Leitsatz:
Es liegt im normalen Mietgebrauch des § 535 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn der Mieter eine mobile Parabolantenne an einem Fenster der von ihm innegehaltenen Wohnung mittels Teleskopstange anbringt, die zwischen dem unteren und dem oberen Fensterrahmen eingespannt wird und deren Kabel mit einem Adapter unterhalb der Fensterrahmen in die Wohnung geleitet werden, ohne dass die Substanz des Hauses durch eine feste Installation betroffen wäre. Der Mieter bedarf deshalb für dieses Vorhaben keiner Zustimmung seines Vermieters.
LG Berlin, Urteil vom 27.5.05 – 63 S 487/04 –
Mitgeteilt von RA Daniel P. Müller
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
…
Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch darauf zu, eine mobile Satellitenempfangsanlage im Fenstersturz bzw. in der Fensterleibung eines Fensters der vom Kläger innegehaltenen Wohnung zu installieren.
Dieser Anspruch ergibt sich bereits aus § 535 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Kläger bedarf hierfür nicht der Zustimmung der Klägerin gemäß Nr. 2 (3) e der Allgemeinen Vertragsbestimmungen für Bundesmietwohnungen, die als Anlage zum Mietvertrag der Parteien vom 15. August 2001 vereinbart sind.
Zum einen kann der Kläger, der gemeinsam mit seiner Ehefrau Y. Ö. Mieter der streitgegenständlichen Wohnung ist, den Anspruch auch allein geltend machen, weil insoweit der Kläger und seine Ehefrau Gesamtgläubiger des mietvertraglichen Anspruchs im Sinne von § 428 BGB sind.
Einer Zustimmung der Beklagten bedarf es hierfür zum anderen nicht, weil die vom Kläger beabsichtigte Installation der mobilen Parabolantenne an einem Fenster der von ihm innegehaltenen Wohnung mittels einer Teleskopstange, die zwischen dem unteren und dem oberen Fensterrahmen eingespannt und deren Kabel mit einem Adapter unterhalb der Fensterrahmen in die Wohnung geleitet werden, ohne dass die Substanz des Hauses durch eine feste Installation betroffen wäre, im Rahmen des normalen Mietgebrauchs des § 535 Abs. 1 S. 1 BGB liegt.
In Ergänzung der Ausführungen des Urteils der Kammer vom 12. September 2003 (63 S 66/03, GE 2003, 1330) kommt es daher weder auf den Umstand an, dass der Kläger sowohl die deutsche als auch die türkische Staatsbürgerschaft innehält noch auf die in den Allgemeinen Vertragsbedingungen des zwischen den Parteien stehenden Mietvertrags enthaltene Zustimmungspflicht zur Anbringung einer Antenne, die im Sachverhalt des vorzitierten Urteils der Kammer ebenfalls (dort: Nr. 7 [1 K]) vereinbart war. Auch wenn im vorliegenden Fall die Anbringung der mobilen Parabolantenne nicht auf einem Balkon, sondern im Fensterrahmen der Wohnung erfolgen soll, gilt nichts anderes: Es unterliegt im Rahmen der Vermietung der Wohnung an den Kläger und seine Ehefrau nicht mehr der Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeit der Beklagten, bei fehlender Substanzverletzung des Hauses den Mieter – sei es im Rahmen der Allgemeinen Vertragsbedingungen oder auf Grund einer einschränkenden Auslegung des Mietgebrauchs im Sinne von § 535 Abs. 1 S. 1 BGB – in Hinblick auf die Anbringung von leicht zu entfernenden Gegenständen, die nichtfest installiert sind, in irgendeiner Form zu beschränken. Insofern bestehen nachhaltige Unterschiede zwischen der Aufstellung einer Parabolantenne auf einem Balkon oder einer mobilen Anbringung innerhalb eines Fensterrahmens nicht. Weder ist die zur Anbringung von nicht mobilen Parabolantennen existierende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 90, 27; BVerfG NJW 1994, 2143) noch sind die Normen des EU-Rechts (Art. 28 ff. EGV) einschlägig, weil zum einen – wie in der vorzitierten Entscheidung der Kammer ausgeführt – ein in Allgemeinen Vertragsbedingungen formuliertes Zustimmungserfordernis nach Sinn und Zweck dahin auszulegen ist, dass es nur solche Antennen betrifft, die außerhalb der gemieteten Räumlichkeiten oder unter Inanspruchnahme der Substanz des Hauses durch eine feste Installation angebracht werden sollen; dies ist bei der innerhalb der Fensterleibung mobil mittels der Teleskopstange zu befestigenden Parabolantenne nicht der Fall. Zum anderen besteht vorliegend für den Kläger in Übereinstimmung mit Art. 28 EGV die Möglichkeit, im Rahmen der Waren- und Dienstleistungsfreiheit eine Parabolantenne der beantragten Art zu errichten und zu nutzen, mit der Folge, dass es dem Kläger möglich ist, die hiermit verfügbaren Fernsehprogramme zu sehen. Auf der anderen Seite werden Interessen der Beklagten nur insoweit berührt und beeinträchtigt, als sie sich durch die Vermietung der Wohnung an den Kläger und dessen Ehefrau ohnehin ihres auf ihren Eigentumsrechten beruhenden Einflusses begeben hat, indem sie ihm und seiner Ehefrau den Gebrauch der Wohnung einberäumt hat.
Soweit der Kläger in erster Instanz noch die Zustimmung der Beklagten zur einer nicht mobilen Parabolantenne begehrt und in zweiter Instanz den Antrag auf die Anbringung einer mobilen Parabolantenne – wie tenoriert – beschränkt hat, handelt es sich um eine privilegierte Klageänderung im Sinne von § 264 Ziff. 2 ZPO. die darüber hinaus in Hinblick auf die Beschränkung des Klageantrages jedoch keine wesentliche Einschränkung des Streitgegenstands erfahren hat, so dass weder eine Teilabweisung noch eine Kostenquote veranlasst war. …
09.06.2018