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Rund 50.000 Mobilfunkantennen soll es bereits auf Deutschlands Dächern geben. Für Vermieter und Wohnungsgesellschaften ist es finanziell zunächst einmal attraktiv, einen Sendemast auf ihrem Haus errichten zu lassen. Bis zu 20.000 Euro Mieteinnahmen pro Jahr und Antenne sind hierfür zu erzielen. Die Mieter des Hauses haben davon in der Regel nichts. Im Gegenteil sie befürchten gesundheitliche Schäden durch die von den Sendeanlagen ausgehende Strahlung, den sogenannten Elektrosmog.
Folgende Fragen behandelt dieser Artikel:
Furcht vor gesundheitlichen Schäden (Elektrosmog)
Ob tatsächlich von den Mobilfunkantennen gesundheitliche Schäden ausgehen können, ist wissenschaftlich nicht abschließend geklärt.
Mit der 26. BImSchV („Elektrosmog-Verordnung“) vom 14.8.2013 (BGBl. I, S. 3266) gibt es allerdings verbindliche Grenzwerte für Mobilfunksendeanlagen. Die Verordnung regelt die Errichtung und den Betrieb von Hochfrequenz- und Niederfrequenzanlagen, die gewerblichen Zwecken dienen oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden. Sie soll die Allgemeinheit und insbesondere die Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch elektromagnetische Felder schützen.
Neben der Einhaltung der Grenzwerte nach der 26. BImSchV ist für die Errichtung einer Mobilfunksendeanlage in einigen Bundesländern in der Regel auch eine Baugenehmigung erforderlich. In Berlin ist die Errichtung kleinerer Anlagen hingegen ohne Baugenehmigung zulässig (§ 62 Abs. 1 Nr. 3 und 4 BauO Bln).
Grenzwerte als Beurteilungsmaßstab
Die Einhaltung der derzeitigen Grenzwerte der 26. BImSchV führt dazu, dass die Mobilfunkanlage rechtlich nicht angreifbar ist. Dies ist jedenfalls die so gut wie einhellige Ansicht in der Rechtsprechung: Mit Einhaltung der in der 26. BImSchV verbindlich festgelegten Grenzwerte kann danach eine Gesundheitsgefahr sowohl durch thermische als auch durch mögliche athermische Wirkungen elektromagnetischer Felder nach dem Stand der gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnis ausgeschlossen werden.
Bei einer von einer Mobilfunksendeanlage ausgehenden Beeinträchtigung durch elektromagnetische Felder, die die Grenzwerte der 26. BImSchV einhalten, muss der Beeinträchtigte zur Erschütterung der Indizwirkung darlegen – und gegebenenfalls beweisen -, dass ein wissenschaftlich begründeter Zweifel an der Richtigkeit der festgelegten Grenzwerte und ein fundierter Verdacht einer Gesundheitsgefährdung besteht (BGH v. 13.2.2004 – V ZR 217/03).
Die Mobilfunkantenne als Mietmangel
Mietrechtlich stellt sich die Frage, welche Rechte Mieter wegen der Mobilfunksendeanlage auf dem Dach des Mietshauses geltend machen können. Minderungsrechte und Schadensersatzansprüche scheiden von vornherein aus, wenn die Mobilfunkanlage bei Vertragsabschluss vorhanden und dem Mieter bekannt, war (vgl. § 536 b BGB).
Wird die Sendeanlage hingegen erst während des laufenden Mietverhältnisses montiert, stellt sich die Frage, ob in ihr ein Mangel im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB zu sehen ist bzw. ob sie eine Gesundheitsgefährdung im Sinne des § 569 Abs. 1 BGB darstellt.
Aufgrund des Dauerschuldverhältnisses mit seinen Mietern unterliegt der Vermieter besonderen Aufklärungspflichten. Er hat somit dem Mieter die Gefahrlosigkeit der Anlage und den beabsichtigten Standort darzulegen. Der Mieter sollte sich belegen lassen, dass die Errichtung der Basisstation nicht gegen geltendes Baurecht verstößt und dass die Grenzwerte der „Elektrosmog-Verordnung“ eingehalten sind.
Die Grenzwerte der 26. BImSchV wirken sich auch auf die mietrechtlichen Ansprüche aus. Bei der Frage, ob elektromagnetische Felder einen Mangel der Mietsache darstellen, sind die Grenzwerte der 26. BImSchV zu berücksichtigen. Ein Umweltfehler bzw. ein Minderungsgrund der Miete liegt nämlich dann nicht vor, wenn bei der Errichtung eines Mobilfunksenders auf dem Dach des Hauses die Grenzwerte der 26. BImSchV eingehalten sind (BGH v. 15.3.2006 – VIII ZR 74/05).
Der Mieter hat dann nicht die Möglichkeit, den Mietzins wegen eines Mangels zu mindern oder die Wohnung fristlos zu kündigen.
Da die derzeitigen Grenzwerte der 26. BImSchV recht großzügig bemessen sind, dürfte es für Mobilfunkbetreiber auch nicht allzu schwierig sein, die jeweiligen Grenzwerte einzuhalten. Mieter, welche die Einhaltung der Grenzwerte in ihrer Wohnung nachprüfen lassen wollen, müssen daher in den wohl meisten Fällen damit rechnen, dass sie ein Messergebnis bekommen, welches ihnen rechtlich nicht weiter hilft. Darüber hinaus können die Kosten eines solchen messtechnischen Gutachtens leicht 500 € oder mehr betragen.
Soweit der Vermieter für die Errichtung der Mobilfunkantenne auf dem vermieteten Anwesen ein Entgelt erhält, hat der Mieter davon keine Vorteile, auch nicht, wenn er für eine öffentlich geförderte Wohnung („Sozialwohnung“) die Kostenmiete zahlt. Denn die Einnahmen des Vermieters zählen nicht zu den zu berücksichtigenden Erträgen (BGH v. 2.11.2005 – VIII ZR 310/04).
Zusammenfassung
- Eine Mobilfunkantenne auf dem Dach des Hauses stellt einen Mietmangel nur dann dar, wenn die jeweils gültigen Grenzwerte für elektromagnetische Strahlungen überschritten werden.
- Im Normalfall werden diese Grenzwerte aber eingehalten.
- Allein die Angst von Mietern, dass trotz Einhaltung der geltenden Grenzwerte eine Gesundheitsbeeinträchtigung möglich sei, reicht für die Annahme eines Mietmangels mit einem Recht zur Mietminderung oder für das Recht zur fristlosen Kündigung nicht aus.
- Solange die derzeitigen Grenzwerte gelten, müssen Gerichte davon abweichende wissenschaftliche Fachmeinungen nicht berücksichtigen.
- Sollten die Grenzwerte durch den Gesetzgeber verschärft werden, hat dies mietrechtlich auch Auswirkungen bei bestehenden Mobilfunkanlagen.
- Auch im Sozialen Wohnungsbau verringern die Einnahmen aus der (Dach-)Flächenvermietung für die Mobilfunkantenne die Wohnungsmieten nicht.
29.05.2018