichen Stelle für den Gläubiger hinterlegen, wenn der Gläubiger im Verzuge der Annahme ist. Das gleiche gilt, wenn der Schuldner aus einem anderen in der Person des Gläubigers liegenden Grunde oder infolge einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Ungewissheit über die Person des Gläubigers seine Verbindlichkeit nicht oder nicht mit Sicherheit erfüllen kann.
§ 378 BGB
Ist die Rücknahme der hinterlegten Sache ausgeschlossen, so wird der Schuldner durch die Hinterlegung von seiner Verbindlichkeit in gleicher Weise befreit, wie wenn er zur Zeit der Hinterlegung an den Gläubiger geleistet hätte.
Die gerichtliche Hinterlegung (§§ 372 ff. BGB sowie Berliner Hinterlegungsgesetz, GVBl. 2011, Seite 106) steht einer Erfüllung der Mietzahlungspflicht gegenüber dem Vermieter – wer immer dies auch sei – gleich, so dass der Mieter jedenfalls abgesichert ist. Ein zur Kündigung berechtigender Zahlungsverzug tritt nicht ein, wenn der Mieter berechtigterweise die Miete hinterlegt (LG Kaiserslautern WuM 85, 229).
Amtsgericht Tiergarten
Kirchstraße 6
10557 BerlinZimmer 6019 (Geschäftsstelle)
Telefon: +49 (0)30 9014-6406
Öffnungszeiten der Hinterlegungsstelle:
Montag – Freitag: 09:00 – 13:00 Uhr
und ggfs. außerhalb der Öffnungszeiten nach vorheriger telefonischer Vereinbarung
„Hinterlegung“ bei anderer Stelle als beim Amtsgericht hilft nicht: Der Mieter kommt bei Zweifeln über die Person des Vermieters auch dann mit der Leistung des Mietzinses in Verzug, wenn er diesen statt durch Hinterlegung mit Rücknahmeverzicht – §§ 372, 378 BGB – zu treuen Händen an seinen Prozessbevollmächtigten zahlt (LG Wuppertal DWW 88, 252).
Natürlich kann der Mieter nicht in jedem Falle möglicher Unklarheit über die Legitimation seines Vermieters oder der beauftragten Hausverwaltung sogleich seine Miete bei Gericht hinterlegen. Der Mieter ist nur dann zur Hinterlegung der Miete berechtigt, wenn er entschuldbarerweise keine Kenntnis davon hat, wer Gläubiger der Mietzinsforderung ist (AG Köln WuM 75, 69).
Auch wenn sich das Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter so angespannt hat, dass der Mieter keinen Kontakt mehr zum Vermieter haben möchte, stellt dies keinen Hinterlegungsgrund dar. Grundsätzlich muss sich der Mieter bei solchen Unklarheiten über die Vermieterstellung auch selbst – beispielsweise durch Einsicht in das Grundbuch – Klarheit verschaffen (siehe Info Nr. 118), um seiner Mietzahlungspflicht ordnungsgemäß nachkommen zu können. Besonders bei nachträglich auftretenden Zweifeln wird er hierzu verpflichtet sein.
Mit den Worten des Bundesgerichtshofes gesprochen gilt folgender Grundsatz: „Der Schuldner ist wegen Ungewissheit über die Person des Gläubigers zur Hinterlegung berechtigt, wenn eine mit verkehrsüblicher Sorgfalt vorgenommene Prüfung zu begründetem Zweifel über die Person des Gläubigers führt, deren Behebung auf eigene Gefahr dem Schuldner nicht zugemutet werden kann, Dabei dürfen die Anforderungen an die Prüfungspflicht des Schuldners nicht überspannt werden.“ (BGH v. 28.01.1997 – XI ZR 211/95 -, WPM 97, 515 = NJW 97, 1501).
Da die Mietzahlungspflicht nach § 535 Abs. 2 BGB eine Hauptpflicht des Mieters darstellt, ist bei unterlassener Zahlung, gleich aus welchen Gründen, immer äußerste Vorsicht angeraten, da schwerwiegende Folgen bis hin zur fristlosen Kündigung (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, S. 2 BGB) drohen können. Natürlich können die hier angerissenen Probleme die Spezifik des konkreten Einzelfalles nicht ausreichend widerspiegeln, so dass vor allem immer dann, wenn sich die unklare Rechtslage auch zeitlich über einen Mietzahlungstermin hinaus erstreckt, unbedingt die Rechtsberatung des Berliner Mietervereins aufgesucht werden sollte.
Übrigens gibt es für Mieter keine Veranlassung, allein wegen des Wechsels des Vermieters oder gar nur der Hausverwaltung auf das Angebot zum Abschluss eines neuen Mietvertrages einzugehen, da die alten Verträge in allen Fällen fortgelten und neue in der Regel eine Schlechterstellung des Mieters nach sich ziehen (siehe Info Nr. 27).
10.02.2024