Leitsätze:
1. Im Sozialen Wohnungsbau bedarf eine wirksame Betriebskostenabrechnung der Schriftform. An dieser mangelt es, wenn die dem Anschreiben lose beigefügten Anlagen nicht unterschrieben sind und auch keine Bezugnahme auf das unterschriebene Anschreiben enthalten.
2. Im Sozialen Wohnungsbau ist es für eine wirksame Betriebskostenabrechnung erforderlich, dass die jeweiligen Einzelrechnungsdaten zu den abgerechneten Positionen angegeben werden.
AG Wedding, Urteil vom 25.6.99 – 5 C 802/98 –
Mitgeteilt von RA Johann Heinrich Lüth
Urteilstext
Aus dem Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Zahlung von Nebenkosten für die Jahre 1994 bis 1997 in Anspruch. Die Beklagten mieteten am 1.9.1992 von der A-GmbH & Co. die öffentlich geförderte Wohnung im 3. Obergeschoss links des Hauses P.-Straße in Berlin. Gemäß § 3 des Mietvertrages setzte sich der Mietzins aus einer Nettokaltmiete sowie monatlich zu zahlenden Betriebskosten- und Heizkostenvorauszahlungen zusammen. … Eine Fahrstuhlkostenabrechnung für das Jahr 1994 ergab einen Nachzahlungsbetrag von 740,01 DM. Mit Datum vom 11.10.1996 erstellte die Hausverwaltung die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 1995, die zu Lasten der Beklagten einen Nachzahlungsbetrag von 1598,37 DM ergab. Die Berechnung selbst war nicht unterschrieben, jedoch einem Anschreiben beigefügt, das Erläuterungen enthielt und unterschrieben war. Einzelrechnungsdaten für die abgerechneten Leistungen enthielt weder die Abrechnung noch das Anschreiben. … Mit Datum vom 25.12. 1997 erstellte die Hausverwaltung eine Heiz- und Betriebskostenabrechnung für das Jahr 1996, die zu Lasten der Beklagten mit einem Nachzahlungsbetrag von 1921,59 DM endete. Die Abrechnung selbst trug keine Unterschrift, war jedoch einem Anschreiben beigefügt, das maschinell erstellt war und einen maschinenschriftlichen Namenszug am Ende trug. Einzelrechnungsdaten enthielt weder die Betriebskostenabrechnung noch das Anschreiben. …
Mit Anschreiben vom 12.12.1998 übersandte die Hausverwaltung den Beklagten eine Betriebs- und Heizkostenabrechnung für das Jahr 1997, die zu Lasten der Beklagten mit einer Nachzahlung von 1707,48 DM endete. Die Abrechnung selbst war nicht unterschrieben, jedoch einem Anschreiben beigefügt, das eine eigenhändige Unterschrift trug. Ferner waren der Abrechnung und dem Anschreiben Erläuterungen beigegeben, in denen für die jeweiligen Einzelpositionen die Rechnungsdaten aufgeführt wurden. …
Die Beklagte behauptet, Rechtsnachfolgerin der A-GmbH & Co. zu sein. Mit ihrer Klage begehrt sie von den Beklagten aus der Betriebskostenabrechnung für 1995 einen nach Aufrechnung mit diversen Guthaben verbleibenden Restbetrag von 1452,84 DM, aus der Betriebskostenabrechnung für 1996 1707,36 DM, aus der Betriebskostenabrechnung für 1997 1707,48 DM sowie aus der Fahrstuhlkostenabrechnung für 1994 720,53 DM. Über die Betriebskostennachforderungen für 1995 und 1996 sowie über die Fahrstuhlkostennachforderung ist den Beklagten am 1.10.1998 ein Mahnbescheid zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 31.5.1999 , dem Beklagtenvertreter am 7.6.1999 zugestellt, hat die Klägerin die Klage um die Betriebskostenforderung für 1997 erweitert.
Die Klägerin beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 5588,21 DM zuzüglich 4% Zinsen aus 3880,73 DM seit dem 1.10.1998 sowie 4% Zinsen aus 1707,48 DM seit Zustellung des Schriftsatzes vom 31.5.1999 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen. Sie sind der Ansicht, die vorgelegten Abrechnungen entsprächen nicht den gesetzlichen Formvorschriften, insbesondere der Schriftform. Darüber hinaus seien sie nicht hinreichend erläutert. …
Aus den Entscheidungsgründen
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung der geltend gemachten Nebenkostensalden aus § 535 Satz 2 BGB in Verbindung mit §§ 20 Abs. 4, 4 Abs. 7 Neubaumietenverordnung (NMV) und § 10 Wohnungsbindungsgesetz, denn sie hat bereits nicht dargelegt, Vermieterin der von den Beklagten mit Mietvertrag vom 1.9.1992 gemieteten Wohnung zu sein. Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 31.5.1999 lapidar vorträgt, sie sei Rechtsnachfolgerin der im Mietvertrag benannten Vermieterin, handelt es sich um völlig unsubstantiierten Vortrag, der nicht geeignet ist, den geltend gemachten Anspruch zu tragen. Zum einen ist weder ersichtlich, ob die Klägerin im Wege der Umbenennung mit der im Mietvertrag genannten Vermieterin identisch sein will oder aber auf Grund eines Erwerbes gemäß § 571 BGB in die Vermieterstellung eingetreten sein will. Dieser Mangel des klägerischen Vortrages wird auch nicht dadurch behoben, dass die Klägerin sich zum Beweis ihrer Behauptung auf das beim Amtsgericht Wedding geführte Grundbuch bezogen hat, denn es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich die entscheidungserheblichen Tatsachen selbst herauszusuchen. Vielmehr hätte es der Klägerin oblegen, substantiiert darzutun, zu welchem Zeitpunkt sie entweder umfirmiert oder aber auf Grund welcher Umstände sie zu welchem Zeitpunkt das Grundstück von der ehemaligen Vermieterin erworben haben will. Erst auf Grund eines derartigen Vortrages wäre es Aufgabe des Gerichts, durch Einsichtnahme in das Grundbuch Beweis zu erheben.
