Leitsätze:
Mieter von im Erdgeschoss liegenden Sozialwohnungen dürfen nicht an den Aufzugskosten im Rahmen der Betriebskostenabwälzung beteiligt werden, sofern ein objektiver Vorteil durch die Nutzung der Aufzugsanlage nicht erkennbar ist. Dies gilt auch dann, wenn mietvertraglich die Beteiligung der Mieter an den Aufzugskosten vereinbart ist.
LG Berlin, Urteil vom 30.5.02 – 67 S 418/01 –
Mitgeteilt von RA Wolfgang Thoms
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Kläger haben gegen die Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung der für die im Hause S.-Straße in Berlin befindlichen Aufzugsanlage von Februar 1997 bis März 2001 geleisteten Beträge. Denn nach § 24 Abs. 2 Satz 2 Neubaumietenverordnung (NMV) kann Wohnraum im Erdgeschoss von der Umlage ausgenommen werden. Das in dieser Vorschrift enthaltene Ermessen des Vermieters hinsichtlich der Möglichkeit der Umlage reduziert sich jedenfalls im Bereich der der Preisbindung unterliegenden Wohnungen auf Null, wenn für den Mieter objektiv Vorteile durch die Nutzung des Fahrstuhls nicht entstehen und auch nicht entstehen können (vgl. LG Berlin, MM 1991, 299). Derartige objektive Vorteile können nicht nur dann vorliegen, wenn die Wohnung unter Benutzung des Fahrstuhls erreicht werden kann, sondern auch dann, wenn Kellerräume oder Trockenböden erreicht werden können (vgl. LG Hannover WM 1990, 228; LG Kiel NZM 2001, 92). Ein objektiver Vorteil durch die Nutzung der Aufzugsanlage muss jedoch wenigstens möglich sein.
Davon ist hier nach dem zweitinstanzlich konkretisierten Vortrag der Kläger aber nicht auszugehen. Denn für die Kläger sind mit dem Vorhandensein des Fahrstuhls keinerlei objektive Gebrauchsvorteile verbunden. Die von den Klägern innegehaltene Wohnung befindet sich unstreitig im Hochparterre des Hauses und ist nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Kläger, der auch durch die eingereichten Lichtbilder bestätigt wird, von der Hauseingangstür über die Benutzung von 7 Treppenstufen zu erreichen. Von der Wohnungseingangstür der Kläger ist ein Haltepunkt des Fahrstuhls über das Ersteigen weiterer 8 Stufen zu erreichen. Der unterste Haltepunkt des Aufzugs befindet sich neben der Hauseingangstür, von der 11 Stufen in den Keller hinabführen. Anders als von den Klägern erstinstanzlich vorgetragen, fährt der Aufzug nicht in den Keller. Damit entfällt jedoch der ansonsten anzunehmende Gebrauchsvorteil beim Transport schwerer Gegenstände von der Wohnung bzw. von der Hauseingangstür in den Keller oder aber der umgekehrte Transport von eben solchen Gegenständen aus dem Keller in die Wohnung bzw. aus dem Haus. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Kläger beim Transport von Gegenständen in den Keller zunächst 8 Stufen auf der Treppe zum Fahrstuhl hochsteigen, um mit dem Transportgut dann bis auf das Niveau der Hauseingangstür zu fahren, wovon der Keller über weitere 11 Stufen zu Fuß erreicht wird. Einen eventuellen Gebrauchsvorteil der Kläger, zum Beispiel die Benutzung des Fahrstuhls vom Eingangsniveau bis zum 1. Stockwerk, um dann 8 Stufen zur Wohnungseingangstür herabzusteigen, ist weder ersichtlich, noch von den Beklagten vorgetragen worden.
Die Kläger können daher von der Beklagten zu 1. die vom Beginn des Mietverhältnisses bis zur Eigentumsumschreibung am 3.2.1999 geleisteten Zahlungen in der unstreitigen Höhe von 1384,94 DM und vom Beklagten zu 2. die bis März 2001 gezahlten ebenfalls unstreitigen Zahlungen von 1439,08 DM zurückverlangen. Dem steht nicht entgegen, dass die Parteien die Umlage der Aufzugskosten im Mietvertrag vom 30.1.1997 vereinbart haben, da angesichts der Preisbindung der Wohnung und der Regelung des § 24 Abs. 2 Satz 2 NMV, die wie oben dargelegt anzuwenden ist, die wirksame Vereinbarung der Kostentragung für den Aufzug nicht möglich ist.
Insoweit spricht auch der Umstand, dass die Kläger zunächst die Vorschüsse und die Abrechnungsbeträge für 1997 bis März 2001 geleistet haben, nicht für eine wirksame Vereinbarung. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass der Zeitablauf eine Verwirkung begründet, erfüllt die bloße Leistung von Zahlungen durch die Kläger nicht das erforderliche Umstandsmoment, das die Beklagten darauf vertrauen ließ, dass Rückforderungen nicht erfolgen würden. Im Übrigen fehlt es an einem Vortrag der Beklagten zu der daraufhin vorgenommenen Vermögensdisposition. …
Anmerkung der Redaktion:
anders: LG Berlin v. 29.5.1997 – 62 S 576/96 -: Der Vermieter von preisgebundenem Wohnraum kann auch dann von dem Mieter eine Beteiligung an den Fahrstuhlkosten verlangen, wenn der Mieter im Erdgeschoss wohnt und keine der Gemeinschaftseinrichtungen mit dem Fahrstuhl erreichen kann. Die Vorschrift des § 24 Abs. 2 Satz 2 Neubaumietenverordnung, nach der ein Vermieter die Erdgeschosswohnungen von der Umlage für den Fahrstuhl ausnehmen „kann“, führt nicht zu einer entsprechenden Verpflichtung des Vermieters.
16.03.2013