Leitsätze:
1. Sind die Schönheitsreparaturen nicht wirksam auf den Mieter abgewälzt, ist der Vermieter verpflichtet, die Schönheitsreparaturen in der Wohnung des Mieters durchzuführen. Der Vermieter ist gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB verpflichtet, die vermietete Sache während der Mietzeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Dies bedeutet, dass der Vermieter die Schäden, die durch normale Abnutzung entstehen, zu beseitigen hat. Instandhaltung und Instandsetzung des Mietobjekts einschließlich der Schönheitsreparaturen sind seine Sache.
2. Schönheitsreparaturen sind fällig, wenn die Räume unansehnlich geworden sind, dass heißt wenn Tapeten und Anstriche verschossen, verschmutzt, beschädigt oder rissig, Lackfarben vergilbt oder nicht unerheblich abgestoßen sind.
3. Da die üblichen Fristenpläne eine Vermutung für einen Renovierungsbedarf darstellen, trägt der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass trotz Überschreitung der üblichen Fristen ein Renovierungsbedarf nicht gegeben ist.
4. Der Mieter ist gemäß § 536 Abs. 2 Nr. 1 BGB berechtigt, den Mangel selbst zu beseitigen, wenn sich der Vermieter mit der Vornahme der Schönheitsreparaturen in Verzug befindet.
5. Der Mieter, der berechtigt ist, den Mangel selbst zu beseitigen, kann vom Vermieter einen Vorschuss in Höhe der voraussichtlich zur Mangelbeseitigung erforderlichen Kosten verlangen.
AG Charlottenburg, Urteil vom 26.1.2010 – 219 C 200/09 –
Mitgeteilt von RA Reinhard Lebek
Urteilstext
Aus dem Tatbestand:
Die Kläger sind Mieter, die Beklagte ist Vermieterin der Wohnung …
Gemäß § 6 des Mietvertrags hat der Mieter die Schönheitsreparaturen nach Maßgabe der Ziffern 7 und 12 der AVB auszuführen. Ziffer 7 Nr. 4. der AVB lautet: „Der Mieter ist ohne Zustimmung des Vermieters nicht berechtigt, von der bisherigen Ausführungsart abzuweichen.“ Ziffer 7 Nr. 2 der AVB enthält eine Fristenklausel. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Mietvertrag vom 2.8.1989 Bezug genommen.
Das Esszimmer (2. Zimmer links) und das Wohnzimmer (3. Zimmer links) sowie der hintere Flur (Korridor) wurde von den Klägern letztmalig vor 8 Jahren renoviert.
Die Kläger forderten die Beklagte mit Schreiben vom 23.10.2008 zur Durchführung von Schönheitsreparaturen auf. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 8.12.2008 ab. Mit anwaltlichem Schreiben vom 18.12.2008 wurde die Beklagte erneut zur Durchführung aufgefordert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 18.12.2008 Bezug genommen. Die Beklagte lehnte die Vornahme der Arbeiten mit Schreiben vom 9.2.2009 ab.
Die Kläger holten ein Kostenangebot der Firma … für die Vornahme von Malerarbeiten (Streichen von Wänden und Decken, Heizkörper, Fußleisten, Fenster und Balkontüren im Wohnzimmer, Streichen von Wänden und Decken, Heizkörper, Fußleisten, Fenster und Türen im Esszimmer sowie Streichen von Wänden und Decken sowie des Zählerschranks im Korridor) ein. Es ergab sich für die genannten Arbeiten ein Preis von 4.136,34 Euro brutto. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Kostenangebot vom 24.7.2009 Bezug genommen.
Die Kläger machen einen Vorauszahlungsanspruch in Höhe von 4.136,34 Euro zum Zwecke der Durchführung der im Kostenvoranschlag genannten Schönheitsreparaturen geltend, über den sie nach Durchführung der Arbeiten abrechnen werden.
