Leitsätze:
1. Wird das vom Mieter im Wege der genehmigten Mietermodernisierung geflieste Bad anlässlich einer Strangsanierung teilweise zerstört, hat der Mieter aus § 554 Abs. 4 BGB einen Anspruch gegen den Vermieter auf angemessene Neuverfliesung nach Abschluss der Instandsetzungsarbeiten.
2. Bei einer nachfolgenden Mieterhöhung nach § 558 BGB bleibt das geflieste Bad als wohnwerterhöhendes Merkmal unberücksichtigt.
AG Lichtenberg, Urteil vom 4.6.04 – 5 C 507/03 –
Urteilstext
Aus dem Tatbestand:
Mit Vertrag vom 15. März 1975 mieteten die Beklagten von der Klägerin die Wohnung in der B…-Straße in Berlin, Wohnung 0102.
Die Wohnung hat eine Fläche von 61,50 Quadratmetern, sie ist mit Sammelheizung, Bad und Innen-WC ausgestattet. Es ist ein wohnungsbezogener Kaltwasserzähler vorhanden.
In der Küche befinden sich Wandfliesen im Arbeitsbereich und ein Anschluss für einen Geschirrspüler.
Die Wohnung verfügt über moderne Isolierverglasung und verstärkte Elektrosteigeleitungen.
Am überdurchschnittlich gut instand erhaltenen Gebäude befindet sich eine Wärmedämmung zusätzlich zur vorhandenen Bausubstanz. Außerdem sind eine einbruchshemmende Haus- und Wohnungstür vorhanden.
Bei Abschluss des Mietvertrages war die Badewanne in der Wohnung freistehend. Außerdem befanden sich nur im Nassbereich über der Wanne und über dem Waschbecken Fliesen bis zu einer Höhe von 1,35 m.
Mit Genehmigung der Klägerin vom 24. November 1992 wurde das Bad durch die Beklagten umlaufend gefliest, die Wanne eingefliest und moderne Einhebelmischbatterien getrennt für Wanne und Waschbecken installiert.
Im Rahmen einer Strangsanierung, die auch die Wohnung der Beklagten betraf, beließ die Klägerin die alten Leitungen in der Wand. Die neuen Leitungen verlegte sie auf der Badezimmerwand. Dadurch wurde eine Vorwandinstallation notwendig. Dabei wurde das Bad so verändert, dass die vorhanden gewesene Badewanne nicht mehr nutzbar war. Das WC musste durch ein wandhängendes WC mit in die Wand eingelassenen Spülkanten ersetzt werden. Das Waschbecken musste durch ein kleineres Waschbecken ersetzt werden. Dabei wurde jedoch die bereits vorhanden gewesene, von den Beklagten angeschaffte Waschtischarmatur beibehalten. Die Klägerin ließ das Bad komplett neu türhoch verfliesen und dabei auch die Wanne einfliesen.
Für die Verwendung höherwertiger Fliesen und einer Bordüre leisteten die Beklagten eine Zuzahlung.
Die Beklagten hatten den angekündigten Modernisierungsmaßnahmen widersprochen, sahen sich jedoch zur Duldung der Verlegung neuer Stränge verpflichtet.
Am 1. September 2000 betrug die Nettokaltmiete, die zuletzt zum 1. April 1998 nach § 2 MHG erhöht worden war, 242,66 Euro.
Zum 1. August 2001 wurde eine Mieterhöhung um 40,90 Euro nach § 3 MHG wirksam. Bezüglich der im Bad durchgeführten Arbeiten erfolgte keine Modernisierungsumlage.
Mit Schreiben vom 16. Juni 2003, zugegangen am 18. Juni 2003, forderte die Klägerin die Beklagten auf, einer Erhöhung der Nettokaltmiete auf 324,72 Euro mit Wirkung ab dem 1. September 2003 zuzustimmen. …
Die Klägerin behauptet, die Beklagten selbst hätten das Bad nur bis zu einer Höhe von 1,50 m gefliest. Sie ist der Ansicht, dass bei Anwendung des Berliner Mietspiegels 2003 das Sondermerkmal „modernes Bad“ zu ihren Gunsten zu berücksichtigen und die Merkmalgruppe 1 positiv zu bewerten sei.
Die Klageschrift ist den Beklagten am 20. November 2003 zugestellt worden.
Durch Versäumnisurteil vom 5. März 2004 ist die Klage abgewiesen worden. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 12. März 2004, eingegangen bei Gericht am 15. März 2004, Einspruch eingelegt.
Die Klägerin beantragt, das Versäumnisurteil vom 5. März 2004 aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, der Erhöhung der Nettokaltmiete für die Wohnung in Berlin, B…-Straße, von bisher 283,56 Euro um 41,16 Euro auf monatlich 324,72 Euro mit Wirkung ab dem 1. September 2003 zuzustimmen.
Die Beklagten beantragen, das Versäumnisurteil vom 5. März 2004 aufrecht zu erhalten.
Die Beklagten behaupten, sie selbst hätten das Bad ursprünglich umlaufend bis zu einer Höhe von 2,00 m gefliest. Die neue Armatur für die Badewanne und das neue WC, einen Flachspüler, hätten sie auf eigene Kosten gestellt, die zusätzlichen Montagekosten seien von ihnen getragen worden.
