Leitsatz:
Der Vermieter hat gegen den Mieter keinen Anspruch nach § 554 Abs. 1 BGB auf Duldung des Austauschs der vorhandenen Kastendoppelfenster gegen isolierverglaste Fenster sowie der hiermit verbundenen Nebenarbeiten.
AG Mitte, Urteil vom 28.6.02 – 6 C 23/02 –
Mitgeteilt von RA Daniel Friedrichs
Urteilstext
Aus dem Tatbestand:
Zwischen den Parteien besteht ein Mietverhältnis über die von den Beklagten bewohnte und im Hause S… Allee in Berlin gelegene Wohnung. Der Kläger begehrt die Duldung des Austauschs der in dieser Wohnung vorhandenen Kastendoppelfenster gegen einflügelige Isolierglasfenster. Die vorhandenen Fenster sind etwa hundert Jahre alte, zweiflügelige Holzkastendoppelfenster mit Unter- und Oberlicht und im Stil dazu passenden Messinggriffen. Mit Schreiben vom 24.8.2001 kündigte der Kläger gegenüber den Beklagten den beabsichtigten Austausch der Fenster an und forderte Zutritt zu der Wohnung. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass in der beabsichtigten Maßnahme keine Modernisierungsmaßnahme zu sehen sei. Mit Anwaltsschreiben vom 15.9.2001 erklärten die Beklagten, den Zutritt zu ihrer Wohnung nicht zu gewähren.
Der Kläger behauptet, der Austausch stelle eine notwendige Instandsetzungsmaßnahme dar, da sämtliche in der Wohnung vorhandenen Kastendoppelfenster auf Grund einer fortgeschrittenen Verwitterung dringend einer Instandsetzung bedürften. Der Einbau neuer Fenster ließe erforderliche Reparaturen, die andernfalls alle drei Jahre anfielen, entfallen. Das unterschiedliche Material wirke sich weder auf das Ansehen noch auf das Raumklima aus. Zudem seien die Isolierglasfenster einfacher zu handhaben. Er ist der Ansicht, die Wahl der Instandsetzungsmaßnahme bleibe ihm überlassen. …
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist nicht begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Duldung eines Austauschs der vorhandenen Kastendoppelfenster gegen isolierverglaste Fenster sowie der hiermit verbundenen Nebenarbeiten gemäß § 554 Abs. 1 BGB (§ 541 a BGB a.F.).
Gemäß § 554 Abs. 1 BGB (§ 541 a BGB a.F.) besteht eine Verpflichtung des Mieters, zur Erhaltung der Mieträume erforderliche Maßnahmen zu dulden. Erhaltungsmaßnahmen stellen alle der Wiederherstellung oder Erhaltung des ursprünglichen Zustandes der Mietsache dienende Maßnahmen dar. Hierunter fällt insbesondere die Ausbesserung oder Erneuerung schadhafter Teile (Palandt, 61. Aufl., § 554, Rn. 5). Hierzu zählt hingegen nicht eine Veränderung der Mietsache, durch die ein neuer Bestand geschaffen wird, denn die dem Mieter obliegende Duldungspflicht stellt das erforderliche Gegenstück zu der aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB (§ 536 BGB a.F.) folgenden Verpflichtung des Vermieters dar, die Mietsache in einem dem vertragsgemäßen Gebrauch entsprechenden Zustand zu erhalten. Hieraus folgt zugleich, dass die Art und Weise der Instandsetzung nur so lange in das Ermessen des Vermieters gestellt ist und die Duldungspflicht des Mieters nur so weit reicht, wie der mietvertraglich vereinbarte Zustand erhalten bleibt. Dies wäre im Falle des beabsichtigten Austauschs der Fenster nicht gegeben. Unstreitig haben die Beklagten die Wohnung mit Holzkastendoppelfenstern, die sich hinsichtlich des Materials, Alters und der zweiflügeligen Ausstattung von Isolierglasfenstern erheblich unterscheiden, gemietet. Die Ausstattung der Wohnung mit diesen Fenstern entspricht dem vertraglich vereinbarten Zustand. Der Austausch der Fenster gegen Isolierglasfenster mit Kunststoffrahmen stellt allein nach optischen Gesichtspunkten eine Umgestaltung der Mietsache dar, die die Beklagten allein aus wirtschaftlichen Motiven des Vermieters nicht zu dulden brauchen (LG Berlin WM 1987, 384). Hinzu kommt die unterschiedliche Handhabung der Fenster einschließlich der Stellmöglichkeiten im Hinblick auf die zweiflügelige Ausstattung der vorhandenen bzw. einflügelige Ausstattung der Isolierglasfenster. Allein wirtschaftliche Gründe führt der Kläger als ausschlaggebend für seine Entscheidung an, die Fenster auszutauschen, indem er darauf verweist, dass im Falle eines Austauschs die periodisch anfallenden Reparaturen der Fenster entfielen. Dass eine Instandsetzung der Fenster durch Reparaturen nicht möglich ist, behauptet er hingegen nicht. Insofern kann auch dahinstehen, ob sämtliche Fenster reparaturbedürftig sind, wie der Kläger behauptet, oder nur ein Fenster und eine Balkontür, wie die Beklagten behaupten. Ob die Tauglichkeit zum Wohnen, etwa im Hinblick auf die Luftzirkulation und das Raumklima, in gleicher Weise erhalten bliebe, ist ebenfalls nicht entscheidend, da auch im Falle entsprechender Funktionsfähigkeit der neuen Fenster ein veränderter Zustand der Mietsache verbliebe. Nach alledem war die Klage abzuweisen. …
Anmerkung der Redaktion:
ebenso: LG Berlin v. 25.6.1987 – 61 S 426/86 -, GE 87, 1001; WM 87, 384; LG Berlin v. 17.12. 2001 – 62 S 238/01 -, MM 02, 97; AG Mitte v. 14.10.1999 – 4 C 263/99 -, MM 00, 281; AG Schöneberg v. 22.11.2000 – 12 C 302/00 -, MM 01, 107; GE 01, 142; a.A.: LG Berlin v. 6.12.1984 – 62 S 415/83 -, MM 85, 118
15.03.2013