Leitsätze:
1. Versäumt der Vermieter die bei Mieterwechsel technisch mögliche Zwischenablesung, dann ist es ihm versagt, den verbrauchsabhängigen Anteil der Heizkosten nach Gradtagszahlen und den verbrauchsabhängigen Anteil der Warmwasserkosten zeitanteilig auf die Mieter umzulegen, es sei denn, eine abweichende rechtsgeschäftliche Vereinbarung wurde getroffen.
2. § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenVO, wonach der Nutzer das Recht hat, bei der nicht verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kosten den auf ihn entfallenden Anteil um 15 Prozent zu kürzen, greift hier nicht ein. Er betrifft den Fall, dass eine Verbrauchserfassung nicht möglich ist, gilt aber nicht, wenn trotz ordnungsgemäßer Funktion der Verbrauchserfassungsgeräte durch Verzicht auf eine mögliche Zwischenablesung der tatsächliche Verbrauch der einzelnen Nutzer bewusst nicht ermittelt wird.
AG Schöneberg, Urteil vom 5.10.05 – 104a C 226/05 –
Mitgeteilt von RA Dilip D. Maitra
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist zulässig aber nicht begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Ausgleich des in der Heizkostenabrechnung vom 23.9.2004 für den Zeitraum vom 1.12.2003 bis 30.4.2004 ermittelten Nachzahlungsbetrages in Höhe von 395,54 Euro.
1. Unstreitig hat zwischen den Parteien auf Grund des Mietvertrages vom 10.10.2003 in der Zeit vom 1.12.2003 bis zum 15.9.2004 ein Mietverhältnis über eine 3,5-Zimmer-Wohnung im 3. Stock rechts des Vorderhauses auf dem Grundstück P.-Straße in Berlin bestanden.
Die Wohnung wird durch eine Öl-Zentralheizung mit Wärme sowie auch zentral mit warmem Wasser versorgt.
Die Aufwendungen hierfür werden nach dem Mietvertrag auf die angeschlossenen Wohnungen anteilig „entsprechend den gesetzlichen Vorgaben“ umgelegt, wobei ein fester Anteil in Höhe von 50 % nach dem Verbrauch verteilt werden soll.
Hierzu heißt es in dem Mietvertrag unter § 5 Abs. 4.: „Der Mieter erkennt schon heute die bisherige Umlagepraxis als auch für ihn als verbindlich an.“ und unter Abs. 5.: „Der Mieter erkennt das bisherige Ablesung- und Berechnungsverfahren auch für ihn als verbindlich an.“. Ferner ist unter § 10 Abs. 4. geregelt: „Mieterseits besteht kein Anspruch auf die Erstellung von Betriebskosten-, Heizkosten- oder anderen Abrechnungen bei zwischenzeitlichem Auszug. Alle Abrechnungen werden nur im Rahmen ihrer routinemäßigen Erstellung vorgelegt.“
2. Die Heizkostenabrechnung vom 23.9.2004 für den Zeitraum vom 1.12.2003 bis 30.4.2004 begründet keinen Anspruch auf den dort ausgewiesenen Nachzahlungsbetrag in Höhe von 395,54 Euro.
a) Dabei kann zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen werden, dass die Abrechnung formell ordnungsgemäß ist.
Nach den vom BGH (NJW 1982, 573) aufgestellten Grundsätzen muss die Abrechnung eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthalten. Der Mieter muss dadurch in die Lage versetzt werden, den Anspruch des Vermieters gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen. Diesen Voraussetzungen genügt die Aufstellung im Wesentlichen. Lediglich die Ermittlung der geschätzten Verbrauchseinheiten des Heizkörpers im Badezimmer ist nicht nachvollziehbar erläutert. Es kann dahingestellt bleiben, ob mit der Erklärung des Klägers im Schriftsatz vom 20.7.2005, die Schätzung erfolge „auf Grundlage von vergleichbaren Wohnungen im gleichen Haus und durch Berechnen der Grundfläche der betroffenen Zimmer“ die erforderliche Transparenz nachträglich erzielt worden ist, denn es fehlt jedenfalls an der materiellen Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung.
b) Der Kläger hat nicht schlüssig dargelegt, dass die Angaben über den individuellen Wärme- und Warmwasserverbrauch der Beklagten in der vorgelegten Abrechnung richtig sind und das Abrechnungsergebnis daher materiell zutreffend.
Ausweislich der Abrechnung sind die Verbrauchskosten für die Beheizung ausgehend von den insgesamt im Abrechnungszeitraum vom 1.5.2003 bis 30.4.2004 für die Wohnung ermittelten 40,53 Einheiten – wovon der Verbrauchswert der Heizung im Badezimmer mangels eines dort angebrachten Heizkostenverteilers lediglich geschätzt ist – nach den auf die Nutzungszeit der Beklagten entfallenden Gradtaganteilen und die Verbrauchskosten für die Warmwasserversorgung ausgehend von den insgesamt in dem Abrechnungszeitraum für die Wohnung ermittelten 31,26 cbm zeitanteilig den Beklagten zugerechnet worden. Diese Verteilungsmaßstäbe entsprechen weder den Vorgaben der Heizkostenverordnung noch einer wirksamen abweichenden Vereinbarung zwischen den Parteien.
