Leitsatz:
Enthält der Mietvertrag keinen Hinweis, dass der Mieter die Kaution in drei Raten zahlen darf, ist die gesamte Kautionsvereinbarung nichtig.
LG Berlin, Urteil vom 2.7.01 – 67 S 441/00 –
Mitgeteilt von RA Thomas Wetzel
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
1. Die Kläger können von den Beklagten nicht gemäß § 25 Abs. 1 des am 10.3.1999 geschlossenen Mietvertrages über eine Wohnung im Hause B…-Straße, Berlin, die Einzahlung der Kaution in Höhe von 2334,72 DM verlangen.
a) Es kann dahinstehen, ob sich der Ausschluss dieses Anspruches schon allein aus einer Modernisierungsvereinbarung ergibt, die die Kläger und die Beklagte zu 1) am 10.3. 1999 unterzeichnet haben. Darin heißt es, dass bei der Vereinbarung einer Umsetzung in eine andere Wohnung das bisherige Mietverhältnis, das hier auf Grund eines Vertrages vom 1.11.1994 über eine andere im selben Haus befindliche Wohnung bestand, enden sollte, wenn ein unbefristeter Mietvertrag für eine Ersatzwohnung abgeschlossen ist. Dabei sollten zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarungen oder Nebenabreden, insbesondere die Forderung einer Sicherheitsleistung unwirksam sein. Denn die Vereinbarung über die Sicherheitsleistung ist schon deswegen unwirksam, weil sie gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, § 134 BGB, und zudem eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten im Sinne von § 9 AGBG darstellt. Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 des Mietvertrages vom 10. März 1999 sollte die Sicherheitsleistung bei Wohnungsübergabe überreicht werden. Diese Klausel ist mit § 550 b Abs. 1 Satz 3 BGB [= § 551 Abs. 2 Satz 1 BGB n.F.] nicht zu vereinbaren. Nach dieser Bestimmung ist der Mieter berechtigt, eine Sicherheit, die in Form einer Geldsumme bereitzustellen ist, in drei monatlichen Teilleistungen zu erbringen, wobei die erste Teilleistung zu Beginn des Mietverhältnisses fällig ist. Hiervon weicht die vorliegende Fälligkeitsregelung ab, wonach die gesamte Kaution bei Übergabe der Wohnung auf einmal zu entrichten ist. Gemäß § 550 b Abs. 3 BGB ist eine zum Nachteil dieses Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam. Eine Korrektur etwa in dem Sinne, dass der Betrag von 2334,72 DM in drei gleiche Teilbeträge aufgespalten wird, die im Abstand jeweils eines Monats zu entrichten sind, kommt nicht in Betracht. Denn dies würde dazu führen, dass eine geltungserhaltende Reduktion vorgenommen wird, die aber bei einer Formularklausel nicht angängig ist. Die vorliegende Regelung, wonach der Mieter die Kaution auf einmal zu erbringen hat, verstößt nämlich zugleich gegen § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AGBG. Denn sie stellt eine unangemessene Benachteiligung für den Mieter dar, die mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren ist. Mit der Regelung, dass die Kaution in drei gleichen Teilbeträgen zu erbringen ist, wird dem Gedanken Rechnung getragen, dass die wirtschaftliche Belastung für den Wohnungsmieter bei Abschluss des Mietvertrages in der Regel besonders groß ist. Denn er muss Kosten für den Umzug und die Ausstattung der Wohnung entsprechend seinen persönlichen Bedürfnissen aufbringen. Es soll vermieden werden, dass er zusätzlich noch den Betrag von drei Monatsmieten auf einmal leisten muss (siehe auch LG Hamburg WM 1990, 416). Die fragliche Klausel ist in einem Formularmietvertrag enthalten und unterfällt damit dem Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 AGBG. Die Unwirksamkeit der Fälligkeitsregelung zieht die Unwirksamkeit der gesamten Klausel über die Leistung der Kaution nach sich. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH darf eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die gegen § 9 AGBG verstößt, nicht im Wege der so genannten geltungserhaltenden Reduktion auf den gerade noch zulässigen Inhalt zurückgeführt und damit aufrechterhalten werden (BGH NJW 1998, 2284, 2286 unter II. 1 a cc m.w.N.). Dies wäre der Fall, wenn die Klausel mit dem Inhalt aufrechterhalten werden würde, dass der zu leistende Betrag auf drei gleiche Beträge aufzuspalten wäre (im Ergebnis ebenso LG Hamburg WM 1990, 416). Dass die vorliegende Klausel hinsichtlich der Fälligkeitsregelung auch gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, steht der Anwendbarkeit des § 9 AGBG nicht entgegen (vgl. zum Verhältnis zwischen § 9 AGBG und § 134 BGB BGH NJW 1983, 112, 114 unter 3.).
