Leitsatz:
Großflächig abgefallener Außenputz an der Fassade stellt auch dann einen zu beseitigenden Mietmangel dar, wenn es hierdurch nicht zu einer mangelhaften Isolierung der Wohnung gegen Kälte und Feuchtigkeit kommt.
AG Köpenick, Urteil vom 15.8.07 – 8 C 129/07 –
Mitgeteilt von RA Matthias Tüxen
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist zulässig.
Der Klage steht nicht die mangelnde Bestimmtheit des Klageantrags entgegen, § 253 Abs. 2 Ziffer 2 ZPO. Die Kläger haben sich zwar maßgeblich darauf zurückgezogen, dass (nur) der Außenputz im Bereich der Fenster ihrer Wohnung abgefallen und zu erneuern sei. Der Klageantrag hingegen bezieht sich auf die gesamte Fläche der Außenfassade. Das ist letztlich, wie die Kläger in der mündlichen Verhandlung klargestellt haben, dann auch Gegenstand ihrer Klage. Der Klagegrund und der Klageantrag befinden sich damit in Übereinstimmung.
Die Klage ist auch begründet.
Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Herstellen eines einwandfreien, optisch ansprechenden Außenputzes an dem Gebäude, in dem die von ihnen von der Beklagten gemietete Wohnung liegt, §§ 535 Abs. 1 S. 2, 536 Abs. 1 S. 1 BGB.
Die erheblichen Schäden am Putz des Gebäudes, in dem die Wohnung der Kläger liegt, stellen einen Mangel der Mietsache im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB dar. In der Beurteilung der Gebrauchstauglichkeit einer Mietwohnung spielt auch die Frage ihrer Wertschätzung eine nicht unerhebliche Rolle. Diese Wertschätzung wird wiederum maßgeblich bestimmt von dem unmittelbaren Umfeld der Wohnung. Befindet sich das Miethaus in einem Stadtquartier, das allgemein hoch angesehen ist, wirkt sich das auf die Wertschätzung der Mieter für ihre Wohnung in diesem Gebäude – und damit regelmäßig auch auf die Miethöhe aus. Nichts anderes gilt, wenn sich das Mietshaus in seiner äußerlichen Erscheinung in einem ordentlichen, gepflegtem Zustand befindet. Das liegt auf der Hand.
Das findet nicht zuletzt seinen Niederschlag in der Orientierungshilfe für den Berliner Mietspiegel. Sowohl das Wohnumfeld als auch der Zustand des Gebäudes, in dem die Mietwohnung liegt, spielen für die Frage der ortsüblichen Miete, das heißt auch für die Frage der Wertschätzung der Mietwohnung durch den Mieter, eine wichtige Rolle. Gerade das gleiche gilt umgekehrt für den Fall, dass – soweit hier maßgeblich – das Mietshaus einen „heruntergekommenen“ Eindruck macht oder sich in einem schlechten baulichen Zustand befindet.
Die dem Vermieter nach § 536 BGB obliegende Pflicht, die Mietsache in einem zu dem vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten, erstreckt sich mithin auch auf Flure, Treppen und andere gemeinschaftliche Hausteile wie Hauseingang oder Fassaden, die dem Mieter mit seiner Mietwohnung zum Ausüben seines Mietrechts zur Verfügung stehen, und die von ihm, will er seine Wohnung nutzen, begangen werden müssen – und die so auch ohne besondere Erwähnung im Mietvertrag als mitvermietet zu gelten haben (vergleiche Kammergericht, Grundeigentum 1984, 81 bis 83).
Vorliegend stellt der Zustand der Fassade des Hauses einen Mangel dar, weil sich der Außenputz bei Abschluss des Mietvertrags zwischen den Klägern und ihrer damaligen Vermieterin in einem ordentlichen, einwandfreien und gepflegten Zustand befand.
Inzwischen ist dieser Zustand, da gehen die Parteien einig, nicht mehr gegeben.
Darauf, ob der fehlende Putz an der Hausfassade im Bereich der Wohnung daneben auch – vertragswidrig – zu einer mangelnden Isolierung gegen Kälte und zu Feuchteschäden in der Wohnung selbst führen kann, kommt es danach nicht an. Den entsprechenden Beweisangeboten der Parteien ist nicht nachzugehen.
Dem Anspruch der Kläger steht nicht entgegen, dass der geschilderte Mangel im Putz der Fassade des Mietshauses gleichzeitig auch Eingang in die Spanneneinordnung zum Mietspiegel finden kann.
Der Schluss, den die Beklagte daraus zieht, dass ein den Wohnwert minderndes Merkmal vorliegt, wenn sich das Wohngebäude in einem schlechten Instandhaltungszustand befinde – und es sich deshalb nicht um einen Mangel der Mietsache handeln könne, ist nicht richtig.
Der Mietspiegel und auch die Regelungen des § 536 BGB betreffen, und soweit decken sie sich, dann die Frage der Höhe der Miete. Insofern mag es sein, dass man sich für den einen oder den anderen Rechtsgrund als für die Berechnung der Miete maßgeblich wird entscheiden müssen. Hier geht es indes um die Beseitigung eines Mangels. Es soll der vertragsgemäße Zustand hergestellt werden. Das hat mit der Höhe der Miete (zunächst) nichts zu tun.
Dem Anspruch der Kläger steht schließlich auch nicht entgegen, dass die Beklagte wegen umfangreicher Maßnahmen zur Sanierung des Wohnhauses, die sie generell in Aussicht gestellt hat, und zu der auch das Herstellen eines einwandfreien Außenputzes zählen soll, intern noch nicht zu einer genauen terminlichen Abstimmung gefunden hat.
Es ist den Klägern nicht zuzumuten, sich darauf einzulassen, dass irgendwann einmal ein Mangel beseitigt wird.
Nach dem Mietvertrag der Parteien steht es gerade nicht in dem Belieben des Vermieters, einen Mangel der Mietsache zu beseitigen, wann es ihm gefällt.
Hat sich die Beklagte auch in der mündlichen Verhandlung nicht bereit gezeigt, den Zeitpunkt einer Sanierung in irgendeiner Weise zeitlich einzugrenzen, kann von den Klägern auch nicht verlangt werden, mit ihrem sofort fälligen Anspruch auf Mängelbeseitigung solange zuzuwarten. …
23.02.2013