Leitsätze:
1. Der Mieter hat ein Feststellungsinteresse daran, ob zukünftig Schönheitsreparaturen von ihm verlangt werden können oder nicht. Er hat einen Anspruch darauf, jederzeit vor der Entscheidung über eine Kündigung des Mietverhältnisses voraussichtliche Kosten für die Renovierung abschätzen zu können und vor einem Auszug zu wissen, ob er Schönheitsreparaturen ausführen muss.
2. Ein Fristenplan, der die zur Durchführung der Schönheitsreparaturen laufenden Fristen unangemessen verkürzt, macht die Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter insgesamt unwirksam.
3. Die formularvertragliche Verpflichtung, Einbaumöbel anzustreichen, führt auch dann zur Unwirksamkeit der Klausel, wenn sich in der Wohnung bei Vertragsabschluss keine Einbaumöbel befanden.
LG Berlin, Urteil vom 18.3.03 – 64 S 133/02 –
Mitgeteilt von RA Martin Kirsch
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
… Die Beklagten haben bereits jetzt ein Feststellungsinteresse daran, ob zukünftig Schönheitsreparaturen von ihnen verlangt werden können oder nicht. Sie haben einen Anspruch darauf, jederzeit vor der Entscheidung über eine Kündigung des Mietverhältnisses voraussichtliche Kosten für die Renovierung abschätzen zu können und vor einem Auszug zu wissen, ob sie Schönheitsreparaturen ausführen müssen – was sie dann rechtzeitig selbst günstiger tun könnten. Zudem stellt sich die Frage gegenwärtig, weil die Fristen für die Durchführung der Schönheitsreparaturen abgelaufen sind.
Der als Anlage zum Mietvertrag gehörige Fristenplan vom 13.5.1974 und damit auch die Überbürdung der Schönheitsreparaturen gemäß § 3 Abs. 5 des Mietvertrages vom 13.5.1974 in Verbindung mit der Ziffer 5 Abs. 2 der allgemeinen Vertragsbestimmungen sind unwirksam. Ein Fristenplan, der die zur Durchführung der Schönheitsreparaturen laufenden Fristen unangemessen verkürzt, macht die Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter insgesamt unwirksam (LG Berlin – Urteil vom 12.11.2002, 64 S 58/02 – GE 2003, 124).
Die vereinbarten Fristen sind zu kurz und verstoßen gegen den wesentlichen Grundgedanken des 536 BGB (vgl. LG Berlin GE 1996, 1549; LG Aachen ZMR 1988, 60; LG Köln WM 1989, 506). Die grundsätzlich mögliche Überwälzung war dann gemäß § 9 AGBG, geltend gemäß § 28 Abs. 2 AGBG auch für vor lnkrafttreten des AGBG geschlossene Verträge, unwirksam, wenn sie die nach ständiger Rechtsprechung (LG Berlin – Urteil vom 12.11.2002, 64 S 58/02 – GE 2003, 124 m.w.N.) für ausreichend und angemessen erachteten Fristen unterschritt. Daran hat sich durch Inkrafttreten des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB n.F. mit gleichem Gesetzeswortlaut nichts geändert.
Eine isolierte Weitergeltung der Überwälzung der Schönheitsreparaturen trotz unwirksamen Fristenplanes liefe dem Schutzzweck, Verbraucher vor unangemessener Benachteiligung zu schützen, zuwider, weil dann stattdessen gerade die Verwender unwirksamer Klauseln durch Reduzierung auf das für sie günstigste Maß bevorzugt würden (im Einzelnen LG Berlin – Urteil vom 12.11.2002, 64 S 58/02 – GE 2003, 124 m.w.N.).
Vorliegend sind die Fristen für die Ausführung der Schönheitsreparaturen in Wohnküchen von mindestens drei Jahren auf zwei Jahre verkürzt worden und zudem die Mieter verpflichtet worden, auch den Anstrich von Einbaumöbeln durchzuführen, ohne dass dieser unter die Schönheitsreparaturen fällt (vgl. dazu LG Düsseldorf, Urteil vom 7.3.2002, 21 S 163/01, NZM 2002, 779).
Es kann dahinstehen, ob sich in der Wohnung nach dem Vorbringen im nachgelassenen Schriftsatz Einbaumöbel nicht befanden. Denn die Klausel erlangt auch dann Bedeutung, wenn nachträglich Möbel etwa in die Küche eingebaut wurden. Entscheidend ist die Vereinbarung einer an sich unwirksamen Klausel, egal ob sie hinsichtlich des derzeitigen Zustandes der Wohnung schon Bedeutung hat oder erst nach geänderter Ausstattung der Wohnung Bedeutung bekommen kann. …
11.03.2013