b) Der Anspruch ist nicht etwa deswegen begründet, weil der damalige Rechtsvertreter der Beklagten in einem Schreiben vom 17.1. 2000 zum Ausdruck gebracht hat, bezüglich der Kautionszahlung würden die Beklagten mit Einverständnis der Kläger ihnen ein Sparbuch zur Verfügung stellen, auf das die Kaution eingezahlt werden solle. In dieser Erklärung liegt kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis, sondern das Angebot auf Änderung der Kautionsabrede. Statt wie vereinbart, sollte den Klägern nicht eine Geldsumme, sondern eine zu verpfändende Sparforderung zur Verfügung gestellt werden.
c) Ein solches Anerkenntnis liegt auch nicht etwa vor in der bestrittenen Erklärung des Beklagten zu 2) in einem Telefonat mit der zuständigen Vertreterin der Hausverwaltung am 24.6.2000, er habe die Mahnung erhalten und ihm sei grundsätzlich auch bekannt, dass er zur Kautionszahlung verpflichtet sei, er gegenwärtig aber noch nicht zahlen könne. Durch ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis soll eine bereits bestehende Schuld lediglich bestätigt werden. Es setzt voraus, dass Streit oder subjektive Ungewissheit der Parteien über das Bestehen der Schuld oder einzelne rechtserhebliche Punkte herrscht und die Parteien mit der Regelung das Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Beziehungen dem Streit oder der Ungewissheit entziehen wollen (BGH NJW 1976, 1959, 1960 unter II. 2. a; NJW 1995, 960, 961 unter II. 2. g). Daneben gibt es aber noch ein Anerkenntnis, das keinen besonderen rechtsgeschäftlichen Verpflichtungswillen des Schuldners verkörpert, das der Schuldner vielmehr zu dem Zweck abgibt, dem Gläubiger seine Erfüllungsbereitschaft mitzuteilen. Solche Bestätigungserklärungen enthalten keine materiellrechtliche (potenziell konstitutive) Regelung für das Schuldverhältnis (BGH NJW 1976 a.a.O). Hier hat zwischen den Parteien zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung noch kein Streit oder keine Ungewissheit über die Wirksamkeit der Kautionsabrede bestanden. Die vorliegende Problematik der Vereinbarung ist den Parteien erst zu einem späteren Zeitpunkt zu Bewusstsein gekommen. Die behauptete Erklärung des Beklagten zu 2) ist nicht mehr als die grundsätzliche Anerkennung einer Erfüllungsbereitschaft ohne rechtsgeschäftlichen Verpflichtungswillen. …
Anmerkung der Redaktion:
ebenso: LG Düsseldorf v. 11.7.1995 – 24 S 90/95 -; AG Dortmund WM 97, 212; AG Neukölln v. 23. 10.1997 – 10 C 240/97 -; AG Jena WM 00, 211; AG Steinfurt WM 99, 433; AG Gießen WM 00, 247; AG Görlitz WM 00, 547; LG Gießen ZMR 01, 460; LG München I GE 01, 699; anders: LG Berlin (ZK 64) GE 89, 147; LG Berlin vom 8.5. 1998 – 64 S 9/98 -; LG Lüneburg NZM 00, 376
09.05.2017