Leitsätze:
1. § 2 Abs. 1 Satz 2 MHG ist bei einem Erhöhungsverlangen nach § 2 Abs. 2 MHG auch dann zu prüfen, wenn die Wohnung, für die der Vermieter die Zustimmung des Mieters zur Mieterhöhung begehrt, im so genannten LAMOD-Programm instand gesetzt und modernisiert worden ist und der mit dem Zustimmungsverlangen begehrte Mietzins nicht über dem Mietzins liegt, der sich nach den im Fördervertrag zugelassenen Mietzinssteigerungen ergibt.
2. Im Übrigen wird der Erlass eines Rechtsentscheids abgelehnt.
Kammergericht, Beschluss vom 17.1.02 – 8 RE-Miet 4/01 –
Mitgeteilt von RAen Christian Emmerich & Reinhard Lebek
Urteilstext
Gründe:
I. Der Kläger verlangt vom Beklagten auf Grund der Mieterhöhungserklärung vom 19.10.1998 für die Zeit ab Januar 1999 die Erhöhung des monatlichen Mietzinses von 569,84 DM um 162,16 DM auf 732,00 DM bruttokalt zzgl. eines Vorschusses für Heiz- und Warmwasserkosten in Höhe von 30,00 DM. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Kläger ist Eigentümer eines in der D…straße, in Berlin-Charlottenburg gelegenen Grundstücks, auf dem sich ein fünfgeschossiges Vorderhaus und ein fünfgeschossiges Quergebäude befinden. Im November 1984 schloss der Kläger mit dem Land Berlin im Rahmen des Landesmodernisierungsprogramms einen „Modernisierungsvertrag“. Nach § 2 Abs. 4 dieses Vertrages sollte die öffentliche Förderung der Modernisierung und Instandsetzung des auf dem Grundstück gelegenen Vorderhauses erfolgen, wobei gemäß § 2 Abs. 5 dieses Vertrages nach erfolgter Modernisierung und Instandsetzung 8 Wohneinheiten mit 600,77 qm Wohnfläche und eine gewerbliche Nutzfläche mit 98 qm Nutzfläche entstehen sollten. Unter Berücksichtigung von Gesamtkosten in Höhe von 999532,00 DM gewährte das Land Berlin einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 585747,00 DM sowie Vorauszahlungsmittel; diese setzten sich aus einem Betrag in Höhe von 413785,00 DM für den Wohnteil und einem Betrag in Höhe von 131720,00 DM für den Gewerbeteil, mithin insgesamt insoweit 545505,00 DM zusammen. Der Vertrag sah ferner unter § 4 Abs. 4 vor, dass 10 Jahre nach mittlerer Bezugsfertigkeit vom Land Berlin entschieden werden solle, ob und in welcher Höhe die Vorauszahlungsmittel in Darlehen umgewandelt bzw. endgültig als Zuschuss gewährt werden sollten. Schließlich sah § 7 Abs. 3 des Vertrages vor, dass der Kläger während der Dauer des Vertrages, die auf 20 Jahre nach mittlerer Bezugsfertigkeit festgelegt worden war, keine höheren Mieten verlangen durfte, als in diesem Vertrag vereinbart war.
Durch Vertrag vom 24.2.1986 vermietete der Kläger dem Beklagten eine der neu geschaffenen Drei-Zimmer-Wohnungen.
Nachdem das Land Berlin entschieden hatte, dass die Vorauszahlungsmittel zurückzuzahlen seien, unterbreitete die Investitionsbank Berlin dem Kläger mit Schreiben vom 2.1.1996 verschiedene Rückzahlungsangebote. Diese sahen entweder die Rückzahlung der Vorauszahlungsmittel in einem einmaligen Betrag unter Berücksichtigung eines Bonus in Höhe von 50 %, 66,6 % bzw. 87,5 %, abhängig von der Größe der geförderten Fläche, oder eine Umwandlung der Vorauszahlungsmittel in ein zinsloses Darlehen vor. Der Kläger entschied sich für die einmalige Rückzahlung der Vorauszahlungsmittel. Unter Berücksichtigung eines Bonus in Höhe von 372061,98 DM ergab sich zu seinen Lasten sodann ein Rückzahlbetrag in Höhe von 173443,02 DM.
