Leitsätze:
1. Folgende für eine nach § 88 d II. WoBauG geförderte, preisfreie Wohnung vorgesehene Mietvertragsklausel verstößt gegen § 557 a Abs. 1 BGB und ist deshalb unwirksam: „Durch die Verringerung der Aufwendungszuschüsse erhöht sich die Miete nach Ablauf von jeweils 15 Monaten – ab mittlerer Bezugsfertigkeit – um jeweils DM 0,75 pro Quadratmeter monatlich für die geförderte Wohnfläche. Der mittlere Bezugstermin wird noch bekannt gegeben. Des Weiteren sind Mieterhöhungen nach den §§ 3 und 5 MHG sowie auf Grund weiterer Finanzierungen, Umfinanzierungen und/oder Kapitalkostenerhöhungen zulässig.“
2. Eine Staffelmietvereinbarung ist unwirksam, wenn die Mieterhöhungen lediglich bezogen auf den Quadratmeterpreis ausgewiesen sind.
3. Allein durch die Zahlung des erhöhten Betrags wird die Unwirksamkeit der Staffelmietvereinbarung nicht nachträglich behoben.
AG Köpenick, Urteil vom 24.10.02 – 14 C 127/02 –
Mitgeteilt von RA Johann Heinrich Lüth
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
… Die Beklagten können hiergegen einen Gegenanspruch nicht mit Erfolg geltend machen. Ihnen steht die geltend gemachte Gegenforderung in Höhe von 5018,28 DM nicht zu. Sie haben neben der von den Klägern bereits geleisteten Zahlung der monatlichen Miete keinen weitergehenden Anspruch auf Mietzinszahlung. Ein solcher Anspruch folgt auch nicht aus der Regelung gemäß Anlage I zum Mietvertrag, Seite 2/2, 4. Absatz, wonach sich die Miete durch die Verringerung der Aufwendungszuschüsse nach Ablauf von jeweils 15 Monaten – ab mittlerer Bezugsfertigkeit – um jeweils DM 0,75 pro Quadratmeter monatlich für die geförderte Wohnfläche erhöht. Diese Regelung ist wegen Verstoßes gegen § 557 a Abs. 1 BGB n.F. gemäß §§ 557 a Abs. 4 BGB n.F., 134 BGB unwirksam, da sie die Mietsprünge nur bezogen auf die Quadratmeter ausweist.
Gemäß § 557 a BGB n.F., der auf Grund des Mietrechtsreformgesetzes vom 19.6.2001 anzuwenden ist, kann die Miete für bestimmte Zeiträume in unterschiedlicher Höhe vereinbart werden (so genannte Staffelmiete). Diese Regelung entspricht dem bisherigen § 10 Abs. 2 MHG. Eine Staffelmietvereinbarung kann auch dergestalt getroffen werden, dass der Vermieter verpflichtet ist, auf den Mietpreis einen im Verlauf der Mietzeit geringer werdenden Nachlass zu gewähren (so genannte umgekehrte Staffelmiete).
Eine wirksame Staffelmietvereinbarung gemäß § 557 a Abs. 1 BGB n.F. setzt voraus, dass „die jeweilige Miete oder die jeweilige Erhöhung in einem Geldbetrag“ ausgewiesen ist. Diese Anforderung entspricht dem bisherigen § 10 Abs. 2 S. 5 MHG, wonach der jeweilige Mietzins oder die jeweilige Erhöhung betragsmäßig auszuweisen war. Die Pflicht zur betragsmäßigen Ausweisung von Mietzins oder des Erhöhungsbetrages ist eine zwingende Formvorschrift, die als Schutzvorschrift nach Sinn und Zweck des Gesetzes dem Mieter die jeweiligen Mietzinsbelastungen eindeutig vor Augen führen soll. Diese Anforderungen werden nicht erfüllt, wenn in der Staffelmietvereinbarung die Mieterhöhungen lediglich bezogen auf den Quadratmeterpreis ausgewiesen sind (LG Görlitz, WM 97, 682, 684; Emmerich/Sonnenschein/ Weitemeyer, Miete, 7. Aufl. (1999), § 10 MHG, Rz. 23) beziehungsweise nur eine Erhöhungsquote angegeben ist (Sternel, Mietrecht aktuell, 3. Aufl. (1995), Rz. A 101).