Aber selbst wenn die Klägerin vorgetragen und unter Beweis gestellt hätte, das Grundstück vor der Erstellung der hier streitgegenständlichen Nebenkostenabrechnungen von der ehemaligen Vermieterin erworben zu haben, wäre die Klage noch immer unbegründet, denn die von der Klägerin vorgelegten Nebenkostenabrechnungen sind sämtlich formunwirksam. So erfüllt bereits keine der vorgelegten Abrechnungen die gemäß §10 Abs. 1 Satz 1 Wohnungsbindungsgesetz einzuhaltende Schriftform gemäß §126 BGB. Entgegen der Ansicht der Klägerin genügt es für die Einhaltung der Schriftform nicht, wenn die jeweilige Nebenkostenabrechnung einem der Schriftform genügenden Anschreiben beigefügt ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Klägerin in Bezug genommenen Entscheidung des Landgerichts Berlin, ZMR 1998, Seite 429, denn gerade der vom Landgericht in der zitierten Entscheidung in Übereinstimmung mit der jüngsten Rechtsprechung des BGH (WM 1999, Seite 286) und des Kammergerichts (GE 1999, Seite 569) geforderten wechselseitigen Bezugnahme zwischen unterschriebenem Teil der Urkunde und nicht unterschriebener Anlage dazu werden die vorgelegten Abrechnungen nicht gerecht. In keiner der vorgelegten Abrechnungen nehmen die beigefügten Anlagen auf das jeweils unterschriebene Anschreiben Bezug. Dies wäre aber nach der vorzitierten Rechtsprechung nötig, nachdem die Klägerin nicht vorgetragen hat, dass die jeweiligen Anlagen urkundlich fest mit dem unterschriebenen Anschreiben verbunden gewesen wären.
Darüber hinaus fehlt es jedenfalls den Abrechnungen für 1994, 1995 und 1996 an einer hinreichenden Erläuterung gemäß § 4 Abs. 7 Satz 2 NMV sowie §10 Abs.1 Satz 2 Wohnungsbindungsgesetz, denn dafür ist im Falle des preisgebundenen Neubauwohnraumes nach Auffassung des erkennenden Gerichts auch weiterhin erforderlich, dass die jeweiligen Einzelrechnungsdaten zu den abgerechneten Positionen angegeben werden. Soweit das Kammergericht im negativen Rechtsentscheid vom 28.5.1998 (ZMR 1998, 627) vertreten hat, eine Angabe von Einzelrechnungsdaten sei nicht erforderlich, ist dies auf den vorliegenden Rechtsstreit ohne Einfluss, denn die Entscheidung des Kammergerichts betraf preisfreien Wohnraum und damit einen Anwendungsfall von § 4 MHG. Anders liegt es indes hier, denn auf den preisgebundenen Wohnraum findet nicht § 4 MHG, sondern § 20 Abs. 4 in Verbindung mit § 4 Abs. 7 NMV und § 10 Abs. 1 Wohnungsbindungsgesetz Anwendung. Danach ist im Gegensatz zu § 4 MHG eine Erläuterung erforderlich (LG Berlin, ZMR 1998, Seite 779). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (GE 1998, Seite 1271), denn auch diese betraf nicht Wohnraum, auf den § 20 Abs. 4, § 4 Abs. 7 NMV sowie § 10 Abs. 1 Wohnungsbindungsgesetz anzuwenden wären, sondern Wohnraum, auf den die Betriebskostenumlageverordnung zutraf. Diese sieht im Gegensatz zu den genannten Vorschriften ebenso wie § 4 MHG keine Erläuterungspflicht des Vermieters vor. …
Anmerkung der Redaktion:
Zu Leitsatz 1: vgl. LG Berlin – ZK 61 – MM 92, 64; LG Berlin – ZK 64 – ZMR 98, 429; AG Schöneberg MM 99, 37
Zu Leitsatz 2: ebenso LG Berlin – ZK 64 – GE 98, 1277; anders LG Berlin – ZK 63 – GE 00, 1687
16.03.2013