(1) Nach § 9 b Abs. 1 HeizkV hat der Gebäudeeigentümer bei Nutzerwechsel innerhalb eines Abrechnungszeitraumes eine Ablesung der Verbrauchserfassungsgeräte der vom Wechsel betroffenen Räume (Zwischenablesung) vorzunehmen und nach Abs. 2 die nach dem erfassten Verbrauch zu verteilenden Kosten auf der Grundlage der Zwischenablesung auf Vor- und Nachnutzer aufzuteilen. Nur wenn eine Zwischenablesung nicht möglich ist oder wenn sie wegen des Zeitpunktes des Nutzerwechsels aus technischen Gründen keine hinreichend genaue Ermittlung der Verbrauchsanteile zulässt, können nach Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 die gesamten Kosten zeitanteilig bzw. die Kosten des Wärmeverbrauchs auch nach Gradtagszahlen aufgeteilt werden. Dass diese Voraussetzungen hier vorliegen würden, behauptet der Kläger selbst nicht; es ist davon auszugehen, dass eine Zwischenablesung technisch möglich gewesen wäre.
(2) Nach § 9 b Abs. 4 HeizkV können von den Absätzen 1 bis 3 abweichende rechtsgeschäftliche Bestimmungen wirksam getroffen werden. Dies ist hier aber nicht geschehen.
(a) Die Bestimmung in § 10 Abs. 4 des Mietvertrages schließt lediglich den Anspruch auf Erstellung einer Zwischenabrechnung auf den Zeitpunkt des Auszugs aus. Eine Vereinbarung über die Modalitäten der turnusgemäßen Berechnung der Heiz- und Warmwasserkosten ist darin nicht enthalten.
(b) Die Regelungen in § 5 Abs. 4 und Abs. 5 jeweils am Ende, wonach der Mieter die bisherige Umlagepraxis sowie das bisherige Ablesungs- und Berechnungsverfahren als verbindlich anerkennt, sind mangels hinreichender Bestimmtheit wirkungslos.
Es ist ihnen nicht zu entnehmen, welches die bisherige Umlagepraxis ist und welche Besonderheiten das bisherige Ablesungs- und Berechnungsverfahren aufweist. Insbesondere ergibt sich aus ihnen nicht, dass im Falle eines Nutzerwechsels innerhalb des Abrechnungszeitraumes keine Ermittlung des Verbrauchs des ausscheidenden Nutzers durch Zwischenablesung erfolgt und stattdessen der in der Abrechnungsperiode insgesamt ermittelte Wärmeverbrauch nach Gradtagszahlen und der gesamte Warmwasserverbrauch zeitanteilig zwischen dem Vor- und dem Nachnutzer aufgeteilt werden soll. Eine entsprechende Auslegung nach §§ 133, 157 BGB ist nicht möglich.
Der Kläger hat auch nicht dargelegt, dass die Beklagten bei Abschluss des Mietvertrages die angebliche bisherige Praxis bei der Erstellung von Heizkostenabrechnungen in der vom Kläger verwalteten Wohnanlage gekannt hätten, was diese ausdrücklich bestritten haben.
(3) § 12 Abs. 1 Satz 1 Heizkostenverordnung, wonach der Nutzer das Recht hat, bei der nicht verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kosten den auf ihn entfallenden Anteil um 15 % zu kürzen, greift hier nicht ein.
Er betrifft den Fall, dass eine Verbrauchserfassung nicht möglich ist, gilt aber nicht, wenn trotz ordnungsgemäßer Funktion des Verbrauchserfassungsgeräte durch Verzicht auf eine mögliche Zwischenablesung der tatsächliche Verbrauch der einzelnen Nutzer bewusst nicht ermittelt wird.
c) Mangels Kenntnis der richtigen Verbrauchswerte können die Beklagten die Abrechnung nicht selbst durch eine einfache Dreisatz-Rechnung korrigieren.
d) Auch eine Schätzung nach § 287 ZPO muss wegen unzureichender Anhaltspunkte ausscheiden.
Es ist durchaus denkbar, dass der individuelle Verbrauch von Heizenergie und Warmwasser des Vormieters sich – unabhängig von der Jahreszeit – erheblich von dem der Beklagten unterschieden hat.
e) Da die in der Abrechnung den Beklagten zugeschriebenen verbrauchsabhängigen Kosten die Klageforderung übersteigen, kann der Klage auch nicht zum Teil stattgegeben werden. …
28.05.2018