Nachdem der Beklagte sein Einverständnis zu der Mieterhöhungserklärung des Klägers vom 19.10.1998, die keinen Hinweis auf die Gewährung öffentlicher Förderungsmittel enthält, verweigert hatte, erhob der Kläger im Februar 1999 vor dem Amtsgericht Charlottenburg Klage auf Zustimmung zur Mietzinserhöhung nach § 2 MHG. Durch Urteil vom 5.5.1999 gab das Amtsgericht Charlottenburg der Klage statt, wobei es den Einwand des Beklagten, wonach das Mieterhöhungsverlangen wegen der Nichtberücksichtigung öffentlicher Förderungsmittel unwirksam sei, deshalb für unbeachtlich hielt, weil Gegenstand des Mietvertrages eine bereits modernisierte Wohnung war.
Auf die vom Beklagten eingelegte Berufung hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und die KIage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass das Mieterhöhungsverlangen entgegen § 2 Abs. 1 Satz 2 MHG keine Kürzung entsprechend § 3 Abs. 1 Satz 3 bis 7 MHG in Bezug auf die dem Kläger gewährten öffentlichen Mittel ausgewiesen habe und deshalb nicht erkennbar sei, ob diese Förderung dem Beklagten bei der Mietzinsbildung zu Gute gekommen sei. Da die zwischen dem Kläger und dem Land Berlin vereinbarte Bindungsfrist des Modernisierungsvertrages auch noch nicht beendet sei, komme es nicht darauf an, dass die Wohnung zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages modernisiert gewesen sei.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger beim Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin Verfassungsbeschwerde eingelegt. Der Verfassungsgerichtshof hat durch Beschluss vom 23.11. 2000 – VerfGH 72/00 – das Urteil des Landgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Berlin zurückverwiesen. Zur Begründung hat der Verfassungsgerichtshof im Wesentlichen ausgeführt, dass das Landgericht allein auf die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 MHG abgestellt habe, ohne inhaltlich zu prüfen, ob sich die streitige Mieterhöhung im Rahmen der dem Kläger im Modernisierungsvertrag auferlegten Bindungen halte. Da der Kläger bereits im Berufungsverfahren vorgetragen habe, dass der geforderte Mietzins unterhalb der nach dem Modernisierungsvertrag zulässigen Miete liege, wäre es Aufgabe des Landgerichts gewesen, diesen Angaben des Klägers nachzugehen und zu prüfen, ob mit den Beschränkungen nach dem Modernisierungsvertrag nicht dem Sinn und Zweck der Kürzungsvorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 MHG Genüge getan sei.
In dem erneuten Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 2.7.2001 hat der Kläger auf Befragen erklärt, dass eine Ermittlung des Anteils der öffentlichen Förderung bezogen auf Modernisierungsmaßnahmen, aufgeschlüsselt an dem Aufwand an Werklohn für die einzelnen Maßnahmen in Modernisierung und Instandsetzung, aus seiner Sicht und „aus Gründen der Art und des Einsatzes der Fördermittel“ nicht in Betracht komme.
Das Landgericht hat daraufhin durch einen im September 2001 erlassenen Beschluss dem Kammergericht folgende Rechtsfragen zum Rechtsentscheid vorgelegt:
,,1. Ist § 2 Abs. 1 Satz 2 MHG (Abzug der Kürzungsbeträge gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 bis 7 MHG) bei einem Erhöhungsverlangen gemäß § 2 MHG nicht zu prüfen, wenn die Wohnung, für die der Vermieter die Zustimmung des Mieters zur Mieterhöhung begehrt, im so genannten LaMod-Programm instand gesetzt und modernisiert worden ist und der mit dem Zustimmungsverlangen begehrte Mietzins nicht höher ist, als der Mietzins, der sich nach den im Fördervertrag zugelassenen Mietzinssteigerungen ergibt?
2. Gilt dies auch, wenn nachträglich im so genannten Bonus-System gefördert worden ist?
3. Für den Fall, dass § 2 Abs. 1 Satz 2 MHG Anwendung findet:
a) Bedarf es für die formelle Wirksamkeit eines solchen Verlangens der Angabe der abzuziehenden Kürzungsbeträge oder genügt deren Darlegung im Prozess?
b) Ist ein Schulderlass im Rahmen des Bonus-Systems als Zuschuss im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2, § 3 Abs. 1 Satz 3 MHG zu behandeln?“
Das Landgericht sieht sich nach wie vor daran gehindert, die Mietzinserhöhung auf ihre materielle Berechtigung hin zu überprüfen und den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs zu folgen, da der Kläger zu einer Aufteilung des Einsatzes der Fördermittel in Bezug auf Modernisierung einerseits und Instandsetzung andererseits nicht im Stande sei. Da jedoch der vom Kläger geltend gemachte Mietzins unterhalb des nach dem Modernisierungsvertrag zulässigen Höchstmietzinses liege, könnte eine entsprechende Aufschlüsselung entbehrlich sein, wenn die entsprechende Kürzung bereits in den im Modernisierungsvertrag festgeschriebenen Erhöhungsbeträgen berücksichtigt sei.