Die Kläger behaupten, es bestehe ein Renovierungsbedarf im 2. und 3. Zimmer links, vom Eingang aus gesehen, sowie im hinteren Flur. Die Farben seien verblasst und fleckig, dies gelte sowohl für die Tapeten, insbesondere aber für die Türen. Decken und Wände würden über einen verblassten, alten und unansehnlicher Farbanstrich verfügen, die Scheuerleisten seien teilweise mit Farbabplatzungen versehen, der Anstrich der Heizkörper sei stumpf und an einigen Stellen abgestoßen, der Innenanstrich der Fenster sowie der Türen, wie auch der Schiebetür zwischen Wohnzimmer und Esszimmer sei blass und verbraucht.
Im Wohnzimmer seien Wand und Decke an der rechten Fensterecke sehr stark verschmutzt, sie seien dunkelgrau. Die Tapete hinter dem Fernsehgerät sei stark vergraut. Die Tür zum hinteren Flur weise Farbabplatzungen am Türblatt und Türrahmen auf, die Schiebetür zwischen Wohn- und Esszimmer Farbabplatzungen am Türrahmen. Die Lackfarbe an Türen, Fensterrahmen und Fensterbänken sowie Heizkörpern und Fußleisten sei stark vergilbt.
Im Esszimmer sei Wand und Decke in der rechten Fensterecke stark verschmutzt, sie wiesen einen dunklen Grauton auf. Die Tapeten seien renovierungsbedürftig, die Lackfarbe an Fensterrahmen und Fensterbänken, Balkontür, Heizkörper und Fußleisten sei stark vergilbt, die Fußleisten wiesen Farbabplatzungen auf.
Im hinteren Flur seien die Tapeten und die Decke stark verschmutzt, die mittlere Tür des hinteren Flures weise Farbabplatzungen am Türrahmen und Türblatt auf.
Die Kläger sind der Auffassung, der unwirksamen Fristenklausel könne der vertragsgemäße Zustand der Wohnung entnommen werden.
Die Kläger beantragen, die Beklagten zu verurteilen, an die Kläger 4.136,34 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.1.2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, die Wohnung befinde sich in einem einwandfreien Zustand, abgesehen von kleineren Gebrauchsspuren, eine Renovierung sei nicht erforderlich.
Sie ist der Auffassung, Renovierungsbedürftigkeit trete erst ein, wenn sich die Räume in einem nicht mehr zur Weitervermietung geeigneten Zustand befänden. Die Kläger hätten nicht vorgetragen, dass sich das Objekt nicht in einem vertragsgemäßen Zustand befunden habe, sie hätten auch nicht dargelegt, was als vertragsgemäßer Zustand vereinbart sei. Eine Vermutung für den Renovierungsbedarf ergebe sich jedenfalls nicht aus dem unwirksamen Fristenplan.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei unzulässig, da sich aus dem Klageantrag nicht ergebe, dass ein Vorschuss verlangt wird.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die auf Zahlung eines bestimmten Betrages gerichtet Klage ist zulässig.
Der Vorschussanspruch ist auf Zahlung eines Geldbetrages gerichtet (vgl. Münch. Komm. – Busche, BGB 5. Aufl. § 637 BGB Rn. 21). Der Rechtsgrund ist nicht im Klageantrag zu nennen, sondern ergibt sich aus den Entscheidungsgründen (vgl. auch den Tenor LG Berlin, 14.9.2007, 63 S 359/06, Grundeigentum 2007, 1487, zitiert nach juris).
Die Klage ist begründet.
Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Vorschuss in Höhe von 4.136,34 Euro gemäß §§ 536 a Abs. 2 Nr. 1, 242 BGB. Der Mieter, der berechtigt ist, den Mangel der Mietsache selbst zu beseitigen, kann vom Vermieter regelmäßig einen Vorschuss in Höhe der voraussichtlich zur Mangelbeseitigung erforderlichen Kosten verlangen (KG Berlin, Grundeigentum 1988, 351; LG Berlin, 14.9.2007, 63 S 359/06, Grundeigentum 2007,1487; BGH, 28.5.2008, VIII ZR 271/07, Grundeigentum 2008, 982, jeweils zitiert nach juris; Palandt-Weidenkaff, BGB 69. Aufl. § 536 a Rn. 18).