Auch wenn die Wohnungsmiete letztlich aus einem Quadratmeterpreis und der Wohnfläche gebildet wird, hat der Mieter ein schutzwürdiges Interesse daran, die monatliche Mietbelastung für die von ihm angemietete Wohnung deutlich vor Augen geführt zu bekommen. Nur dann ist der Mieter in der Lage, den Verlauf der monatlichen Mietbelastung auf einen Blick zu erkennen und die Risiken der Staffelmiete annähernd abschätzen zu können (LG Görlitz a.a.O.).
Tatsächlich kann aus der entsprechenden Regelung in Anlage 1 zum Mietvertrag lediglich entnommen werden, wie hoch der jeweilige Mietsprung pro Quadratmeter sein soll. Es geht aber weder der nach jedem Mietsprung zu zahlende Mietzins noch der jeweilige Erhöhungsbetrag des monatlich für die 107,92 qm große Wohnung zu entrichtenden Mietzinses in einem Geldbetrag hervor.
Die Rechtslage entspricht insofern der, dass im Mietvertrag lediglich ein prozentualer Steigerungsbetrag angegeben ist. Auch in diesem Fall muss der Mieter die neue Miete erst berechnen. Die bloße Angabe eines prozentualen Anstiegs der Mietsprünge erfüllt jedoch ebenfalls nicht die gesetzlichen Erfordernisse (vgl. amtliche Begründung in BT-Drs. 12/3254 S. 14; Börstinghaus in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 7. Aufl. (1999), § 10 MHG, Rz. 99 mit Hinweis auf OLG Braunschweig RE v. 29.3.1985, NJW-RR 86, 91; OLG Karlsruhe NJW-RR 90, 155; LG Berlin WM 92; 198, LG Bonn WM 92, 199).
Die Unwirksamkeit der einzelnen Klausel führt zur Nichtigkeit der Staffelmietvereinbarung im Ganzen, weil eine Umdeutung in eine wirksame Vereinbarung nicht möglich ist (MüKo-Voelskow, 3. Aufl. (1995), § 10 MHG, Rz. 20 m.w.N.). Allein durch die Zahlung des erhöhten Betrags wird die Unwirksamkeit der Staffelmietvereinbarung nicht nachträglich behoben (LG Braunschweig, WM 90, 159). Dagegen wird die Wirksamkeit des Mietvertrages davon nicht berührt (vgl. Blank/Börstinghaus, MHG, § 10, Rz. 15).
Ferner ist auch die Regelung in Anlage I zum Mietvertrag, wonach Mieterhöhungen nach den §§ 3 und 5 MHG zulässig sein sollen, gemäß §§ 557 a Abs. 4 BGB n.F., 134 BGB unwirksam. Bei einer bestehenden Staffelmietvereinbarung schließt § 557 a Abs. 2 S. 2 BGB n.F. andere Mieterhöhungsmöglichkeiten weitgehend aus. Die Vereinbarung einer doppelten Mieterhöhungsmöglichkeit verstößt gegen diesen Grundgedanken, da sich der Mieter darauf einstellen muss, in welcher Art und Weise eine höhere Mietbelastung auf ihn zukommt. Bei der vorliegenden vertraglichen Ausgestaltung ist dies nicht gewährleistet, da dem Vermieter neben der Staffelmietvereinbarung noch Mieterhöhungsalternativen verbleiben (vgl. AG Frankfurt/M., WM 89, 400). Die Unwirksamkeit dieser Formulierung in der Anlage I zum Mietvertrag führt ebenfalls zur Unwirksamkeit der Staffelmietvereinbarung im Ganzen (LG Berlin GE 1997, 555; AG Frankfurt/M. WM 89, 400; Blank/Börstinghaus Rz. 24; Schmidt-Futterer/ Börstinghaus Rz. 114). Eine höhere Miete hätten die Beklagten nur im Wege der Mieterhöhungen nach den Vorschriften des MHG erzielen können. …
04.05.2017