Leitsatz:
Stellt die Wohnungseigentümergemeinschaft dem Mieter einer Eigentumswohnung das Wasser ab, weil der Wohnungseigentümer seinen Wohngeldanteil nicht an die Gemeinschaft abgeführt hat, stellt dies gegenüber dem Mieter eine verbotene Eigenmacht dar, gegen die dieser im Wege der einstweiligen Verfügung vorgehen kann.
AG Charlottenburg, Beschluss vom 17.12.04 – 214 C 1010/04 –
AG Charlottenburg, Beschluss vom 19.1.04 – 215 C 1006/04 –
Mitgeteilt von RA Stefan Schetschorke
Urteilstext
Gründe (AG Charlottenburg, Beschluss vom 17.12.04 – 214 C 1010/04 -)
Nachdem beide Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 a Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dies führt zur Auferlegung der Kosten auf die beklagte Partei. Denn diese wäre aller Voraussicht nach in dem Widerspruchsverfahren unterlegen. Die einstweilige Verfügung vom 18.10.2004 ist zu Recht ergangen. Sie war gemäß § 940 ZPO erforderlich, da die Verfügungsklägerin auf die Versorgung mit Wasser dringend angewiesen war und sie gemäß § 862 BGB Anspruch auf Beseitigung der Störung hatte. Die Wassersperrung durch die Verfügungsbeklagte stellt gegenüber der Verfügungsklägerin eine verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 BGB dar. Die Klägerin hat als Mieterin Besitz an der streitgegenständlichen Wohnung, welcher durch die ohne ihren Willen erfolgte Wassersperrung gestört wurde. Anders als im Verhältnis der Wohnungseigentümergemeinschaft zu den einzelnen Eigentümern kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass erhebliche Wohngeldrückstände bestanden und der Beschluss über die Wassersperre ordnungsgemäßer Verwaltung entsprach. Denn der Wohngeldanspruch besteht nur im Verhältnis zum Eigentümer der Wohnung, nicht im Verhältnis zu der Mieterin.
Des Weiteren hatten sich die Parteien unstreitig am 15.10.2004 geeinigt, dass das Wasser am 18.10.2004 um 8.30 Uhr wieder angestellt werden sollte, was jedoch nicht geschah. Auch aus dieser Vereinbarung hatte die Verfügungsklägerin Anspruch auf Wiederherstellung der Wasserversorgung.
Gründe (AG Charlottenburg, Beschluss vom 19.1.04 – 215 C 1006/04 -):
Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war lediglich noch gemäß § 91 a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden. Diese waren nach billigem Ermessen der Antragsgegnerin aufzulegen, weil diese unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes im Falle einer streitigen Entscheidung unterlegen gewesen wäre. Der Antragsteller hatte nämlich gemäß § 862 Abs. 1 S. 1 BGB einen Anspruch auf Wiederherstellung der Wasserversorgung für die von ihm innegehaltene Wohnung. Die Unterbindung der Wasserversorgung durch die Antragsgegnerin stellt sich als verbotene Eigenmacht i.S.v. § 858 Abs. 1 BGB dar. Bei der Sperrung der Wasserversorgung für Wohnräume handelt es sich nach Auffassung des erkennenden Gerichts unproblematisch um eine Besitzstörung. Abgesehen davon, dass auch ein Vermieter gegenüber seinem hinsichtlich der Mietzinszahlungen säumigen Mieter nicht zu verbotener Eigenmacht greifen darf, konnte vorliegend die Antragsgegnerin dem Antragssteller als Mieter die ausgebliebenen Wohngeldzahlungen des Wohnungseigentümers, seines Vermieters, keinesfalls entgegenhalten. Darüber hinaus war der Antragsteller nach der Zusage der Vertreterin der Antragsgegnerin, am 18. Oktober 2004 um 8.30 Uhr mit der Entsperrung zu beginnen, nach vorheriger telefonischer, im Ergebnis aber erfolgloser Bemühung um Klärung auch berechtigt, am 18. Oktober 2004 um 13.00 Uhr und damit am fünften Tag ohne Wasser, den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu beantragen.
04.03.2013