Die Kläger sind gemäß § 536 a Abs. 2 Nr. 1 BGB berechtigt, den Mangel selbst zu beseitigen, da sich die Beklagte mit der Vornahme der Schönheitsreparaturen in Verzug befand.
Es lag ein Mangel der Mietsache vor, da die Beklagte erforderliche Schönheitsreparaturen nicht vorgenommen hat. Die Beklagte war verpflichtet, die Schönheitsreparaturen in der Wohnung der Kläger durchzuführen. Schönheitsreparaturen gehören zu den originären Pflichten des Vermieters. Der Vermieter ist gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB verpflichtet, die vermietete Sache während der Mietzeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Dies bedeutet, dass der Vermieter die Schäden, die durch normale Abnutzung entstehen, zu beseitigen hat. Instandhaltung und Instandsetzung des Mietobjekts einschließlich der Schönheitsreparaturen sind seine Sache (Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht 9. Aufl. § 538 Rn. 2).
Die Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen ist nicht wirksam durch den Mietvertrag in Verbindung mit den Allgemeinen Vertragsbedingungen auf die Kläger übertragen worden, da die Klausel in Ziffer 6 des Mietvertrags in Verbindung mit Ziffer 7 Nr. 4. der AVB (Abweichung von der bisherigen Ausführungsart ohne Zustimmung des Vermieters nicht zulässig) wegen unangemessener Benachteiligung der Mieter unwirksam ist (BGH, 28.3.2007, VIII ZR 199/06, Grundeigentum 2007, 717).
Es liegt ein Mangel der Mietsache vor, da die Schönheitsreparaturen fällig waren. Die Fälligkeit ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus den in Ziffer 7 Nr. 2. der AVB genannten Fristen, da diese Fristen zwischen den Parteien nicht vertraglich vereinbart waren, da die Schönheitsreparaturklausel insgesamt unwirksam war.
Schönheitsreparaturen sind fällig, wenn die Räume unansehnlich geworden sind, d.h. wenn Tapeten und Anstriche verschossen, verschmutzt, beschädigt oder rissig, Lackfarben vergilbt oder nicht unerheblich abgestoßen sind (Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht 9. Aufl. § 538 Rn. 215). Mietverträge, in denen Fristen fehlen, sind im Wege der Auslegung dahingehend auszulegen, dass im allgemeinen die Fristen nach der Fußnote 1 des Mustermietvertrags 1976 als übliche Fristen, in denen Schönheitsreparaturen erforderlich werden, angesehen werden, so dass danach im allgemeinen Küchen, Bäder und Duschen alle drei Jahre, Wohn- und Schlafräume, Flure, Dielen und Toiletten alle fünf Jahre sowie andere Nebenräume alle sieben Jahre zu renovieren sind (Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht 9. Aufl. § 538 Rn. 216).
In der Wohnung sind im Esszimmer, im Wohnzimmer sowie im hinteren Flur Schönheitsreparaturen erforderlich.
Unstreitig wurden diese Räume von den Klägern vor über 8 Jahren renoviert. Da die üblichen Fristenpläne eine Vermutung für einen Renovierungsbedarf darstellen und die Frist von 5 Jahren für Wohnräume und Flure um mindestens 3 Jahre überschritten ist, trägt die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass trotz Überschreitung der üblichen Fristen ein Renovierungsbedarf nicht gegeben ist.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch richterlichen Augenschein steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sich Wohnzimmer, Esszimmer und hinterer Flur in einem einwandfreien Zustand, abgesehen von kleineren Gebrauchsspuren befinden und eine Renovierung nicht erforderlich ist. Vielmehr ist das Gericht von der gegenbeweislichen Behauptung der Kläger überzeugt, dass eine Renovierung in Wohnzimmer, Esszimmer und Flur durch Vornahme der in dem Kostenanschlag genannten Arbeiten erforderlich ist.