Aus den Entscheidungsgründen:
Durch den zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten Einspruch ist der Prozess in die Lage zurückversetzt worden, in der er sich vor Eintritt der Säumnis der Klägerin befand, §§ 339, 340, 342 ZPO.
Die Klage ist zulässig.
Das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin vom 16. Juni 2003 erfüllt die formellen Anforderungen des § 558 a BGB. Die Klagefrist des § 558 b Abs. 2 S. 2 BGB ist eingehalten.
Die Klage ist teilweise begründet.
Die Klägerin kann von den Beklagten nach § 558 Abs. 1 S. 1 BGB Zustimmung zu einer Erhöhung der Nettokaltmiete auf 296,43 Euro verlangen.
Die ortsübliche Vergleichsmiete im Sinne von § 558 Abs. 2 S. 1 BGB beträgt 4,82 Euro/Quadratmeter.
Die hier in Rede stehende Wohnung ist in das Feld H6 des Berliner Mietspiegels 2003 einzuordnen, dessen Mittelwert 4,32 Euro und dessen Oberwert 4,98 Euro beträgt. Unstreitig sind die Merkmalgruppen 2 bis 5 der Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung positiv zu bewerten.
Die Merkmalgruppe 1 ist negativ zu bewerten. Es kann dahingestellt bleiben, ob das vorhandene wandhängende WC mit in der Wand eingelassenem Spülkasten hier als wohnwerterhöhendes Merkmal zu berücksichtigen ist. Denn jedenfalls überwiegen die wohnwertmindernden Merkmale, weil insoweit eine freistehende Wanne ohne Verblendung und überwiegend nicht geflieste Wände anzunehmen sind.
Nach Ziffer 6.2 des Berliner Mietspiegels 2003 ist für die Bewertung der Wohnung die Ausstattung maßgeblich, die der Vermieter gestellt hat; Ausstattungsmerkmale, die der Mieter selbst und auf eigene Kosten geschaffen hat, bleiben unberücksichtigt.
Diese Regelung gilt entsprechend auch für die Anwendung der Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung. Einrichtungen des Mieters, die den Wohnwert der Mietsache erhöht haben, sind bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht zu berücksichtigen (BayObLG NJW 1981, 2259, 2260 mit zahlreichen Nachweisen; LG Hamburg WM 1990, 441; LG Berlin GE 2002, 594). Wegen der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung soll der Vermieter nur für seine Leistungen ein Entgelt erhalten; wenn er keine zusätzliche Leistung erbracht hat, soll dem Vermieter auch kein erhöhtes Entgelt zugute kommen (BayObLG a.a.O.). Der Mieter, der schon die Kosten für wertverbessernde Maßnahmen allein getragen hat, soll dafür nicht noch zusätzlich mit einem erhöhten Mietzins belastet werden (BayObLG a.a.O.).
Als die Beklagten die Wohnung anmieteten, lagen die wohnwertmindernden Merkmale „freistehende Wanne ohne Verblendung“ und „Wände nicht überwiegend gefliest“ vor. Diese Merkmale wurden durch die Beklagten auf ihre eigenen Kosten beseitigt. Nach Ansicht des Gerichts kann es hier nicht entscheidend darauf ankommen, dass die nunmehr vorhandene Verblendung der Wanne und die Verfliesung des Bades von der Klägerin durchgeführt wurden. Zwar ist grundsätzlich darauf abzustellen, ob die zurzeit tatsächlich konkret vorhandene wohnwerterhöhende Ausstattung vom Vermieter errichtet wurde (LG Berlin GE 2004; 180). Hier war es aber so, dass die von den Beklagten im Bad vorgenommenen Einbauten durch die von der Klägerin durchgeführten Strangsanierung beschädigt bzw. nutzlos wurden. Die Klägerin war deshalb nach §§ 535 Abs. 1 S. 2, 554 Abs. 4 BGB verpflichtet, nach Durchführung der Instandsetzungsmaßnahme den vorherigen Zustand wieder herzustellen bzw. die entsprechenden Kosten zu übernehmen. Dass sie dieser rechtlichen Verpflichtung nicht nachgekommen ist, kann aber nicht zur Folge haben, dass sich dies bei der Ermittlung der Vergleichsmiete auch noch zu ihren Gunsten auswirkt.
Der Umstand, dass die Klägerin die Instandhaltungspflicht für die von ihr vorgenommenen Einbauten übernommen hat, ist als solcher hier nicht von Bedeutung (vgl. LG Berlin GE 2002, 594 f).
Von den Sondermerkmalen ist lediglich der „wohnungsbezogene Kaltwasserzähler“ vorhanden. Das „moderne Bad“ kann hier aus den oben genannten Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, nicht berücksichtigt werden.
Zum Mittelwert des Mietspiegelfeldes H6 sind nach dem oben Gesagten 60 Prozent der oberen Spanne hinzuzurechnen. Dies ergibt einen Betrag von rund 4,72 Euro/qm. Zusammen mit 0,10 Euro/qm für den Kaltwasserzähler ergibt dies 4,82 Euro/qm. Bei einer Fläche von 61,50 qm errechnet sich eine Nettokalt-Miete von 296,43 Euro.
Die Fristen von § 558 Abs. 1 S. 1 u. S. 2 BGB und die Kappungsgrenze, § 558 Abs. 3 BGB, sind eingehalten. …
25.12.2016