Leitsatz:
Die Platzierung des Stromzählers in der Wohnung bei Abschluss des Mietvertrags gehört zur Beschaffenheit der Wohnung, die vom Vermieter zu erhalten ist. Der Vermieter ist ohne Zustimmung des Mieters nicht befugt, den Stromzähler in den Keller zu verlegen.
AG Charlottenburg, Urteil vom 18.1.07 – 218 C 441/06 –
Mitgeteilt von RA Gerald Hohmann
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Wiederherstellung des bisherigen Zustandes der Wohnung und auf Installation des Stromzählers (aus dem Keller) in ihre Wohnung (§§ 535 Abs. 1, 858, 861 Abs. 1 BGB).
Aus dem zwischen den Parteien bestehenden Mietverhältnis ist der Beklagte als Vermieter verpflichtet, während der Mietzeit die Wohnung in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und zu erhalten. Dazu gehört auch, dass die Wohnung mit der Beschaffenheit zu überlassen und zu erhalten ist, wie sie zwischen den Mietparteien bei Abschluss des Mietvertrages als vertragsgemäß vorausgesetzt worden ist; das bedeutet u.a., dass weiterhin in der Wohnung der die Wohnung betreffende Stromzähler installiert ist. Will eine Mietpartei von dieser Beschaffenheit abweichen, hat sie dies mit der anderen Mietpartei zu vereinbaren, wobei die die Veränderung anstrebende Partei ggf. ihren betreffenden Anspruch klageweise durchsetzen kann. Jedoch ist es der eine Veränderung der Mietsache anstrebenden Mietpartei untersagt, die Veränderung durch einseitigen Akt zu vollziehen bzw. die andere Mietpartei durch unzulässige Druckmaßnahmen dazu zu bringen, sich auf die angestrebte Veränderung einzulassen. Ein solches Verhalten ist im Ergebnis als verbotene Eigenmacht und Entzug des Besitzes hinsichtlich des hier streitbefangenen Stromzählers zu würdigen.
Dies gilt auch für den Fall, dass die Platzierung des Stromzählers in der Wohnung im Mietvertrag nicht ausdrücklich vereinbart worden ist; denn die Platzierung des Stromzählers in der Wohnung bei Abschluss des Mietvertrages gehört u.a. zur Beschaffenheit der Wohnung, die vom Vermieter zu erhalten ist.
Es ist von der Klägerin unbestritten vorgetragen worden, dass der Beklagte als Vermieter nach dem Neuverlegen der Stromsteige- und -zuleitungen die anschließende Versorgung der Wohnung der Klägerin davon abhängig gemacht hat, dass die Klägerin der Verlegung des Stromzählers in den Keller zustimmt. Dies hat die Klägerin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung getan und damit dem rechtswidrigen Druck des Beklagten nachgegeben, sich jedoch die Möglichkeit der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes vorbehalten. Da die gerichtliche Überprüfung ergeben hat, dass die vom Beklagten verlangte Entfernung des Stromzählers aus der Wohnung und dessen Platzierung in einem zentralen Zählerschrank im Keller nicht begründet und auch nicht unabwendbar ist, ist der Stromzähler wieder in die Wohnung der Klägerin zurückzuversetzen.
Die Klägerin kann die Zurückversetzung des Stromzählers in ihre Wohnung unter dem Aspekt der Erhaltung bzw. Wiederherstellung des vertraglich vereinbarten Zustandes der Wohnung verlangen, wobei sie sich insoweit auch auf Bestandsschutz berufen kann; im Übrigen wird auf die vorhergehenden Ausführungen zur Erhaltung des vereinbarten Zustandes der Wohnung verwiesen.
Darüber hinaus hat die Klägerin ein erhebliches und berechtigtes Interesse daran, dass der Stromzähler weiter in der Wohnung installiert ist. Denn durch die zentrale Anordnung des Stromzählers in einem Zählerschrank mit einer Vielzahl von Stromzählern ist es allen Mietern möglich, sich Kenntnis über die Verbrauchsgewohnheiten der jeweils anderen Mieter zu verschaffen, weil die einzelnen Stromzähler identifizierbar bezeichnet worden sind; dies ist auch notwendig, weil ansonsten der Stromversorger (V.) bei Ablesungen der Stromzähler diese nicht zuordnen kann. Dies verletzt den Datenschutz der Klägerin.
Ferner ist die schwerbehinderte Klägerin dadurch belastet, dass sie zur ständigen Beobachtung ihres Stromverbrauchs häufig in den Keller laufen muss, was ihr nicht zuzumuten ist.
Letztlich kann der Beklagte nicht mit seinem Vorbringen durchdringen, dass er zwingend gehalten sei, die Stromzähler in einem Mehrfamilienhaus in einem zentralen Zählerschrank im Keller anzuschließen. Dies ergibt sich nämlich nicht eindeutig aus den vom Beklagten angezogenen Regelungen und Vorschriften.
So sieht § 17 Abs. 1 AVB EltV zwar die Berechtigung der Versorgungsunternehmen vor, Technische Anschlussbedingungen zu erlassen und darin technische Anforderungen zu bestimmen, die für die sichere und störungsfreie Versorgung mit Elektrizität notwendig sind; jedoch ist in dieser Rechtsvorschrift nicht zwingend vorgeschrieben, dass die sichere und störungsfreie Versorgung die zentrale Anordnung von Stromzählern außerhalb von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern erfordert. Zwar sehen die TAB 2000 in Nr. 7.3. vor, dass Zählerschränke in leicht zugänglichen Räumen unterzubringen sind und in Wohnungen nicht vorgesehen werden dürfen. Abgesehen davon, dass diese Bedingungen nicht für bestehende, sondern neu geschaffene Stromanschlüsse gelten, ergibt sich daraus gerade nicht, dass diese Festlegungen wegen der sicheren und störungsfreien Versorgung getroffen worden sind; vielmehr soll dadurch erreicht werden, dass in einem Mehrfamilienhaus Stromzählerschränke vom Versorgungsunternehmen leicht und zentral erreicht werden können, was jedoch mit einer sicheren und störungsfreien Versorgung wenig zu tun hat. Dementsprechend sehen die Allgemeinen Bedingungen des Netzbetreibers V. AG unter § 14 u. a. vor, dass der Netzbetreiber zwar grundsätzlich den Anbringungsort von Stromzählern bestimmt, jedoch bei abweichenden Interessen des Anschlussnehmers diesen anhört und aufgrund der Anhörung von diesem Grundsatz abweichende Entscheidungen treffen kann. Dies ist dem Beklagten bekannt gewesen, er hat jedoch – trotz Einwände der Klägerin – noch nicht einmal versucht, mit dem Netzbetreiber eine für die Klägerin abweichende Vereinbarung zu treffen.
Da es zu dieser Rechtsfrage kaum eine obergerichtliche Rechtsprechung gibt und es sich um eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung handelt sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert, war die Berufung zuzulassen (§ 511 Abs. 4 ZPO). …
23.02.2013