II.
1. Die Vorlage ist hinsichtlich der zu 1. gestellten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung und damit zulässig.
2. Die Rechtsfrage ist in Übereinstimmung mit der vom Landgericht vertretenen Auffassung wie aus dem Tenor ersichtlich zu beantworten. Auszugehen ist hierbei von Folgendem:
Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 MHG sind von dem aus der Erhöhungserklärung errechenbaren Jahresmietzins die nach § 3 Abs. 1 S. 3 bis 7 MHG in Betracht kommenden Kürzungsbeträge abzuziehen. Kürzungen sind danach unter anderem dann vorzunehmen, wenn – wie im vorliegenden Sachverhalt – für die Finanzierung von Modernisierungsmaßnahmen öffentliche Mittel in Anspruch genommen worden sind. Eine Erhöhung des Mietzinses kommt somit von vornherein Kraft Gesetzes insoweit nicht in Betracht, als der Vermieter öffentliche Fördermittel eingesetzt hat: Diese gehören gerade nicht zu den „aufgewendeten Kosten“ im Sinne des § 3 Abs. 1 S. 1 MHG (so Kunze/Tietzsch, WM 1997, 308, 309). Für den Fall einer Mieterhöhung nach § 3 Abs. 3 S. 2 MHG bedeutet dies, dass bereits die Erhöhungserklärung Angaben zur Finanzierung (so Bub/Treier/Schultz, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., III. A Rdnr. 564) und zu den Kürzungsbeträgen (Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., III Rdnr. 805) enthalten muss, um dem Mieter eine umfassende Nachprüfung der Berechtigung des geltend gemachten Anspruchs zu ermöglichen (Senat in KGR 2000, 379; Emmerich/Sonnenschein/Weitemeyer, Handkommentar, 7. Aufl. 1999, Rdnr. 29, 31 zu § 3 MHG). Gleiches gilt für eine Erhöhung des Mietzinses nach § 2 Abs. 1 MHG. Abs. 2 dieser Bestimmung sieht vor, dass der Erhöhungsanspruch „nach Abs. 1“ dem Mieter gegenüber zu begründen ist. Da insoweit auch Satz 2 des Abs. 1 eingeschlossen wird, muss die Erhöhungserklärung auf den Erhalt öffentlicher Mittel zur Modernisierung hinweisen (Kunze/Tietzsch, a.a.O.). Diese Anforderungen können nicht dadurch entfallen, dass – wie im vorliegenden Rechtsstreit vom Kläger unbestritten vorgetragen – der Mietzins nach erfolgter Erhöhung (immer noch) unter dem zwischen dem Kläger und dem Land Berlin im Modernisierungsvertrag als Höchstmietzins vereinbarten Betrag liegt. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die öffentlichen Mittel nach § 1 Abs. 1 dieses Vertrages sowohl für Modernisierung als auch für Instandsetzung gewährt worden sind. Führt der Vermieter Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten gleichzeitig durch, muss er im Falle einer Mieterhöhung nach § 3 Abs. 3 MHG die Modernisierungsarbeiten nachvollziehbar von den Instandsetzungsmaßnahmen abgrenzen (Bub/Treier/Schultz, a.a.O., III. A Rdnr. 564 m.w.N.; Sternel, a.a.O., III Rdnr. 804). Da gleiches für die Erhöhung nach § 2 Abs. 1 MHG gilt, reicht der Hinweis auf das Unterschreiten des nach dem Fördervertrag zwischen Vermieter und öffentlicher Hand vereinbarten Höchstmietzinses gerade nicht aus, um damit einer Berücksichtigung von Kürzungsbeträgen von § 2 Abs. 1 S. 2 MHG zu genügen. Dies wäre nur dann denkbar, wenn die öffentlichen Mittel ausschließlich für Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des § 3 Abs. 1 S. 1 MHG verwendet worden wären. Dies ist nach der Einlassung des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 2.7.2001 gerade nicht der Fall gewesen, so dass nach wie vor nicht erkennbar ist, inwieweit die dem Kläger gewährten Mittel für Instandsetzung oder Modernisierung eingesetzt worden sind. Auf diese Erläuterung aber hat der Mieter – wie oben ausgeführt – Anspruch: der Hinweis auf einen zwischen dem Vermieter und der öffentlichen Hand vereinbarten Höchstmietzins kann diese nach der insoweit eindeutigen gesetzlichen Regelung nicht ersetzen; die zu einem anderen Ergebnis gelangenden Entscheidungen der Zivilkammer 62 des LG Berlin vom 24.6.1996 und 20.3.2000 (GE 1997, 339; 2000, 677) haben diesen Gesichtspunkt nicht berücksichtigt.
