Leitsatz:
Der bloße Ansatz der schon bereinigten Kosten bei der Abrechnung über gemischt genutzte Objekte macht die Abrechnung insgesamt formell unwirksam, so dass auch keine Heilung durch Nachbesserung auf Grund der Jahresausschlussfrist des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB möglich ist.
AG Tempelhof/Kreuzberg, Urteil vom 21.4.05 – 8 C 446/04 –
Mitgeteilt von RAin Imke Oevermann
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung des Betrages von 180,05 Euro, da die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2002 vom 23. Dezember 2003 mangels Ordnungsgemäßheit nicht fällig ist. Mangels Gewerbevorwegabzug ist die Betriebskostenabrechnung formell unwirksam, so dass auch keine Heilung durch Nachbesserung auf Grund der Jahresausschlussfrist des § 556 Abs. 3 S. 3 BGB möglich ist. Die Nachbesserung hätte den Beklagten bis spätestens 31. Dezember 2003 zugehen müssen. Es kann deshalb dahinstehen, dass ein ordnungsgemäßer Gewerbevorwegabzug auch während des Prozesses im Wege der Nachbesserung nicht vorgenommen worden ist und ebenfalls kann dahinstehen, ob die Betriebskostenabrechnung an materiellen Fehlern leidet.
Grundsätzlich wird die Frist des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB zur Abrechnung über die Vorauszahlungen für Betriebskosten mit einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung gewahrt; auf die inhaltliche Richtigkeit kommt es für die Einhaltung der Frist nicht an (BGH Urteil vom 17. November 2004 in GE 2005, S. 50 f.). Die formelle Wirksamkeit einer Betriebskostenabrechnung ist gewahrt, wenn sie den allgemeinen Anforderungen im Sinne des § 259 BGB entspricht, d. h. eine geordnete Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung des zu Grunde gelegten Verteilerschlüssels (§ 556 a BGB), die Berechnung des Anteils des Mieters und den Abzug der Vorauszahlungen des Mieters enthält. Während ein unrichtiger Umlegemaßstab lediglich zur materiellen Unrichtigkeit der Abrechnung führt, betrifft der fehlende Gewerbevorwegabzug die formelle Wirksamkeit. Unter einer „geordneten Zusammenstellung der Gesamtkosten“ ist die transparente Information des Mieters über die im Abrechnungszeitraum entstandenen Kosten zu verstehen, wobei der Mieter die entstandenen Kosten für Objekte wie Gewerbe- und Wohnraum dem Umfang nach nachvollziehbar erkennen können muss und diese Kosten müssen auch auf Plausibilität prüfbar sein. Schon vorab gekürzte Beträge, welche die verschiedenen Kostenansätze und deren Zuordnung nicht erkennen lassen, sind daher fehlerhaft (vgl. WM 12/2003, S. 672).
Der bloße Ansatz der schon bereinigten Kosten bei der Abrechnung über gemischt genutzte Objekte macht die Abrechnung insgesamt formell unheilbar unwirksam (vgl. Dr. Hans Langenberg, WM 2003, S. 670, 672). Dieser in der Rechtsprechung auch in der Vergangenheit vertretene Grundsatz für die Erfordernis einer formell ordnungsgemäßen Betriebskostenabrechnung bzgl. der Zusammenstellung der Gesamtkosten findet auch ihren Niederschlag in der neuesten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 17. November 2004 a.a.O.). Der Bundesgerichtshof führt aus, dass ein unrichtiger Umlageschlüssel lediglich ein inhaltlicher Fehler ist; es komme grundsätzlich darauf an, dass ein durchschnittlich gebildeter, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulter Mieter bei einer Kontrolle der Abrechnung klar erkennen könne, dass es sich – im Hinblick auf den verwendeten Umlageschlüssel – um einen inhaltlichen Fehler handelt, der insoweit einer Korrektur bedarf. Grundgedanke ist, dass der Vermieter grundsätzlich zahlenmäßige Angaben nachträglich berichtigen darf, wobei allerdings die Höhe der Nachforderung nicht die ursprüngliche Summe übersteigen darf. Er muss jedoch von vornherein dem Mieter genügend Angaben machen, damit dieser erkennen kann, welche Kosten entstanden sind und welche er demgemäß auch nachprüfen kann. Wenn – wie im vorliegenden Fall – eine Trennung von Gewerbe- und Wohnraum nicht vorgenommen wird, kann der Mieter gar nicht auf den Gedanken kommen, hier eine Prüfung eines unter Umständen für ihn nachteiligen Abzuges der Höhe nach vorzunehmen.
Im vorliegenden Fall ist auch die Nachberechnung formell unwirksam, da zwar der Kläger einen Kostenabzug entsprechend des Gewerberaums nach seiner Behauptung vorgenommen hat, dies jedoch für den Mieter nicht erkennbar ist. Es darf insoweit noch einmal darauf hingewiesen werden, dass der bloße Ansatz der schon bereinigten Kosten die Abrechnung nicht als formell wirksam im Sinne eines korrekten Vorwegabzuges „Gewerberaum/Wohnraum“ gelten lässt.
Auf Grund des Ablaufs der Ausschlussfrist konnte die formelle Unrichtigkeit der Betriebskostenabrechnung nicht geheilt werden. Das Fehlen von Vorwegabzügen bei gemischt genutzten Objekten stellt einen derart gravierenden Fehler dar, dass die Abrechnung insgesamt unheilbar unwirksam ist. In einem derartigen Fall ist die Erklärung des Vermieters nicht mehr als Abrechnung im Sinne des Gesetzes zu qualifizieren. Die nachträgliche Behebung eines derartigen Fehlers mit rechtswahrender Wirkung ist ausgeschlossen (vgl. Dr. Langenberg, a.a.O., S. 673). …
28.02.2013