Leitsätze:
Nebenkostenvorschüsse können grundsätzlich nach Abrechnungsreife nicht mehr geltend gemacht werden, weil dann über die gesamten Nebenkosten in dem Wirtschaftsjahr abzurechnen ist. Das gilt jedoch dann nicht, wenn in die Nebenkostenabrechnung nicht die tatsächlich vom Mieter geleisteten Vorschüsse, sondern die von ihm nach Vertrag und Erhöhungserklärung zu leistenden Vorschüsse (Sollvorschüsse) eingestellt worden sind.
LG Berlin, Urteil vom 18.5.01 – 63 S 332/00 –
Mitgeteilt von RA Thomas Wetzel
Urteilstext
Aus Tatbestand und Entscheidungsgründen:
… Die Berufung ist gemäß §§ 511, 516, 518 und 519 ZPO zulässig. Sie hat in der Sache Erfolg. Insbesondere liegt, soweit die Klägerin an die Stelle der ursprünglichen Kläger getreten ist, eine zulässige Klageänderung (§§ 263, 523 ZPO) vor, auf die sich die Beklagten eingelassen haben, die zudem aber auch sachdienlich ist, nachdem der BGH in seiner Entscheidung vom 29.1.2001 (GE 2001, 276 f.) in Aktivprozessen die Rechtsfähigkeit allein der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und nicht der Gesellschafter erkannt hat.
Die Klage ist ferner aus § 535 Satz 2 BGB auch insoweit begründet, als die Klägerin von den Beklagten um 25 DM monatlich erhöhte Betriebskostenvorschüsse von November 1996 bis Dezember 1998 auf Grund der „Neufestsetzung“ vom 19.9.1996 sowie um weitere 29 DM monatlich ab November 1997 bis Dezember 1998 auf Grund der „Neufestsetzung“ vom 30.9.1997 verlangt. Zwar ist dem Amtsgericht zuzugeben, dass Nebenkostenvorschüsse grundsätzlich nach Abrechnungsreife nicht mehr geltend gemacht werden können, weil dann über die gesamten Nebenkosten in dem Wirtschaftsjahr abzurechnen ist. Das gilt jedoch dann nicht, wenn in die Nebenkostenabrechnung nicht die tatsächlich vom Mieter geleisteten Vorschüsse, sondern die von ihm nach Vertrag und Erhöhungserklärung zu leistenden Vorschüsse eingestellt worden sind. Unter diesen Umständen können in die Abrechnung eingestellte fiktive Vorschüsse auch nach der Abrechnung noch verlangt werden (so auch LG Berlin, ZK 62 zuletzt in GE 2000, 1623). Bei dieser Art der Abrechnung sind Nachteile für den Mieter nicht erkennbar bzw. nicht berücksichtigungsfähig. Dass die Abrechnung für den Mieter undurchschaubar ist, wie die Beklagten argwöhnen, ist nicht anzunehmen. Der Mieter weiß, welche Zahlungen er geleistet hat oder kann sie doch zumindest anhand seiner Unterlagen feststellen und erkennt mithin Sollzahlungen, die nicht von ihm stammen. Eine vom Mieterwillen abweichende Verrechnung kann auch durch die Abrechnung nach tatsächlichen Zahlungen nicht vermieden werden.
Das Problem der Minderung – soweit diese die Nebenkosten überhaupt umfasst – lässt sich sogar besser lösen, wenn die geschuldeten Betriebskostenvorschüsse als Sollvorschüsse aufgeführt sind (vgl. dazu Schach: Nebenkostenvorschüsse nach Abrechnungsreife in GE 2001, 471, 477).
Auch der Umstand, dass im preisgebundenen Wohnraum bei eingestellten Sollvorschüssen eine meist nicht mehr fristgerechte – und damit ausgeschlossene – Nachforderung entfällt, darf keine Rolle spielen, da sie den säumigen Mieter besser stellt als den gesetzestreuen Mieter (so auch Schach a.a.O., Seite 476).
Die Gefahr einer Anrechnung der Vorschüsse auf kündigungsrelevante Rückstände im Sinne von § 554 BGB ist zwar nicht von der Hand zu weisen, jedoch können solche Ausnahmetatbestände nicht maßgeblich sein für die Beurteilung der Wirksamkeit der Nachforderung von Vorschüssen.
Entscheidend ist, dass eine zwingende Abrechnungsmethode gesetzlich nicht vorgesehen ist und sich auch nicht aus § 259 BGB ergibt. Zwar ist die Abrechnung in § 259 BGB als Zusammenstellung von Einnahmen und Ausgaben definiert. Das schließt jedoch nicht aus, dass buchungstechnische Abrechnungsposten, soweit sie nachvollziehbar sind, in eine Abrechnung eingestellt werden dürfen. Auch der BGH in seiner grundlegenden Entscheidung vom 23.11.1981 (NJW 1982, 573 ff.) schreibt eine Abrechnung nach tatsächlichen Einnahmen nicht vor. Danach kann die Klägerin die geltend gemachten Vorschüsse in Höhe von zusammen 1056 DM verlangen. Substantiierte Einwendungen gegen diese Vorschüsse als Teil der Abrechnungen haben die Beklagten nicht erhoben.
Die Klägerin kann außerdem die Salden aus den Betriebs- und Aufzugskostenabrechnungen vom 30.9.1997 in Höhe von 333,68 DM und 46,59 DM, zusammen 380,27 DM und vom 16.10.1998 in Höhe von 100,41 DM und 38,38 DM, zusammen 138,79 DM gemäß § 535 Satz 2 BGB entsprechend den obigen Ausführungen verlangen. …
Anmerkung der Redaktion:
Die in der Entscheidung zitierten Paragraphen entsprechen der bis zum 31.8.2001 geltenden Rechtslage.
16.03.2013