Leitsatz:
Eine Mieterhöhung bei einer Wohnung im so genannten Zweiten Förderweg wegen Abbaus der Aufwendungszuschüsse der IBB löst die Jahressperrfrist des § 2 Abs. 1 Nr. 1 MHG [ = § 558 Abs. 1 BGB n.F.] aus.
LG Berlin, Urteil vom 22.11.01 – 62 S 205/01 –
Mitgeteilt von RAinnen Susanne Lattek & Andrea Klette
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
… Die Kläger haben gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung aus § 2 I MHG. Das Mieterhöhungsverlangen – das sich gemäß Art. 229 § 3 I Nr. 2 EGBGB nach der bisherigen Rechtslage beurteilt – ist unwirksam, weil es die Wartefrist von einem Jahr des § 2 I 1 Nr. 1 MHG nicht einhält (vgl. BGH NJW 1993, 2109). Mit Schreiben vom 3.5.2000 haben die Kläger wegen gekürzter Aufwendungszuschüsse die Miete zum 10.8.2000 um 0,20 DM/qm erhöht. Das hier zu beurteilende Mieterhöhungsverlangen vom 11.8.2000 ist damit verfrüht, denn die Erhöhung zum 10.8.2000 hat die Mieterhöhungssperrfrist ausgelöst.
Die Parteien haben unter Ziffer 2 der Anlage 2 des Mietvertrages vom 24.11.1998 vereinbart, dass sich auf Grund des Abbaus der Aufwendungszuschüsse die Einstiegsmiete der Beklagten nach Ablauf eines jeden Jahres um 0,20 DM/qm der Wohnfläche monatlich erhöht. Damit haben die Parteien nicht etwa ursprünglich eine höhere Miete vereinbart, auf die die IBB Aufwendungshilfen zahlt und damit gemäß § 267 BGB als Dritte die Mietschuld teilweise begleicht. Allenfalls dann hätte jedoch davon ausgegangen werden können, dass rechtlich bei Kürzung der Beihilfen der Mieter nur eine größere Eigenleistung auf die – rechtlich gleich hoch gebliebene – Miete erbringt und somit eine Mieterhöhung überhaupt nicht vorliegt (vgl. im Übrigen LG Berlin, Urteil vom 11.3.1997 64 S 491/96 GE 1997, 617).
Die mit Schreiben der Kläger vom 3.5.2000 hinsichtlich des Abbaus von Aufwendungszuschüssen zum 10.8.2000 vorgenommene Mieterhöhung ist auch nicht wie eine Mieterhöhung nach § 5 MHG zu behandeln, die nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 MHG die Sperrfrist nicht auslöst. § 5 MHG kann über seinen Wortlaut hinaus auch in entsprechender Weise angewendet werden. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob der obergerichtlichen Ansicht, die Vorschrift sei systemwidrig und damit eng auszulegen (vgl. HansOLG NJW 1984, 2895), überhaupt zu folgen wäre, wenn das System des MHG gerade darin besteht, dass verschiedene Mieterhöhungsmöglichkeiten kombiniert werden (vgl. Beuermann, Miete und Mieterhöhung bei preisfreiem Wohnraum, 3. Auflage 1999, § 5 MHG, Rz. 2). Auch wenn Ausnahmevorschriften in der Regel zu einer analogen Anwendung nicht geeignet sind, greift diese Regel dann nicht ein, wenn der Ausnahmevorschrift ihrerseits ein engeres Prinzip zu Grunde liegt (vgl. BGHZ 26, 78, 83). So ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass etwa auch Mieterhöhungen während laufender Preisbindung die Jahresfrist nicht auslösen, soweit der Erhöhungstatbestand denen der §§ 3-5 MHG vergleichbar ist. Dabei kommen insbesondere auch Mieterhöhungen auf der Grundlage der §§ 4, 6 NMV in Betracht (vgl. OLG Hamm GE 1995, 559). Gemäß § 4 IV NMV etwa tritt bei Abbau von aus öffentlichen Mitteln gewährten Zuschüssen zur Deckung der laufenden Aufwendungen eine entsprechende Erhöhung der Durchschnittsmiete ein. Solche Aufwendungszuschüsse auf der Grundlage der ModInstRL 1985 liegen hier vor. Entscheidend für die Vergleichbarkeit kann entgegen der Auffassung der Beklagten in der Berufungserwiderung nicht sein, dass mit den Aufwendungszuschüssen eine Mietsenkung zu Gunsten des Mieters einhergeht, mit einer Erhöhung wegen gestiegener Kapitalkosten jedoch nicht. Maßgebend für den Gesetzgeber war bei Einführung des § 5 MHG die Erwägung, dass es unbillig wäre, dem Vermieter bei Baubeginn nicht kalkulierbare Kostensteigerungen allein aufzubürden. Die Vorschrift übernimmt das Kostendeckungsprinzip aus den Vorschriften über preisgebundenen Wohnraum (vgl. Beuermann a.a.O., § 5 MHG, Rz. 1). Mehr als die Kostendeckung bezweckt jedoch auch hier der Vermieter bei der „Umlage“ des Abbaus der Aufwendungszuschüsse nicht. Ausgehend davon wird vertreten, dass ein Abbau von Aufwendungszuschüssen § 5 MHG in analoger Anwendung unterfällt (vgl. insoweit Lammel, Wohnraummietrecht, § 2 MHG, Rz.78). Einer solchen Auffassung steht jedoch die Entscheidung des OLG Karlsruhe (GE 1982, 225) entgegen, wonach (bei Mietvertragsbeginn) feststehende Kostensteigerungen eine Erhöhung im Rahmen des § 5 MHG nicht zu begründen vermögen. Scheidet somit vorliegend die analoge Anwendung von § 5 MHG auf die Erhöhung wegen des Abbaus von Aufwendungszuschüssen aus, hat diese die Jahressperrfrist ausgelöst. Nach Zustimmung durch die Beklagten ist damals die Miethöhe geändert worden und das damalige Mieterhöhungsbegehren hat die Jahressperrfrist ausgelöst, ohne dass die Kammer im Übrigen dessen Wirksamkeit zu prüfen hätte. …
Anmerkung der Redaktion:
Die in der Entscheidung zitierten Paragraphen entsprechen der bis zum 31.8.2001 geltenden Rechtslage.
30.05.2018