Hinsichtlich des Zustands der Wände und Decken im Wohnzimmer und Esszimmer hat die Beweisaufnahme ergeben, dass die Behauptungen der Kläger zutreffend sind. Die Decken in Wohnzimmer und Esszimmer, die von den Klägern vor über 8 Jahren in weiß gestrichen wurden, waren sichtbar angegraut, ebenso die Wände, die in maisgelb gestrichen wurden. In beiden Zimmern waren insbesondere der Anstrich der Wände sowie der Decken jeweils an der Fensterwand im Ixel-Bereich offensichtlich durch aufsteigende Heizungsluft erheblich angegraut, sehr unansehnlich und eindeutig renovierungsbedürftig. Auch im hinteren Flur war der Anstrich der Decke sowie der Wände sichtbar angegraut, insbesondere im Bereich des Verlaufs der Heizungsrohre links hinter dem Durchgang vom Wohnzimmer in den Flur. Auch der Flur war insoweit renovierungsbedürftig.
Darüber hinaus hat die Beweisaufnahme ergeben, dass im Wohnzimmer und im Esszimmer die Lackfarbe an den Türen, Fensterrahmen und Fensterbänken sowie an den Heizkörpern und Fußleisten vergilbt war.
Darüber hinaus wies die Tür vom Wohnzimmer zum hinteren Flur Farbabplatzungen am Türblatt und Türrahmen auf, auch die Schiebetür zwischen Wohn- und Esszimmer hatte Farbabplatzungen am Türrahmen sowie an der Schiebetür selbst. An den Scheuerleisten im Wohnzimmer sowie im Esszimmer waren an mehreren Stellen Farbabplatzungen vorhanden. Auch an den Heizkörpern, insbesondere dem mittleren Heizkörper im Wohnzimmer sowie dem Heizkörper im Esszimmer waren Lackabplatzungen vorhanden. In beiden Zimmern waren auch an den Fenstern und Fensterbänken Lackabplatzungen festzustellen.
Im hinteren Flur wies die mittlere Tür Farbabplatzungen am Türrahmen und Türblatt auf. Die lackierten Türen im Flur waren ebenfalls vergilbt und renovierungsbedürftig.
Insgesamt handelt es sich nicht lediglich um hinnehmbare kleinere Gebrauchsspuren. Ein Anstrich der Wände und Decken ist insgesamt aufgrund der sehr starken Grauverfärbung im Bereich der Fenster, insbesondere im Ixel-Bereich unbedingt erforderlich.
Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Lackfarben an den lackierten Holzteilen sowie an den Heizkörpern insgesamt einheitlich vergilbt waren und sowohl Türen, Fenster und Scheuerleisten, als auch Heizkörper an verschiedenen Stellen nicht nur unerhebliche Lackabplatzungen aufwiesen, ist insgesamt ein Anstrich der lackierten Holzteile sowie der Heizkörper erforderlich, um einen einheitlichen Farbton zu erzielen.
Die Beklagte befand sich spätestens nach dem Schreiben der Klägervertreter vom 18.12.2008, mit dem die Beklagte zur Vornahme genau bezeichneter Schönheitsreparaturen (Wände und Decken, Scheuerleisten, Heizkörper, Fenster und Türen in Wohnzimmer, Esszimmer und hinterem Flur) aufgefordert wurde, in Verzug.
Die Kläger haben aufgrund des Verzugs der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses in Höhe von 4.136,34 Euro zur Vornahme der Arbeiten. Die Kläger haben substanziiert unter Vorlage des Kostenangebots die voraussichtlich erforderlichen Aufwendungen in Höhe von insgesamt 4.136,34 Euro dargelegt. Die Beklagte hat die Höhe der geltend gemachten Forderung schließlich nicht mehr bestritten.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
Der Kostenvorschuss ist bei Verzug oder Rechtshängigkeit zu verzinsen, wobei Verzug nicht schon bei Ablauf der gesetzten Frist zur Vornahme der Schönheitsreparaturen eintritt, sondern erst, wenn der Schuldner gemäß § 286 BGB mit dem Kostenvorschuss in Verzug gerät (vgl. Münch. Komm. – Busche, BGB 5. Aufl. § 637 BGB Rn. 21). Eine Mahnung hinsichtlich der Zahlung des Kostenvorschusses haben die Kläger nicht dargelegt, so dass Zinsen ab Rechtshängigkeit begründet sind. …
28.06.2017