Leitsätze:
1. Die Abrechnung der Wasserkosten im Rahmen einer Wirtschaftseinheit aus Alt- und Neubaugebäuden ist unzulässig, wenn im Altbau Unterzähler fehlen, die im Neubau vorhanden sind.
2. Nur formell wirksame Nebenkostenabrechnungen können die Einwendungsausschlussfrist des Mieters auslösen. Die unwirksame Bildung einer Wirtschaftseinheit führt nicht zur formellen Wirksamkeit.
LG Berlin, Urteil vom 15.2.08 – 63 S 263/07 –
Mitgeteilt von RA Hans-Joachim Gellwitzki
Urteilstext
Aus den Gründen:
Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die klageweise geltend gemachten Nachforderungen aus den Abrechnungen kalter Betriebskosten für das Jahr 2002 in Höhe von 451,56 Euro, für das Jahr 2003 in Höhe von 539,23 Euro, für das Jahr 2004 in Höhe von 542,33 Euro und für das Jahr 2005 in Höhe von 108,71 Euro, insgesamt 1.641,83 Euro sind nicht begründet.
In die betreffenden Abrechnungen sind in jedem dieser Jahre höhere Kosten für Be- und Entwässerung eingestellt, die jedenfalls nicht wirksam abgerechnet sind, ohne das über die Gesamtwirksamkeit der Abrechnungen im Hinblick auf die Zusammenfassung in eine Verwaltungseinheit von Neu- und Altbau entschieden werden muss.
Die Abrechnung der Wasserkosten im Rahmen einer Wirtschaftseinheit aus Alt- und Neubaugebäuden ist unzulässig. Die Berechtigung hierzu ergibt sich nicht aus einer vertraglichen Vereinbarung. Der Mietvertrag ist im Jahr 1989 abgeschlossen wurden, so dass in der Angabe von Straße und Hausnummer keine Vereinbarung einer Wirtschaftseinheit mit dem im Jahr 1990 errichteten Neubau abgeleitet werden kann. Zudem war zunächst eine Inklusivmiete vereinbart. Auch die zusätzliche Vereinbarung aus dem Jahr 2000, nach welcher die Betriebskosten von den Beklagten zu tragen waren, verhält sich nicht dazu, ob diese nach der Wirtschaftseinheit, wie vorliegend gebildet, abgerechnet werden dürfen.
Die Bildung einer Wirtschaftseinheit zwischen Alt- und Neubau war auch nicht durch das einseitige Bestimmungsrecht des Vermieters gemäß §§ 315, 316 BGB im Rahmen des billigen Ermessens gedeckt. Soweit in der Berufungsbegründungsschrift mit weiteren Nachweisen geltend gemacht wird, dass die Bildung einer Wirtschaftseinheit auch zwischen Alt- und Neubau möglich sei, wenn sich nicht aus einer wesentlich unterschiedlichen Bauweise und Ausstattung kostenmäßige Auswirkungen ergeben, folgt daraus vorliegend konkret, dass eine Wirtschaftseinheit nicht gebildet werden durfte. Unstreitig ist der Altbau, in welchem sich die streitgegenständliche Wohnung befindet, nicht mit Wasseruhren ausgestattet. Ferner ist ein Vorwegabzug für ein Gewerbelokal und für den Neubau sowie in den letzten drei Jahren auch für Sprengwasser nach Einzelzählerständen vorgenommen worden. Damit ist dem Altbau nicht nur im Jahr 2002 allein der Sprengwasserverbrauch zugerechnet worden, obgleich dies in den Jahren 2003 bis 2005 anders verteilt war. Hinsichtlich aller vier Abrechnungen sind sämtliche Leitungsverluste im Anwesen sowie bis zum Anlaufen von Unterzählern etwaig nicht gemessene Verbräuche dem Altbau zugeschlagen worden. Unterzähler haben im Allgemeinen üblicherweise von Hauptzählerständen abweichende Additionswerte. Die Bildung einer Wirtschaftseinheit zwischen Altbau ohne Unterzählern und Neubau mit Zählern verbietet sich daher.
Auch die Beanstandung, das Amtsgericht habe sich auf die Feststellungen der formellen Unwirksamkeit der Nebenkostenabrechnungen beschränkt und nichts zur Einwendungsausschlussfrist des Mieters gemäß § 556 Abs. 3 S. 5 BGB ausgeführt, geht fehl. Nur formell wirksame Nebenkostenabrechnungen können die Einwendungsausschlussfrist des Mieters auslösen (Weidenkaff in Palandt, BGB, 67. Aufl. § 556 Rz. 13). Die unwirksame Bildung einer Wirtschaftseinheit führt indes nicht zur formellen Wirksamkeit. …
06.06.2018