Hinzu kommt im vorliegenden Rechtstreit noch Folgendes:
Von dem Vorauszahlungsbetrag von insgesamt 545505,00 DM ist ein Betrag in Höhe von 131720,00 DM zur Instandsetzung bzw. Modernisierung von Geschäftsraum gewährt worden. Es bedarf keiner weiteren Erläuterung, dass dieser Umstand bei Erhöhung der Miete für den Wohnraum des Hauses D…straße nach §§ 2, 3 MHG Berücksichtigung zu finden hat. Insoweit kann jedenfalls der Hinweis auf das Nichterreichen der im Modernisierungsvertrag festgelegten Höchstmiete eine Erläuterung der Mietzusammensetzung nicht ersetzen. Dies wird hier besonders deutlich dadurch, dass der Kläger den von ihm geleisteten Rückzahlungsbetrag in Höhe von 173443,02 DM bei der Berechnung eines Erhöhungsbetrages ab Januar 1996 in vollem Umfang berücksichtigt hat. Dieser Betrag errechnete sich jedoch auf der Grundlage des Auszahlbetrages von 545505,00 DM, der sowohl Wohnraum als auch Geschäftsraum betraf. Von diesem Betrag erfolgte durch die Investitionsbank Berlin ein Bonusabzug entsprechend der Alternative 1 des Rückzahlungsangebots vom 2.1.1996 in Höhe von 372061,98 DM. Der Kläger konnte deshalb die Finanzierung dieses Betrages nicht mit einem Erhöhungsbetrag von 162,16 DM bzw. 161,95 wie in der Berechnung der Erhöhung per 1.10.1998 auf den vom Beklagten zu zahlenden Mietzins umlegen; insoweit hätte eine Berücksichtigung des auf den Geschäftsraum wenigstens anteilig entfallenden Rückzahlbetrages erfolgen müssen.
Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, weshalb es dem Kläger nicht möglich sein soll, eine (weitere) Aufteilung der von ihm (soweit sie Wohnraum betreffen) eingesetzten Mittel, aufgeteilt in Modernisierungs- und Instandhaltungskosten, vorzulegen. Aus den Rechnungen der einzelnen Gewerke muss sich entnehmen lassen, welche Arbeiten im Einzelnen in den Wohnungen durchgeführt worden sind. Danach lässt sich sodann eine Zuordnung der Arbeiten zu Instandsetzung oder Modernisierung vornehmen. Dass die Ermittlung im Einzelfall erheblichen Aufwand erfordern kann, steht dem Erfordernis ihrer Anbeibringung nicht entgegen; es ist schließlich der Vermieter, der einen Anspruch geltend macht und wie jeder andere Kläger im Prozess seine Berechtigung nachweisen muss (Kunze/Tietzsch a.a.O.; S. 314).
III.
Die weiteren Vorlagefragen sind unzulässig.
Die Vorlagefrage zu 2 betrifft ersichtlich nicht den vorliegenden Sachverhalt, da eine nachträgliche Förderung gerade nicht vorliegt.
Die Vorlage zu 3 a ist für die Entscheidung dieses Rechtsstreits nicht von Bedeutung, da der Kläger die Kürzungsbeträge weder im Erhöhungsverlangen noch im Rechtsstreit dargelegt hat.
Auf die Vorlagefrage zu 3 b kommt es ebenfalls nicht an; mit der Beantwortung der Vorlagefrage zu 1 ist der Rechtsstreit entscheidungsreif.
Anmerkung der Redaktion:
Die in der Entscheidung zitierten Paragraphen entsprechen der bis zum 31.8.2001 geltenden Rechtslage.
16.03.2013